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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
ist unzweifelhaft, daß sie, so wie jede andere Klagverjäh-
rung, durch die L. C. (später durch die Insinuation) unter-
brochen wurde (e). Nun hat Justinian an die longi tem-
poris possessio,
welche früher nur eine praescriptio begrün-
dete, bei unbeweglichen Sachen die Wirkung der Usucapion
geknüpft: im Fall der bona fides sogar auch an den dreißig-
oder vierzig-jährigen Besitz, und ohne Unterschied der beweg-
lichen und unbeweglichen Sachen (f). Hierüber haben sich
zwei verschiedene Meinungen gebildet. Nach der einen
Meinung hat der Erwerb von 10, 20, 30 Jahren, auch
nachdem ihm gleiche Wirkung mit der Usucapion beigelegt
worden ist, dennoch seine ursprüngliche Natur einer Klag-
verjährung beibehalten, so daß darauf die Unterbrechung
durch Insinuation der Klage anzuwenden ist (g). Nach
der anderen Meinung ist jeder Erwerb, welchem Justinian
die Wirkung einer Usucapion beigelegt hat, als eine wahre,
eigentliche Usucapion, nur mit anderen Zeitfristen als denen
des älteren Rechts anzusehen, und es sind darauf alle Be-
stimmungen des älteren Rechts über die Usucapion unmit-
telbar anzuwenden, namentlich auch die Bestimmung, daß
die L. C. den Lauf dieser Usucapionen nicht unterbricht,
sondern nur eine Verpflichtung des Beklagten zur Rückgabe
des Eigenthums erzeugt.


(e) L. 1. 2. 10 C. de praescr.
longi temp.
(7. 33), L. 2 C. ubi
in rem
(3. 19), L. 26 C. de rei
vind.
(3. 32).
(f) L. 8 pr. § 1 C. de praescr.
XXX.
(7. 39) vom J. 528.
(g) Wächter H. 3 S. 99--104.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
iſt unzweifelhaft, daß ſie, ſo wie jede andere Klagverjäh-
rung, durch die L. C. (ſpäter durch die Inſinuation) unter-
brochen wurde (e). Nun hat Juſtinian an die longi tem-
poris possessio,
welche früher nur eine praescriptio begrün-
dete, bei unbeweglichen Sachen die Wirkung der Uſucapion
geknüpft: im Fall der bona fides ſogar auch an den dreißig-
oder vierzig-jährigen Beſitz, und ohne Unterſchied der beweg-
lichen und unbeweglichen Sachen (f). Hierüber haben ſich
zwei verſchiedene Meinungen gebildet. Nach der einen
Meinung hat der Erwerb von 10, 20, 30 Jahren, auch
nachdem ihm gleiche Wirkung mit der Uſucapion beigelegt
worden iſt, dennoch ſeine urſprüngliche Natur einer Klag-
verjährung beibehalten, ſo daß darauf die Unterbrechung
durch Inſinuation der Klage anzuwenden iſt (g). Nach
der anderen Meinung iſt jeder Erwerb, welchem Juſtinian
die Wirkung einer Uſucapion beigelegt hat, als eine wahre,
eigentliche Uſucapion, nur mit anderen Zeitfriſten als denen
des älteren Rechts anzuſehen, und es ſind darauf alle Be-
ſtimmungen des älteren Rechts über die Uſucapion unmit-
telbar anzuwenden, namentlich auch die Beſtimmung, daß
die L. C. den Lauf dieſer Uſucapionen nicht unterbricht,
ſondern nur eine Verpflichtung des Beklagten zur Rückgabe
des Eigenthums erzeugt.


(e) L. 1. 2. 10 C. de praescr.
longi temp.
(7. 33), L. 2 C. ubi
in rem
(3. 19), L. 26 C. de rei
vind.
(3. 32).
(f) L. 8 pr. § 1 C. de praescr.
XXX.
(7. 39) vom J. 528.
(g) Wächter H. 3 S. 99—104.
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[58/0076] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. iſt unzweifelhaft, daß ſie, ſo wie jede andere Klagverjäh- rung, durch die L. C. (ſpäter durch die Inſinuation) unter- brochen wurde (e). Nun hat Juſtinian an die longi tem- poris possessio, welche früher nur eine praescriptio begrün- dete, bei unbeweglichen Sachen die Wirkung der Uſucapion geknüpft: im Fall der bona fides ſogar auch an den dreißig- oder vierzig-jährigen Beſitz, und ohne Unterſchied der beweg- lichen und unbeweglichen Sachen (f). Hierüber haben ſich zwei verſchiedene Meinungen gebildet. Nach der einen Meinung hat der Erwerb von 10, 20, 30 Jahren, auch nachdem ihm gleiche Wirkung mit der Uſucapion beigelegt worden iſt, dennoch ſeine urſprüngliche Natur einer Klag- verjährung beibehalten, ſo daß darauf die Unterbrechung durch Inſinuation der Klage anzuwenden iſt (g). Nach der anderen Meinung iſt jeder Erwerb, welchem Juſtinian die Wirkung einer Uſucapion beigelegt hat, als eine wahre, eigentliche Uſucapion, nur mit anderen Zeitfriſten als denen des älteren Rechts anzuſehen, und es ſind darauf alle Be- ſtimmungen des älteren Rechts über die Uſucapion unmit- telbar anzuwenden, namentlich auch die Beſtimmung, daß die L. C. den Lauf dieſer Uſucapionen nicht unterbricht, ſondern nur eine Verpflichtung des Beklagten zur Rückgabe des Eigenthums erzeugt. (e) L. 1. 2. 10 C. de praescr. longi temp. (7. 33), L. 2 C. ubi in rem (3. 19), L. 26 C. de rei vind. (3. 32). (f) L. 8 pr. § 1 C. de praescr. XXX. (7. 39) vom J. 528. (g) Wächter H. 3 S. 99—104.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/76>, abgerufen am 03.05.2024.