Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

Origo und domicilium nach heutigem Recht. (Forts.)
als Regel sehr allgemein anerkannt wird, so ist es doch nach
zwei Seiten hin nöthig, sie näher zu bestimmen.

Erstlich hat im heutigen Recht der Wohnsitz auch in
Ansehung des territorialen Rechts eine andere Bedeutung
und andere Gränzen, als im Römischen Recht, ganz so wie
es bereits in Ansehung des Gerichtsstandes bemerkt worden
ist (§ 358). Bei den Römern war die lex originis, wie
die lex domicilii, stets das örtliche Recht eines bestimmten
Stadtgebietes (§ 356). Bei uns dagegen hat die Einheit
eines territorialen Rechtes, eben so wie der Gerichtsstand,
sehr verschiedenartige Entstehungsgründe und Gränzen (c),
und das territoriale Recht kann nur unter andern und zu-
fälligerweise mit den Gränzen eines Stadtgebiets zusammen
fallen, also ein Stadtrecht sein. Wollen wir also für dieses
Verhältniß den Vortheil einer allgemein passenden Bezeich-
nung gewinnen, so müssen wir dafür einen besonderen Kunst-
ausdruck erst bilden, und es würde sich dazu etwa der Aus-
druck Gesetzsprengel eignen, welcher durch seine Aehn-
lichkeit mit dem allgemein üblichen Ausdruck: Gerichtsspren-
gel leicht verständlich sein wird. Nur muß dabei bedacht
werden, daß der Ausdruck: Gesetz (eben so wie lex domi-
cilii
) in einem weiteren Sinn zu nehmen ist, für jede Re-
gel des positiven Rechts, ohne Unterschied, ob diese Regel
durch ein eigentliches Gesetz, oder etwa durch Gewohnheits-
recht, entstanden sein mag.


(c) Von dieser verschiedenar-
tigen Natur und Begränzung terri-
torialer Rechte ist schon oben im
§ 347 die Rede gewesen.
VIII. 7

Origo und domicilium nach heutigem Recht. (Fortſ.)
als Regel ſehr allgemein anerkannt wird, ſo iſt es doch nach
zwei Seiten hin nöthig, ſie näher zu beſtimmen.

Erſtlich hat im heutigen Recht der Wohnſitz auch in
Anſehung des territorialen Rechts eine andere Bedeutung
und andere Gränzen, als im Römiſchen Recht, ganz ſo wie
es bereits in Anſehung des Gerichtsſtandes bemerkt worden
iſt (§ 358). Bei den Römern war die lex originis, wie
die lex domicilii, ſtets das örtliche Recht eines beſtimmten
Stadtgebietes (§ 356). Bei uns dagegen hat die Einheit
eines territorialen Rechtes, eben ſo wie der Gerichtsſtand,
ſehr verſchiedenartige Entſtehungsgründe und Gränzen (c),
und das territoriale Recht kann nur unter andern und zu-
fälligerweiſe mit den Gränzen eines Stadtgebiets zuſammen
fallen, alſo ein Stadtrecht ſein. Wollen wir alſo für dieſes
Verhältniß den Vortheil einer allgemein paſſenden Bezeich-
nung gewinnen, ſo müſſen wir dafür einen beſonderen Kunſt-
ausdruck erſt bilden, und es würde ſich dazu etwa der Aus-
druck Geſetzſprengel eignen, welcher durch ſeine Aehn-
lichkeit mit dem allgemein üblichen Ausdruck: Gerichtsſpren-
gel leicht verſtändlich ſein wird. Nur muß dabei bedacht
werden, daß der Ausdruck: Geſetz (eben ſo wie lex domi-
cilii
) in einem weiteren Sinn zu nehmen iſt, für jede Re-
gel des poſitiven Rechts, ohne Unterſchied, ob dieſe Regel
durch ein eigentliches Geſetz, oder etwa durch Gewohnheits-
recht, entſtanden ſein mag.


