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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 317. Natur und Entwicklung der Restitution.
Rechtsbildung wahrzunehmen, indem die Anfangs unfertige,
erst durch die freie persönliche Handhabung zu ergänzende,
Rechtsregel allmälig in eine fertige und vollendete hinüber
geführt, und so das extraordinarium auxilium in ein
commune auxilium aufgelöst wurde (f).

Ganz im Widerspruch mit der hier aufgestellten Ansicht
behauptet ein neuerer Schriftsteller, die Restitution sey von
den Römern im Laufe der Zeit manchen ordentlichen Klagen
vorgezogen, und häufiger, als früher, zur Anwendung ge-
bracht worden (g). Sie soll sich besonders beliebt gemacht
haben theils durch das schnellere und kürzere Verfahren,
theils durch manche praktische Vortheile für den Kläger,
wohin vorzüglich der gerechnet wird, daß bei den arbiträren
Klagen der Beklagte die Wahl hatte, entweder die Sache
selbst herauszugeben, oder sich zur Entschädigung verur-
theilen zu lassen, anstatt daß die Restitution stets die ver-
lorene Sache selbst wieder verschaffte (h). -- Der Beweis

(f) Es finden sich diese Aus-
drücke in L. 16 pr. de minor. (4. 4).
(g) Burchardi § 19. 20, be-
sonders S. 361--363. 376. 382.
Diese Behauptung hat jedoch bei
ihm eine blos historische Bedeutung;
für das praktische Bedürfniß des
heutigen Rechts sieht auch er die
Restitution als bedenklich an, und
hält eine größere Beschränkung
ihres Gebrauchs für wünschens-
werth S. 546.
(h) Dieser Vortheil des Be-
klagten, wenn man es so nennen
will, wurde ja aber weit über-
wogen durch die mit der Verur-
theilung für ihn verbundenen Nach-
theile S. o. B. 5 S. 123. 124. --
Ein anderer praktischer Vortheil,
bei der aus Furcht vorgenommenen
Antretung oder Ausschlagung einer
Erbschaft, (Burchardi S. 363)
ist an sich richtig, gehört aber
nicht zu den späteren Ausdehnungen
der Restitution, sondern gerade
umgekehrt zu ihren sehr mäßigen
Ueberresten, nachdem durch die
Klage und Einrede wegen Gewalt
für die allermeisten Fälle in anderer
Art hinreichend gesorgt war.
8*

§. 317. Natur und Entwicklung der Reſtitution.
Rechtsbildung wahrzunehmen, indem die Anfangs unfertige,
erſt durch die freie perſönliche Handhabung zu ergänzende,
Rechtsregel allmälig in eine fertige und vollendete hinüber
geführt, und ſo das extraordinarium auxilium in ein
commune auxilium aufgelöſt wurde (f).

Ganz im Widerſpruch mit der hier aufgeſtellten Anſicht
behauptet ein neuerer Schriftſteller, die Reſtitution ſey von
den Römern im Laufe der Zeit manchen ordentlichen Klagen
vorgezogen, und häufiger, als früher, zur Anwendung ge-
bracht worden (g). Sie ſoll ſich beſonders beliebt gemacht
haben theils durch das ſchnellere und kürzere Verfahren,
theils durch manche praktiſche Vortheile für den Kläger,
wohin vorzüglich der gerechnet wird, daß bei den arbiträren
Klagen der Beklagte die Wahl hatte, entweder die Sache
ſelbſt herauszugeben, oder ſich zur Entſchädigung verur-
theilen zu laſſen, anſtatt daß die Reſtitution ſtets die ver-
lorene Sache ſelbſt wieder verſchaffte (h). — Der Beweis

(f) Es finden ſich dieſe Aus-
drücke in L. 16 pr. de minor. (4. 4).
(g) Burchardi § 19. 20, be-
ſonders S. 361—363. 376. 382.
Dieſe Behauptung hat jedoch bei
ihm eine blos hiſtoriſche Bedeutung;
für das praktiſche Bedürfniß des
heutigen Rechts ſieht auch er die
Reſtitution als bedenklich an, und
hält eine größere Beſchränkung
ihres Gebrauchs für wünſchens-
werth S. 546.
(h) Dieſer Vortheil des Be-
klagten, wenn man es ſo nennen
will, wurde ja aber weit über-
wogen durch die mit der Verur-
theilung für ihn verbundenen Nach-
theile S. o. B. 5 S. 123. 124. —
Ein anderer praktiſcher Vortheil,
bei der aus Furcht vorgenommenen
Antretung oder Ausſchlagung einer
Erbſchaft, (Burchardi S. 363)
iſt an ſich richtig, gehört aber
nicht zu den ſpäteren Ausdehnungen
der Reſtitution, ſondern gerade
umgekehrt zu ihren ſehr mäßigen
Ueberreſten, nachdem durch die
Klage und Einrede wegen Gewalt
für die allermeiſten Fälle in anderer
Art hinreichend geſorgt war.
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[115/0137] §. 317. Natur und Entwicklung der Reſtitution. Rechtsbildung wahrzunehmen, indem die Anfangs unfertige, erſt durch die freie perſönliche Handhabung zu ergänzende, Rechtsregel allmälig in eine fertige und vollendete hinüber geführt, und ſo das extraordinarium auxilium in ein commune auxilium aufgelöſt wurde (f). Ganz im Widerſpruch mit der hier aufgeſtellten Anſicht behauptet ein neuerer Schriftſteller, die Reſtitution ſey von den Römern im Laufe der Zeit manchen ordentlichen Klagen vorgezogen, und häufiger, als früher, zur Anwendung ge- bracht worden (g). Sie ſoll ſich beſonders beliebt gemacht haben theils durch das ſchnellere und kürzere Verfahren, theils durch manche praktiſche Vortheile für den Kläger, wohin vorzüglich der gerechnet wird, daß bei den arbiträren Klagen der Beklagte die Wahl hatte, entweder die Sache ſelbſt herauszugeben, oder ſich zur Entſchädigung verur- theilen zu laſſen, anſtatt daß die Reſtitution ſtets die ver- lorene Sache ſelbſt wieder verſchaffte (h). — Der Beweis (f) Es finden ſich dieſe Aus- drücke in L. 16 pr. de minor. (4. 4). (g) Burchardi § 19. 20, be- ſonders S. 361—363. 376. 382. Dieſe Behauptung hat jedoch bei ihm eine blos hiſtoriſche Bedeutung; für das praktiſche Bedürfniß des heutigen Rechts ſieht auch er die Reſtitution als bedenklich an, und hält eine größere Beſchränkung ihres Gebrauchs für wünſchens- werth S. 546. (h) Dieſer Vortheil des Be- klagten, wenn man es ſo nennen will, wurde ja aber weit über- wogen durch die mit der Verur- theilung für ihn verbundenen Nach- theile S. o. B. 5 S. 123. 124. — Ein anderer praktiſcher Vortheil, bei der aus Furcht vorgenommenen Antretung oder Ausſchlagung einer Erbſchaft, (Burchardi S. 363) iſt an ſich richtig, gehört aber nicht zu den ſpäteren Ausdehnungen der Reſtitution, ſondern gerade umgekehrt zu ihren ſehr mäßigen Ueberreſten, nachdem durch die Klage und Einrede wegen Gewalt für die allermeiſten Fälle in anderer Art hinreichend geſorgt war. 8*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/137>, abgerufen am 23.11.2024.