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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
dabei auch Gegenbeweis zugelassen werden (d). Der Eid
bleibt einstweilen aufgeschoben, muß aber, wenn der ver-
suchte Beweis mißlingt, wieder aufgenommen werden.

Im Römischen Recht wird diese Gewissensvertretung
nicht erwähnt, ja sie paßt dahin nicht, weil der Eid nicht
als reines Beweismittel, sondern als vergleichsmäßige Ent-
scheidung des Rechtsverhältnisses angesehen wird (e). Im
kanonischen Recht wird jenes Recht bestimmt anerkannt,
und zwar in Anwendung auf einen Fall, worin dem Kläger,
der den Grund seiner Klage bereits bewiesen hatte, nun
dennoch der Eid zugeschoben wurde (f).

Hierauf beschränken sich die wahren Abweichungen des
heutigen Rechts, und einige andere, die gleichfalls behauptet
werden, sind nicht als richtig anzuerkennen.

Dahin gehört die Behauptung, der zugeschobene Eid
könne nur als Ergänzung eines anderen Beweises gebraucht
werden, setze also stets einen auf andere Weise, wenngleich
unvollständig, geführten Beweis (eine Bescheinigung) voraus.
Diese Meinung ist nach Römischem Recht gewiß zu ver-
werfen (g), ja sie war hier, wenigstens bei dem außer-
gerichtlichen Eid, völlig unanwendbar. Auch nach dem
heutigen gemeinen Recht ist sie zu verwerfen (h), und

(d) Malblanc § 58. Bayer
S. 397. Gönner B. 2 Abhdl. 48.
Martin § 228. Linde § 308.
(e) Die Stelle bei Quincti-
lian
. instit. V.
6 enthält nur ein
allgemeines Räsonnement, kein
geschichtliches Zeugniß.
(f) C. 2 X. de prob. (2. 19)
(g) L. 35 pr. de jur. (12. 2),
L. 22 § 10 C. de jure delib.

(6. 30).
(h) Danz Prozeß § 241
Note b. Linde Lehrbuch § 303
Note 6. 7.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
dabei auch Gegenbeweis zugelaſſen werden (d). Der Eid
bleibt einſtweilen aufgeſchoben, muß aber, wenn der ver-
ſuchte Beweis mißlingt, wieder aufgenommen werden.

Im Römiſchen Recht wird dieſe Gewiſſensvertretung
nicht erwähnt, ja ſie paßt dahin nicht, weil der Eid nicht
als reines Beweismittel, ſondern als vergleichsmäßige Ent-
ſcheidung des Rechtsverhältniſſes angeſehen wird (e). Im
kanoniſchen Recht wird jenes Recht beſtimmt anerkannt,
und zwar in Anwendung auf einen Fall, worin dem Kläger,
der den Grund ſeiner Klage bereits bewieſen hatte, nun
dennoch der Eid zugeſchoben wurde (f).

Hierauf beſchränken ſich die wahren Abweichungen des
heutigen Rechts, und einige andere, die gleichfalls behauptet
werden, ſind nicht als richtig anzuerkennen.

Dahin gehört die Behauptung, der zugeſchobene Eid
könne nur als Ergänzung eines anderen Beweiſes gebraucht
werden, ſetze alſo ſtets einen auf andere Weiſe, wenngleich
unvollſtändig, geführten Beweis (eine Beſcheinigung) voraus.
Dieſe Meinung iſt nach Römiſchem Recht gewiß zu ver-
werfen (g), ja ſie war hier, wenigſtens bei dem außer-
gerichtlichen Eid, völlig unanwendbar. Auch nach dem
heutigen gemeinen Recht iſt ſie zu verwerfen (h), und

(d) Malblanc § 58. Bayer
S. 397. Gönner B. 2 Abhdl. 48.
Martin § 228. Linde § 308.
(e) Die Stelle bei Quincti-
lian
. instit. V.
6 enthält nur ein
allgemeines Räſonnement, kein
geſchichtliches Zeugniß.
(f) C. 2 X. de prob. (2. 19)
(g) L. 35 pr. de jur. (12. 2),
L. 22 § 10 C. de jure delib.

(6. 30).
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[88/0110] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. dabei auch Gegenbeweis zugelaſſen werden (d). Der Eid bleibt einſtweilen aufgeſchoben, muß aber, wenn der ver- ſuchte Beweis mißlingt, wieder aufgenommen werden. Im Römiſchen Recht wird dieſe Gewiſſensvertretung nicht erwähnt, ja ſie paßt dahin nicht, weil der Eid nicht als reines Beweismittel, ſondern als vergleichsmäßige Ent- ſcheidung des Rechtsverhältniſſes angeſehen wird (e). Im kanoniſchen Recht wird jenes Recht beſtimmt anerkannt, und zwar in Anwendung auf einen Fall, worin dem Kläger, der den Grund ſeiner Klage bereits bewieſen hatte, nun dennoch der Eid zugeſchoben wurde (f). Hierauf beſchränken ſich die wahren Abweichungen des heutigen Rechts, und einige andere, die gleichfalls behauptet werden, ſind nicht als richtig anzuerkennen. Dahin gehört die Behauptung, der zugeſchobene Eid könne nur als Ergänzung eines anderen Beweiſes gebraucht werden, ſetze alſo ſtets einen auf andere Weiſe, wenngleich unvollſtändig, geführten Beweis (eine Beſcheinigung) voraus. Dieſe Meinung iſt nach Römiſchem Recht gewiß zu ver- werfen (g), ja ſie war hier, wenigſtens bei dem außer- gerichtlichen Eid, völlig unanwendbar. Auch nach dem heutigen gemeinen Recht iſt ſie zu verwerfen (h), und (d) Malblanc § 58. Bayer S. 397. Gönner B. 2 Abhdl. 48. Martin § 228. Linde § 308. (e) Die Stelle bei Quincti- lian. instit. V. 6 enthält nur ein allgemeines Räſonnement, kein geſchichtliches Zeugniß. (f) C. 2 X. de prob. (2. 19) (g) L. 35 pr. de jur. (12. 2), L. 22 § 10 C. de jure delib. (6. 30). (h) Danz Prozeß § 241 Note b. Linde Lehrbuch § 303 Note 6. 7.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/110>, abgerufen am 22.11.2024.