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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
Anspruch auf Restitution hat, und diese Restitution, ge-
täuscht durch Betrügereien seines Gegners, verjähren läßt,
so fragt es sich, ob er gegen diese Verjährung die Re-
stitution wegen Betrugs verlangen kann. Nach der oben
angeführten Meinung (Note a) muß diese Frage verneint
werden, ich halte die Bejahung für ganz unzweifelhaft.
Daß durch diesen Fall keine endlose Ausdehnung und Wie-
derholung der Restitution herbeigeführt werden könne, wird
wohl Jeder zugeben. Es ist aber ferner kein Grund denk-
bar, weshalb dem Verletzten die actio doli gegen den Be-
trüger versagt werden könnte. Wird nun diese zugegeben,
so muß er vielmehr die nicht entehrende Restitution erhalten,
da diese im vorliegenden Fall völlig zu demselben Erfolg
führt, wie die Klage, und also der Klage nach allgemeinen
Grundsätzen vorgezogen werden muß (§ 332 Note s). Diese
Restitution führt also dahin, daß die verjährte frühere Re-
stitution als nicht verjährt behandelt, und dem Verletzten
gewährt werden muß.

Die hier aufgestellte Behauptung über die Restitution
wegen Betrugs gegen die Verjährung irgend einer anderen
Restitution findet eine unmittelbare Bestätigung im cano-
nischen Recht. Hier wird gesagt, die vierjährige Ver-
jährung der den Kirchen zustehenden Restitution könne ent-
kräftet werden, wenn der Gegner durch Betrug diese Ver-
jährung bewirkt habe (g). Es ist durchaus kein Grund

(g) C. 1 de restit. in VI.
(1. 21). "Ecclesia ... si qua-
driennii spatium post sit lap-
sum, et negligenter omiserit,

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Anſpruch auf Reſtitution hat, und dieſe Reſtitution, ge-
täuſcht durch Betrügereien ſeines Gegners, verjähren läßt,
ſo fragt es ſich, ob er gegen dieſe Verjährung die Re-
ſtitution wegen Betrugs verlangen kann. Nach der oben
angeführten Meinung (Note a) muß dieſe Frage verneint
werden, ich halte die Bejahung für ganz unzweifelhaft.
Daß durch dieſen Fall keine endloſe Ausdehnung und Wie-
derholung der Reſtitution herbeigeführt werden könne, wird
wohl Jeder zugeben. Es iſt aber ferner kein Grund denk-
bar, weshalb dem Verletzten die actio doli gegen den Be-
trüger verſagt werden könnte. Wird nun dieſe zugegeben,
ſo muß er vielmehr die nicht entehrende Reſtitution erhalten,
da dieſe im vorliegenden Fall völlig zu demſelben Erfolg
führt, wie die Klage, und alſo der Klage nach allgemeinen
Grundſätzen vorgezogen werden muß (§ 332 Note s). Dieſe
Reſtitution führt alſo dahin, daß die verjährte frühere Re-
ſtitution als nicht verjährt behandelt, und dem Verletzten
gewährt werden muß.

Die hier aufgeſtellte Behauptung über die Reſtitution
wegen Betrugs gegen die Verjährung irgend einer anderen
Reſtitution findet eine unmittelbare Beſtätigung im cano-
niſchen Recht. Hier wird geſagt, die vierjährige Ver-
jährung der den Kirchen zuſtehenden Reſtitution könne ent-
kräftet werden, wenn der Gegner durch Betrug dieſe Ver-
jährung bewirkt habe (g). Es iſt durchaus kein Grund

(g) C. 1 de restit. in VI.
(1. 21). „Ecclesia … si qua-
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sum, et negligenter omiserit,
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[262/0284] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Anſpruch auf Reſtitution hat, und dieſe Reſtitution, ge- täuſcht durch Betrügereien ſeines Gegners, verjähren läßt, ſo fragt es ſich, ob er gegen dieſe Verjährung die Re- ſtitution wegen Betrugs verlangen kann. Nach der oben angeführten Meinung (Note a) muß dieſe Frage verneint werden, ich halte die Bejahung für ganz unzweifelhaft. Daß durch dieſen Fall keine endloſe Ausdehnung und Wie- derholung der Reſtitution herbeigeführt werden könne, wird wohl Jeder zugeben. Es iſt aber ferner kein Grund denk- bar, weshalb dem Verletzten die actio doli gegen den Be- trüger verſagt werden könnte. Wird nun dieſe zugegeben, ſo muß er vielmehr die nicht entehrende Reſtitution erhalten, da dieſe im vorliegenden Fall völlig zu demſelben Erfolg führt, wie die Klage, und alſo der Klage nach allgemeinen Grundſätzen vorgezogen werden muß (§ 332 Note s). Dieſe Reſtitution führt alſo dahin, daß die verjährte frühere Re- ſtitution als nicht verjährt behandelt, und dem Verletzten gewährt werden muß. Die hier aufgeſtellte Behauptung über die Reſtitution wegen Betrugs gegen die Verjährung irgend einer anderen Reſtitution findet eine unmittelbare Beſtätigung im cano- niſchen Recht. Hier wird geſagt, die vierjährige Ver- jährung der den Kirchen zuſtehenden Reſtitution könne ent- kräftet werden, wenn der Gegner durch Betrug dieſe Ver- jährung bewirkt habe (g). Es iſt durchaus kein Grund (g) C. 1 de restit. in VI. (1. 21). „Ecclesia … si qua- driennii spatium post sit lap- sum, et negligenter omiserit,

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/284>, abgerufen am 22.11.2024.