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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

Um diese Streitfrage auf das ihr allein zukommende
engere Gebiet zurück zu führen, muß die Bemerkung vor-
aus geschickt werden, daß sie nur vorkommen kann bei der
Restitution der Minderjährigen. Abwesende nämlich werden
überhaupt nur restituirt gegen Versäumnisse, nicht gegen
Rechtsgeschäfte (§ 325), während Bürgen nur bei Rechts-
geschäften eintreten. In den Fällen des Zwanges und
Betrugs aber wird sich der Bürge stets durch die exceptio
metus
oder doli schützen können, die ihm eben so gut, als
dem Gezwungenen oder Betrogenen selbst, zusteht (e); dazu
bedarf es keiner Restitution.

Der Minderjährige nun, für dessen Schuld ein Bürge
eingetreten ist, steht in zwei verschiedenen Rechtsverhält-
nissen: gegen den ursprünglichen Gläubiger, und gegen den
Bürgen, der, wenn er aus der Bürgschaft verurtheilt ist,
oder freiwillig gezahlt hat, in der Regel den Regreß an
den Hauptschuldner nehmen kann (f). Der minderjährige
Schuldner ist gegen jede dieser beiden Forderungen, wenn
er will, gleichmäßig durch Restitution geschützt, so daß also
die praktische Frage eigentlich nur darauf geht, wer zuletzt
den Verlust tragen soll, der Gläubiger oder der Bürge (g).


(e) L. 7. § 1 de except. (44.1).
(f) Mit der actio mandati
oder negotiorum gestorum, je-
nachdem der Schuldner um die
Bürgschaft wußte oder nicht. L. 6
§ 2 L. 18 mand. (17. 1), L. 43
de neg. gestis.
(3. 5).
(g) L. 13 pr. de min. (4. 4)
"... In summa perpendendum
erit Praetori, cui potius sub-
veniat, utrum creditori an
fidejussori; nam minor captus
neutri tenebitur". -- L.
1 C.
de fid min.
(2. 24). Allerdings
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

Um dieſe Streitfrage auf das ihr allein zukommende
engere Gebiet zurück zu führen, muß die Bemerkung vor-
aus geſchickt werden, daß ſie nur vorkommen kann bei der
Reſtitution der Minderjährigen. Abweſende nämlich werden
überhaupt nur reſtituirt gegen Verſäumniſſe, nicht gegen
Rechtsgeſchäfte (§ 325), während Bürgen nur bei Rechts-
geſchäften eintreten. In den Fällen des Zwanges und
Betrugs aber wird ſich der Bürge ſtets durch die exceptio
metus
oder doli ſchützen können, die ihm eben ſo gut, als
dem Gezwungenen oder Betrogenen ſelbſt, zuſteht (e); dazu
bedarf es keiner Reſtitution.

Der Minderjährige nun, für deſſen Schuld ein Bürge
eingetreten iſt, ſteht in zwei verſchiedenen Rechtsverhält-
niſſen: gegen den urſprünglichen Gläubiger, und gegen den
Bürgen, der, wenn er aus der Bürgſchaft verurtheilt iſt,
oder freiwillig gezahlt hat, in der Regel den Regreß an
den Hauptſchuldner nehmen kann (f). Der minderjährige
Schuldner iſt gegen jede dieſer beiden Forderungen, wenn
er will, gleichmäßig durch Reſtitution geſchützt, ſo daß alſo
die praktiſche Frage eigentlich nur darauf geht, wer zuletzt
den Verluſt tragen ſoll, der Gläubiger oder der Bürge (g).


(e) L. 7. § 1 de except. (44.1).
(f) Mit der actio mandati
oder negotiorum gestorum, je-
nachdem der Schuldner um die
Bürgſchaft wußte oder nicht. L. 6
§ 2 L. 18 mand. (17. 1), L. 43
de neg. gestis.
(3. 5).
(g) L. 13 pr. de min. (4. 4)
„… In summa perpendendum
erit Praetori, cui potius sub-
veniat, utrum creditori an
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1 C.
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(2. 24). Allerdings
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[218/0240] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Um dieſe Streitfrage auf das ihr allein zukommende engere Gebiet zurück zu führen, muß die Bemerkung vor- aus geſchickt werden, daß ſie nur vorkommen kann bei der Reſtitution der Minderjährigen. Abweſende nämlich werden überhaupt nur reſtituirt gegen Verſäumniſſe, nicht gegen Rechtsgeſchäfte (§ 325), während Bürgen nur bei Rechts- geſchäften eintreten. In den Fällen des Zwanges und Betrugs aber wird ſich der Bürge ſtets durch die exceptio metus oder doli ſchützen können, die ihm eben ſo gut, als dem Gezwungenen oder Betrogenen ſelbſt, zuſteht (e); dazu bedarf es keiner Reſtitution. Der Minderjährige nun, für deſſen Schuld ein Bürge eingetreten iſt, ſteht in zwei verſchiedenen Rechtsverhält- niſſen: gegen den urſprünglichen Gläubiger, und gegen den Bürgen, der, wenn er aus der Bürgſchaft verurtheilt iſt, oder freiwillig gezahlt hat, in der Regel den Regreß an den Hauptſchuldner nehmen kann (f). Der minderjährige Schuldner iſt gegen jede dieſer beiden Forderungen, wenn er will, gleichmäßig durch Reſtitution geſchützt, ſo daß alſo die praktiſche Frage eigentlich nur darauf geht, wer zuletzt den Verluſt tragen ſoll, der Gläubiger oder der Bürge (g). (e) L. 7. § 1 de except. (44.1). (f) Mit der actio mandati oder negotiorum gestorum, je- nachdem der Schuldner um die Bürgſchaft wußte oder nicht. L. 6 § 2 L. 18 mand. (17. 1), L. 43 de neg. gestis. (3. 5). (g) L. 13 pr. de min. (4. 4) „… In summa perpendendum erit Praetori, cui potius sub- veniat, utrum creditori an fidejussori; nam minor captus neutri tenebitur“. — L. 1 C. de fid min. (2. 24). Allerdings

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/240>, abgerufen am 19.04.2024.