(c) Von dieſer verſchiedenar-
tigen Natur und Begränzung terri-
torialer Rechte iſt ſchon oben im
§ 347 die Rede geweſen.
VIII. 7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0119" n="97"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">Origo</hi> und <hi rendition="#aq">domicilium</hi> nach heutigem Recht. (Fort&#x017F;.)</fw><lb/>
als Regel &#x017F;ehr allgemein anerkannt wird, &#x017F;o i&#x017F;t es doch nach<lb/>
zwei Seiten hin nöthig, &#x017F;ie näher zu be&#x017F;timmen.</p><lb/>
            <p>Er&#x017F;tlich hat im heutigen Recht der Wohn&#x017F;itz auch in<lb/>
An&#x017F;ehung des territorialen Rechts eine andere Bedeutung<lb/>
und andere Gränzen, als im Römi&#x017F;chen Recht, ganz &#x017F;o wie<lb/>
es bereits in An&#x017F;ehung des Gerichts&#x017F;tandes bemerkt worden<lb/>
i&#x017F;t (§ 358). Bei den Römern war die <hi rendition="#aq">lex originis,</hi> wie<lb/>
die <hi rendition="#aq">lex domicilii,</hi> &#x017F;tets das örtliche Recht eines be&#x017F;timmten<lb/>
Stadtgebietes (§ 356). Bei uns dagegen hat die Einheit<lb/>
eines territorialen Rechtes, eben &#x017F;o wie der Gerichts&#x017F;tand,<lb/>
&#x017F;ehr ver&#x017F;chiedenartige Ent&#x017F;tehungsgründe und Gränzen <note place="foot" n="(c)">Von die&#x017F;er ver&#x017F;chiedenar-<lb/>
tigen Natur und Begränzung terri-<lb/>
torialer Rechte i&#x017F;t &#x017F;chon oben im<lb/>
§ 347 die Rede gewe&#x017F;en.</note>,<lb/>
und das territoriale Recht kann nur unter andern und zu-<lb/>
fälligerwei&#x017F;e mit den Gränzen eines Stadtgebiets zu&#x017F;ammen<lb/>
fallen, al&#x017F;o ein Stadtrecht &#x017F;ein. Wollen wir al&#x017F;o für die&#x017F;es<lb/>
Verhältniß den Vortheil einer allgemein pa&#x017F;&#x017F;enden Bezeich-<lb/>
nung gewinnen, &#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;en wir dafür einen be&#x017F;onderen Kun&#x017F;t-<lb/>
ausdruck er&#x017F;t bilden, und es würde &#x017F;ich dazu etwa der Aus-<lb/>
druck <hi rendition="#g">Ge&#x017F;etz&#x017F;prengel</hi> eignen, welcher durch &#x017F;eine Aehn-<lb/>
lichkeit mit dem allgemein üblichen Ausdruck: Gerichts&#x017F;pren-<lb/>
gel leicht ver&#x017F;tändlich &#x017F;ein wird. Nur muß dabei bedacht<lb/>
werden, daß der Ausdruck: Ge&#x017F;etz (eben &#x017F;o wie <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">lex</hi> domi-<lb/>
cilii</hi>) in einem weiteren Sinn zu nehmen i&#x017F;t, für jede Re-<lb/>
gel des po&#x017F;itiven Rechts, ohne Unter&#x017F;chied, ob die&#x017F;e Regel<lb/>
durch ein eigentliches Ge&#x017F;etz, oder etwa durch Gewohnheits-<lb/>
recht, ent&#x017F;tanden &#x017F;ein mag.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> 7</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0119] Origo und domicilium nach heutigem Recht. (Fortſ.) als Regel ſehr allgemein anerkannt wird, ſo iſt es doch nach zwei Seiten hin nöthig, ſie näher zu beſtimmen. Erſtlich hat im heutigen Recht der Wohnſitz auch in Anſehung des territorialen Rechts eine andere Bedeutung und andere Gränzen, als im Römiſchen Recht, ganz ſo wie es bereits in Anſehung des Gerichtsſtandes bemerkt worden iſt (§ 358). Bei den Römern war die lex originis, wie die lex domicilii, ſtets das örtliche Recht eines beſtimmten Stadtgebietes (§ 356). Bei uns dagegen hat die Einheit eines territorialen Rechtes, eben ſo wie der Gerichtsſtand, ſehr verſchiedenartige Entſtehungsgründe und Gränzen (c), und das territoriale Recht kann nur unter andern und zu- fälligerweiſe mit den Gränzen eines Stadtgebiets zuſammen fallen, alſo ein Stadtrecht ſein. Wollen wir alſo für dieſes Verhältniß den Vortheil einer allgemein paſſenden Bezeich- nung gewinnen, ſo müſſen wir dafür einen beſonderen Kunſt- ausdruck erſt bilden, und es würde ſich dazu etwa der Aus- druck Geſetzſprengel eignen, welcher durch ſeine Aehn- lichkeit mit dem allgemein üblichen Ausdruck: Gerichtsſpren- gel leicht verſtändlich ſein wird. Nur muß dabei bedacht werden, daß der Ausdruck: Geſetz (eben ſo wie lex domi- cilii) in einem weiteren Sinn zu nehmen iſt, für jede Re- gel des poſitiven Rechts, ohne Unterſchied, ob dieſe Regel durch ein eigentliches Geſetz, oder etwa durch Gewohnheits- recht, entſtanden ſein mag. (c) Von dieſer verſchiedenar- tigen Natur und Begränzung terri- torialer Rechte iſt ſchon oben im § 347 die Rede geweſen. VIII. 7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/119
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/119>, abgerufen am 25.11.2024.