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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 305. Surrogate. I. Geständniß. Interrogatio.

Neuere Schriftsteller haben diese geschichtliche Angabe
so anstößig gefunden, daß sie die künstlichsten Mittel versucht
haben, um die vermeintlichen Widersprüche zu beseitigen (q).
Sie haben die Erzählung des Callistratus so aufgefaßt,
als sey das ganze positive Rechtsinstitut der Interrogationen
außer Gebrauch gekommen; damit schien ihnen der Umstand
im Widerspruch zu stehen, daß die genau bestimmten Regeln
desselben (welche sogleich angegeben werden sollen) in den
Digesten als geltendes Recht dargestellt werden. Diese
Schwierigkeit sollte auf zweierlei Weise gelöst werden.

Einige sagten, die ganze Erzählung von dem verän-
derten Recht beruhe auf Interpolationen von Tribonian;
früher habe sich gar Nichts geändert. -- Allein eine solche
Interpolation wäre eben so unnütz, als zweckwidrig gewesen.
Unnütz, weil zur Zeit von Justinian durchaus keine Ge-
fahr war, daß Jemand zwischen Prätor und Judex fehl
greifen möchte. Zweckwidrig, weil aus dem ganzen Titel
der Digesten deutlich erhellt, daß die alten praktischen Re-
geln über die Interrogationen fortbestehen sollten.

Andere haben folgende Behauptung aufgestellt. In der
alten Zeit, sagen sie, waren außergerichtliche Interro-
gationen üblich, und mit diesen wurden die größten Unge-
rechtigkeiten und Bedrückungen verübt. Diese sind es,
welche nach der Erzählung des Callistratus außer Ge-
brauch gesetzt wurden. -- Diese ganze Geschichte von den

(q) Vgl. Glück B. 11 S. 247--249. 255. 293. Zimmern
Rechtsgesch. B. 3 S. 379. Puchta Institutionen B. 2. S. 192.
§. 305. Surrogate. I. Geſtändniß. Interrogatio.

Neuere Schriftſteller haben dieſe geſchichtliche Angabe
ſo anſtößig gefunden, daß ſie die künſtlichſten Mittel verſucht
haben, um die vermeintlichen Widerſprüche zu beſeitigen (q).
Sie haben die Erzählung des Calliſtratus ſo aufgefaßt,
als ſey das ganze poſitive Rechtsinſtitut der Interrogationen
außer Gebrauch gekommen; damit ſchien ihnen der Umſtand
im Widerſpruch zu ſtehen, daß die genau beſtimmten Regeln
deſſelben (welche ſogleich angegeben werden ſollen) in den
Digeſten als geltendes Recht dargeſtellt werden. Dieſe
Schwierigkeit ſollte auf zweierlei Weiſe gelöſt werden.

Einige ſagten, die ganze Erzählung von dem verän-
derten Recht beruhe auf Interpolationen von Tribonian;
früher habe ſich gar Nichts geändert. — Allein eine ſolche
Interpolation wäre eben ſo unnütz, als zweckwidrig geweſen.
Unnütz, weil zur Zeit von Juſtinian durchaus keine Ge-
fahr war, daß Jemand zwiſchen Prätor und Judex fehl
greifen möchte. Zweckwidrig, weil aus dem ganzen Titel
der Digeſten deutlich erhellt, daß die alten praktiſchen Re-
geln über die Interrogationen fortbeſtehen ſollten.

Andere haben folgende Behauptung aufgeſtellt. In der
alten Zeit, ſagen ſie, waren außergerichtliche Interro-
gationen üblich, und mit dieſen wurden die größten Unge-
rechtigkeiten und Bedrückungen verübt. Dieſe ſind es,
welche nach der Erzählung des Calliſtratus außer Ge-
brauch geſetzt wurden. — Dieſe ganze Geſchichte von den

(q) Vgl. Glück B. 11 S. 247—249. 255. 293. Zimmern
Rechtsgeſch. B. 3 S. 379. Puchta Inſtitutionen B. 2. S. 192.
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[25/0047] §. 305. Surrogate. I. Geſtändniß. Interrogatio. Neuere Schriftſteller haben dieſe geſchichtliche Angabe ſo anſtößig gefunden, daß ſie die künſtlichſten Mittel verſucht haben, um die vermeintlichen Widerſprüche zu beſeitigen (q). Sie haben die Erzählung des Calliſtratus ſo aufgefaßt, als ſey das ganze poſitive Rechtsinſtitut der Interrogationen außer Gebrauch gekommen; damit ſchien ihnen der Umſtand im Widerſpruch zu ſtehen, daß die genau beſtimmten Regeln deſſelben (welche ſogleich angegeben werden ſollen) in den Digeſten als geltendes Recht dargeſtellt werden. Dieſe Schwierigkeit ſollte auf zweierlei Weiſe gelöſt werden. Einige ſagten, die ganze Erzählung von dem verän- derten Recht beruhe auf Interpolationen von Tribonian; früher habe ſich gar Nichts geändert. — Allein eine ſolche Interpolation wäre eben ſo unnütz, als zweckwidrig geweſen. Unnütz, weil zur Zeit von Juſtinian durchaus keine Ge- fahr war, daß Jemand zwiſchen Prätor und Judex fehl greifen möchte. Zweckwidrig, weil aus dem ganzen Titel der Digeſten deutlich erhellt, daß die alten praktiſchen Re- geln über die Interrogationen fortbeſtehen ſollten. Andere haben folgende Behauptung aufgeſtellt. In der alten Zeit, ſagen ſie, waren außergerichtliche Interro- gationen üblich, und mit dieſen wurden die größten Unge- rechtigkeiten und Bedrückungen verübt. Dieſe ſind es, welche nach der Erzählung des Calliſtratus außer Ge- brauch geſetzt wurden. — Dieſe ganze Geſchichte von den (q) Vgl. Glück B. 11 S. 247—249. 255. 293. Zimmern Rechtsgeſch. B. 3 S. 379. Puchta Inſtitutionen B. 2. S. 192.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/47>, abgerufen am 23.11.2024.