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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 304. I. Geständniß. Confessio. (Fortsetzung.)
sache des Todes oder der Verwundung meist unbestritten,
konnte wenigstens durch den Augenschein leicht außer
Zweifel gesetzt werden. Dagegen war die Thatsache, daß
gerade dieser Beklagte die That begangen habe, leicht abzu-
leugnen; diesem Leugnen sollte durch die Drohung des
doppelten Ersatzes vorgebeugt werden, und daher war das
Geständniß gerade dieser Thatsache allein von Wichtigkeit.
Dieses Geständniß wurde daher auch in die Klagformel,
als für den Richter bindend, aufgenommen, und die so
abgefaßte Klage hieß nun confessoria actio (k).

Nachdem nun die geschichtliche und formelle Seite der
confessio in jure festgestellt worden ist, bleibt noch die Er-
örterung der praktischen Seite übrig. Dahin gehört zunächst
die wichtige Frage, die auch schon für das Römische Recht
zu beantworten ist, ob das gerichtliche Geständniß eine
unbedingt verpflichtende Kraft mit sich führt, oder ob das-
selbe widerrufen und angefochten werden kann auf den
Grund der Behauptung, daß es nicht mit der Wahrheit
übereinstimme. -- Dann aber ist besonders auch die
heutige Anwendbarkeit der Grundsätze des Römischen Rechts
über das gerichtliche Geständniß zu untersuchen, um die
richtige Behandlung desselben im heutigen Recht feststellen
zu können.


(k) L. 23 § 11 L. 25 § 1 ad
L. Aqu.
(9. 2). Nur hier kommt
dieser Name vor, welches jedoch
ganz zufällig seyn kann; an sich
paßte er auf jede Klage, die in
Folge einer confessio in jure
angestellt wurde (§ 303 Note n).
2*

§. 304. I. Geſtändniß. Confessio. (Fortſetzung.)
ſache des Todes oder der Verwundung meiſt unbeſtritten,
konnte wenigſtens durch den Augenſchein leicht außer
Zweifel geſetzt werden. Dagegen war die Thatſache, daß
gerade dieſer Beklagte die That begangen habe, leicht abzu-
leugnen; dieſem Leugnen ſollte durch die Drohung des
doppelten Erſatzes vorgebeugt werden, und daher war das
Geſtändniß gerade dieſer Thatſache allein von Wichtigkeit.
Dieſes Geſtändniß wurde daher auch in die Klagformel,
als für den Richter bindend, aufgenommen, und die ſo
abgefaßte Klage hieß nun confessoria actio (k).

Nachdem nun die geſchichtliche und formelle Seite der
confessio in jure feſtgeſtellt worden iſt, bleibt noch die Er-
örterung der praktiſchen Seite übrig. Dahin gehört zunächſt
die wichtige Frage, die auch ſchon für das Römiſche Recht
zu beantworten iſt, ob das gerichtliche Geſtändniß eine
unbedingt verpflichtende Kraft mit ſich führt, oder ob daſ-
ſelbe widerrufen und angefochten werden kann auf den
Grund der Behauptung, daß es nicht mit der Wahrheit
übereinſtimme. — Dann aber iſt beſonders auch die
heutige Anwendbarkeit der Grundſätze des Römiſchen Rechts
über das gerichtliche Geſtändniß zu unterſuchen, um die
richtige Behandlung deſſelben im heutigen Recht feſtſtellen
zu können.


(k) L. 23 § 11 L. 25 § 1 ad
L. Aqu.
(9. 2). Nur hier kommt
dieſer Name vor, welches jedoch
ganz zufällig ſeyn kann; an ſich
paßte er auf jede Klage, die in
Folge einer confessio in jure
angeſtellt wurde (§ 303 Note n).
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[19/0041] §. 304. I. Geſtändniß. Confessio. (Fortſetzung.) ſache des Todes oder der Verwundung meiſt unbeſtritten, konnte wenigſtens durch den Augenſchein leicht außer Zweifel geſetzt werden. Dagegen war die Thatſache, daß gerade dieſer Beklagte die That begangen habe, leicht abzu- leugnen; dieſem Leugnen ſollte durch die Drohung des doppelten Erſatzes vorgebeugt werden, und daher war das Geſtändniß gerade dieſer Thatſache allein von Wichtigkeit. Dieſes Geſtändniß wurde daher auch in die Klagformel, als für den Richter bindend, aufgenommen, und die ſo abgefaßte Klage hieß nun confessoria actio (k). Nachdem nun die geſchichtliche und formelle Seite der confessio in jure feſtgeſtellt worden iſt, bleibt noch die Er- örterung der praktiſchen Seite übrig. Dahin gehört zunächſt die wichtige Frage, die auch ſchon für das Römiſche Recht zu beantworten iſt, ob das gerichtliche Geſtändniß eine unbedingt verpflichtende Kraft mit ſich führt, oder ob daſ- ſelbe widerrufen und angefochten werden kann auf den Grund der Behauptung, daß es nicht mit der Wahrheit übereinſtimme. — Dann aber iſt beſonders auch die heutige Anwendbarkeit der Grundſätze des Römiſchen Rechts über das gerichtliche Geſtändniß zu unterſuchen, um die richtige Behandlung deſſelben im heutigen Recht feſtſtellen zu können. (k) L. 23 § 11 L. 25 § 1 ad L. Aqu. (9. 2). Nur hier kommt dieſer Name vor, welches jedoch ganz zufällig ſeyn kann; an ſich paßte er auf jede Klage, die in Folge einer confessio in jure angeſtellt wurde (§ 303 Note n). 2*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/41>, abgerufen am 29.03.2024.