Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.§. 325. Einzelne Restitutionsgründe. II. Abwesenheit. Worten des Edicts einen so allgemeinen Ausdruck erhalten,daß dadurch viele neuere Schriftsteller verleitet worden sind, in dieselbe den allgemeinen, völlig schrankenlosen Vorbehalt zu legen, der Prätor wolle überall restituiren, wo es ihm überhaupt gut dünke. Diese Auslegung hat in der neueren Praxis zu einer sehr verderblichen Willkür geführt. Sie muß aber durchaus verworfen werden, indem jene Worte nach ihrer wörtlichen Verbindung keinen anderen Sinn zu- lassen, als daß der Prätor, außer in den ausdrücklich ge- nannten Fällen der Abwesenheit u. s. w., auch in anderen Fällen restituiren wolle, wenn er dieselben verwandt, gleich- artig fände. Es war also blos der Vorbehalt einer Er- weiterung der vorstehenden Casuistik nach dem Gesetz einer wahren, ächten Analogie. Gerade so haben auch schon die alten Juristen in ihren Commentaren zum Edict jene Stelle aufgefaßt (p). Versuchen wir nun, aus den sehr zahlreichen einzelnen (p) Vgl. die in der vorhergehenden Note angeführten Stellen.
§. 325. Einzelne Reſtitutionsgründe. II. Abweſenheit. Worten des Edicts einen ſo allgemeinen Ausdruck erhalten,daß dadurch viele neuere Schriftſteller verleitet worden ſind, in dieſelbe den allgemeinen, völlig ſchrankenloſen Vorbehalt zu legen, der Prätor wolle überall reſtituiren, wo es ihm überhaupt gut dünke. Dieſe Auslegung hat in der neueren Praxis zu einer ſehr verderblichen Willkür geführt. Sie muß aber durchaus verworfen werden, indem jene Worte nach ihrer wörtlichen Verbindung keinen anderen Sinn zu- laſſen, als daß der Prätor, außer in den ausdrücklich ge- nannten Fällen der Abweſenheit u. ſ. w., auch in anderen Fällen reſtituiren wolle, wenn er dieſelben verwandt, gleich- artig fände. Es war alſo blos der Vorbehalt einer Er- weiterung der vorſtehenden Caſuiſtik nach dem Geſetz einer wahren, ächten Analogie. Gerade ſo haben auch ſchon die alten Juriſten in ihren Commentaren zum Edict jene Stelle aufgefaßt (p). Verſuchen wir nun, aus den ſehr zahlreichen einzelnen (p) Vgl. die in der vorhergehenden Note angeführten Stellen.
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§. 325. Einzelne Reſtitutionsgründe. II. Abweſenheit.
Worten des Edicts einen ſo allgemeinen Ausdruck erhalten,
daß dadurch viele neuere Schriftſteller verleitet worden ſind,
in dieſelbe den allgemeinen, völlig ſchrankenloſen Vorbehalt
zu legen, der Prätor wolle überall reſtituiren, wo es ihm
überhaupt gut dünke. Dieſe Auslegung hat in der neueren
Praxis zu einer ſehr verderblichen Willkür geführt. Sie
muß aber durchaus verworfen werden, indem jene Worte
nach ihrer wörtlichen Verbindung keinen anderen Sinn zu-
laſſen, als daß der Prätor, außer in den ausdrücklich ge-
nannten Fällen der Abweſenheit u. ſ. w., auch in anderen
Fällen reſtituiren wolle, wenn er dieſelben verwandt, gleich-
artig fände. Es war alſo blos der Vorbehalt einer Er-
weiterung der vorſtehenden Caſuiſtik nach dem Geſetz einer
wahren, ächten Analogie. Gerade ſo haben auch ſchon die
alten Juriſten in ihren Commentaren zum Edict jene Stelle
aufgefaßt (p).
Verſuchen wir nun, aus den ſehr zahlreichen einzelnen
Anwendungen, in welchen uns dieſer Reſtitutionsgrund vor-
geführt wird, welchen wir blos der Kürze wegen mit dem
Ausdruck Abweſenheit bezeichnen, auf dem Wege beſon-
nener Abſtraction einen allgemeinen Begriff deſſelben zu
bilden. Wir werden dieſen Begriff dahin zu beſtimmen
haben, daß dieſe Reſtitution überall ertheilt werde, wo ſich
der Verluſt eines Rechts dadurch ereignet, daß der Berech-
tigte durch ein äußeres Hinderniß abgehalten wird, die
(p) Vgl. die in der vorhergehenden Note angeführten Stellen.
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