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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

Ist also eine Klage nöthig, so wird eine solche gege-
ben (w); Dieses gilt namentlich auch von dem außergericht-
lichen Eide (x). Eben so wenn eine Exception erforderlich
ist, nämlich wenn der Kläger die Thatsache eines vom Be-
klagten geleisteten Eides bestreitet, weil außerdem die Klage
sogleich, und ohne Exception, abgeschlagen wird (y).

Jede Wirkung des Eides aber, und jedes zum Schutz
derselben anzuwendende Rechtsmittel, muß sich genau an-
schließen an den besonderen Inhalt des geschworenen Eides,
und darf über diesen Inhalt nicht hinausgehen. -- Schwört
also Jemand, daß eine Sache oder eine Erbschaft ihm
gehöre, so kann er darauf sowohl eine Klage, als eine
Einrede gründen (z). -- Schwört er, daß eine Sache

(w) L. 9 § 1. 6 de jur. (12.2),
und zwar eine actio in factum,
s. o. Note c.
(x) L. 28 § 10 eod.
(y) L. 3 pr. L. 7, L. 9 pr.
§ 1 eod.
(z) L. 9 § 7. L. 11 § 1. 3. eod.
Höchst bestritten ist die Auslegung
der L. 13 § 1 eod. "Julianus ait,
eum, qui juravit fundum suum
esse, post l. t. praescriptionem
etiam, utilem actionem habe-
re".
Viele wollen damit beweisen,
daß zur Zeit der alten Juristen die
l. t. praescr. zugleich ein Klag-
recht gegeben habe. Sie nehmen
also an, der Schwörende und der
Besitzer, der die l. t. praescriptio
erworben habe, seyen in dieser
Stelle als eine und dieselbe Person
gedacht, und dieser Person werde
nun ein Klagrecht zugeschrieben
für den Fall, daß sie später den
Besitz wieder verliere. Diese Er-
klärung aber ist gewiß zu ver-
werfen. Denn wenn die l. t. praescr.
die Kraft hatte, ein Klagrecht zu
begründen (welches eben durch
diese Stelle bewiesen werden soll),
wozu bedurfte es dann noch da-
neben der Erwähnung des Eides?
Umgekehrt aber ist es von dem
Eide für sich allein unzweifelhaft,
daß er ein Klagrecht erzeugte
(Note w); wozu bedurfte es da-
neben noch der Erwähnung der
l. t. praescr.? -- Die richtige
Erklärung der Stelle beruht viel-
mehr auf folgender Voraussetzung.
Die Eigenthumsklage wird gegen
einen Besitzer angestellt, der das
Eigenthum des Klägers verneint,
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

Iſt alſo eine Klage nöthig, ſo wird eine ſolche gege-
ben (w); Dieſes gilt namentlich auch von dem außergericht-
lichen Eide (x). Eben ſo wenn eine Exception erforderlich
iſt, nämlich wenn der Kläger die Thatſache eines vom Be-
klagten geleiſteten Eides beſtreitet, weil außerdem die Klage
ſogleich, und ohne Exception, abgeſchlagen wird (y).

Jede Wirkung des Eides aber, und jedes zum Schutz
derſelben anzuwendende Rechtsmittel, muß ſich genau an-
ſchließen an den beſonderen Inhalt des geſchworenen Eides,
und darf über dieſen Inhalt nicht hinausgehen. — Schwört
alſo Jemand, daß eine Sache oder eine Erbſchaft ihm
gehöre, ſo kann er darauf ſowohl eine Klage, als eine
Einrede gründen (z). — Schwört er, daß eine Sache

(w) L. 9 § 1. 6 de jur. (12.2),
und zwar eine actio in factum,
ſ. o. Note c.
(x) L. 28 § 10 eod.
(y) L. 3 pr. L. 7, L. 9 pr.
§ 1 eod.
(z) L. 9 § 7. L. 11 § 1. 3. eod.
Höchſt beſtritten iſt die Auslegung
der L. 13 § 1 eod. „Julianus ait,
eum, qui juravit fundum suum
esse, post l. t. praescriptionem
etiam, utilem actionem habe-
re“.
Viele wollen damit beweiſen,
daß zur Zeit der alten Juriſten die
l. t. praescr. zugleich ein Klag-
recht gegeben habe. Sie nehmen
alſo an, der Schwörende und der
Beſitzer, der die l. t. praescriptio
erworben habe, ſeyen in dieſer
Stelle als eine und dieſelbe Perſon
gedacht, und dieſer Perſon werde
nun ein Klagrecht zugeſchrieben
für den Fall, daß ſie ſpäter den
Beſitz wieder verliere. Dieſe Er-
klärung aber iſt gewiß zu ver-
werfen. Denn wenn die l. t. praescr.
die Kraft hatte, ein Klagrecht zu
begründen (welches eben durch
dieſe Stelle bewieſen werden ſoll),
wozu bedurfte es dann noch da-
neben der Erwähnung des Eides?
Umgekehrt aber iſt es von dem
Eide für ſich allein unzweifelhaft,
daß er ein Klagrecht erzeugte
(Note w); wozu bedurfte es da-
neben noch der Erwähnung der
l. t. praescr.? — Die richtige
Erklärung der Stelle beruht viel-
mehr auf folgender Vorausſetzung.
Die Eigenthumsklage wird gegen
einen Beſitzer angeſtellt, der das
Eigenthum des Klägers verneint,
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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/90>, abgerufen am 25.04.2024.