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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
der Kläger Restitution (wegen Betrugs eines Dritten), so
daß er gegen den Miterben zur Hälfte der Schuld klagen
kann (p).

6. Wenn ein Waarenkauf nach dem von einem Dritten
hergeliehenen Gewicht geschlossen wird, der Dritte aber
wissentlich falsches Gewicht giebt, so geht gegen ihn die
actio doli (q); das Geschäft selbst also bleibt unter
den Parteien gültig. Nach den bei den vorigen Fällen
(Num. 4. 5) angewendeten Regeln darf man aber wohl un-
bedenklich annehmen, daß die Restitution gegen das Geschäft
selbst gegeben werden muß, wenn die actio doli wegen
Zahlungsunfähigkeit des Beklagten ohne Erfolg bleibt (r).

Fassen wir das Ergebniß dieser Entscheidungen einzelner
Rechtsfälle zusammen, so erhalten dadurch die zwei oben
(S. 203) abgedruckten Stellen folgende sichere Deutung. Wenn
diese Stellen sagen, im Collisionsfall sey die Restitution der
entehrenden actio doli vorzuziehen, so hat das erstlich den
Sinn, daß die aus einem anderen Restitutionsgrund, z. B.
Minderjährigkeit, abzuleitende Restitution stets vorgehen soll
(Num. 2); ferner auch den Sinn, daß die Restitution wegen
Betrugs vorgehen soll, wenn der Gegner des Verletzten

(p) L. 18 eod.
(q) L. 18 § 3 de dolo (4. 3).
(r) Auch noch in einem anderen
Fall zeigt sich die Rücksicht auf
Zahlungsunfähigkeit, ohne daß da-
bei von Restitution die Rede ist.
Wenn ein Unmündiger unter Ge-
nehmigung des Vormundes mit
einem Dritten einen Vertrag schließt,
und dabei von diesen beiden Per-
sonen betrogen wird, so soll er
nur die actio tutelae gegen den
Vormund haben, nicht die actio
doli
gegen den Dritten, außer wenn
der Vormund insolvent ist. L. 5. 6
de dolo
(4. 3).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
der Kläger Reſtitution (wegen Betrugs eines Dritten), ſo
daß er gegen den Miterben zur Hälfte der Schuld klagen
kann (p).

6. Wenn ein Waarenkauf nach dem von einem Dritten
hergeliehenen Gewicht geſchloſſen wird, der Dritte aber
wiſſentlich falſches Gewicht giebt, ſo geht gegen ihn die
actio doli (q); das Geſchäft ſelbſt alſo bleibt unter
den Parteien gültig. Nach den bei den vorigen Fällen
(Num. 4. 5) angewendeten Regeln darf man aber wohl un-
bedenklich annehmen, daß die Reſtitution gegen das Geſchäft
ſelbſt gegeben werden muß, wenn die actio doli wegen
Zahlungsunfähigkeit des Beklagten ohne Erfolg bleibt (r).

Faſſen wir das Ergebniß dieſer Entſcheidungen einzelner
Rechtsfälle zuſammen, ſo erhalten dadurch die zwei oben
(S. 203) abgedruckten Stellen folgende ſichere Deutung. Wenn
dieſe Stellen ſagen, im Colliſionsfall ſey die Reſtitution der
entehrenden actio doli vorzuziehen, ſo hat das erſtlich den
Sinn, daß die aus einem anderen Reſtitutionsgrund, z. B.
Minderjährigkeit, abzuleitende Reſtitution ſtets vorgehen ſoll
(Num. 2); ferner auch den Sinn, daß die Reſtitution wegen
Betrugs vorgehen ſoll, wenn der Gegner des Verletzten

(p) L. 18 eod.
(q) L. 18 § 3 de dolo (4. 3).
(r) Auch noch in einem anderen
Fall zeigt ſich die Rückſicht auf
Zahlungsunfähigkeit, ohne daß da-
bei von Reſtitution die Rede iſt.
Wenn ein Unmündiger unter Ge-
nehmigung des Vormundes mit
einem Dritten einen Vertrag ſchließt,
und dabei von dieſen beiden Per-
ſonen betrogen wird, ſo ſoll er
nur die actio tutelae gegen den
Vormund haben, nicht die actio
doli
gegen den Dritten, außer wenn
der Vormund inſolvent iſt. L. 5. 6
de dolo
(4. 3).
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[208/0230] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. der Kläger Reſtitution (wegen Betrugs eines Dritten), ſo daß er gegen den Miterben zur Hälfte der Schuld klagen kann (p). 6. Wenn ein Waarenkauf nach dem von einem Dritten hergeliehenen Gewicht geſchloſſen wird, der Dritte aber wiſſentlich falſches Gewicht giebt, ſo geht gegen ihn die actio doli (q); das Geſchäft ſelbſt alſo bleibt unter den Parteien gültig. Nach den bei den vorigen Fällen (Num. 4. 5) angewendeten Regeln darf man aber wohl un- bedenklich annehmen, daß die Reſtitution gegen das Geſchäft ſelbſt gegeben werden muß, wenn die actio doli wegen Zahlungsunfähigkeit des Beklagten ohne Erfolg bleibt (r). Faſſen wir das Ergebniß dieſer Entſcheidungen einzelner Rechtsfälle zuſammen, ſo erhalten dadurch die zwei oben (S. 203) abgedruckten Stellen folgende ſichere Deutung. Wenn dieſe Stellen ſagen, im Colliſionsfall ſey die Reſtitution der entehrenden actio doli vorzuziehen, ſo hat das erſtlich den Sinn, daß die aus einem anderen Reſtitutionsgrund, z. B. Minderjährigkeit, abzuleitende Reſtitution ſtets vorgehen ſoll (Num. 2); ferner auch den Sinn, daß die Reſtitution wegen Betrugs vorgehen ſoll, wenn der Gegner des Verletzten (p) L. 18 eod. (q) L. 18 § 3 de dolo (4. 3). (r) Auch noch in einem anderen Fall zeigt ſich die Rückſicht auf Zahlungsunfähigkeit, ohne daß da- bei von Reſtitution die Rede iſt. Wenn ein Unmündiger unter Ge- nehmigung des Vormundes mit einem Dritten einen Vertrag ſchließt, und dabei von dieſen beiden Per- ſonen betrogen wird, ſo ſoll er nur die actio tutelae gegen den Vormund haben, nicht die actio doli gegen den Dritten, außer wenn der Vormund inſolvent iſt. L. 5. 6 de dolo (4. 3).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/230>, abgerufen am 23.11.2024.