Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.§. 298. Einrede. Legitimationspunkt. das Eigenthum einer abgepfändeten Sache für sich in An-spruch nimmt, so soll dieser neue Anspruch obenhin (sum- matim) geprüft werden. Wird derselbe offenbar ungegrün- det befunden, so wird das eingeschlagene Verfahren fortge- setzt; bleibt die Frage zweifelhaft, so soll die Pfändung an dieser streitigen Sache aufgegeben, und an deren Stelle eine andere, unstreitige Sache gesetzt werden. In keinem Fall aber soll diese richterliche Verfügung auf die künftige Entscheidung über das Eigenthum jener streitigen Sache irgend einen Einfluß haben (r). Diese letzte Bestimmung nun wird wieder als Beweis geltend gemacht, daß die Römer der Entscheidung über den Legitimationspunkt niemals die Rechtskraft beigelegt hätten (s). Allein in dem hier vorausgesetzten Fall war ja über das Eigenthum der abgepfändeten Sache noch gar kein eigentlicher Rechts- streit unter den betheiligten Parteien geführt worden. Der Richter hatte von Anfang an völlig freie Wahl, welche Sachen des ungehorsamen Schuldners er pfänden wollte. Hatte er gewählt, und entstanden Zweifel über das Eigen- (r) L. 15 § 4 de re jud. (42. 1) ".. ipsos, qui rem judicatam ex- sequuntur, cognoscere debere de proprietate, et si cognove- rint, ejus fuisse, qui condemna- tus est, rem judicatam exse- quentur. Sedsciendum est, sum- matim eos cognoscere debere, nec sententiam eorum posse de- bitori praejudicare, si forte di- mittendam eam rem putave- rint, quasi ejus sit, qui contro- versiam movit, non ejus, cujus nomine capta est ... Sed il- lud debet dici, ubi controversia est de pignore, id dimitti de- bere, et capi aliud, si quod est sine controversia." (s) Buchka B. 1 S. 308.
§. 298. Einrede. Legitimationspunkt. das Eigenthum einer abgepfändeten Sache für ſich in An-ſpruch nimmt, ſo ſoll dieſer neue Anſpruch obenhin (sum- matim) geprüft werden. Wird derſelbe offenbar ungegrün- det befunden, ſo wird das eingeſchlagene Verfahren fortge- ſetzt; bleibt die Frage zweifelhaft, ſo ſoll die Pfändung an dieſer ſtreitigen Sache aufgegeben, und an deren Stelle eine andere, unſtreitige Sache geſetzt werden. In keinem Fall aber ſoll dieſe richterliche Verfügung auf die künftige Entſcheidung über das Eigenthum jener ſtreitigen Sache irgend einen Einfluß haben (r). Dieſe letzte Beſtimmung nun wird wieder als Beweis geltend gemacht, daß die Römer der Entſcheidung über den Legitimationspunkt niemals die Rechtskraft beigelegt hätten (s). Allein in dem hier vorausgeſetzten Fall war ja über das Eigenthum der abgepfändeten Sache noch gar kein eigentlicher Rechts- ſtreit unter den betheiligten Parteien geführt worden. Der Richter hatte von Anfang an völlig freie Wahl, welche Sachen des ungehorſamen Schuldners er pfänden wollte. Hatte er gewählt, und entſtanden Zweifel über das Eigen- (r) L. 15 § 4 de re jud. (42. 1) „.. ipsos, qui rem judicatam ex- sequuntur, cognoscere debere de proprietate, et si cognove- rint, ejus fuisse, qui condemna- tus est, rem judicatam exse- quentur. Sedsciendum est, sum- matim eos cognoscere debere, nec sententiam eorum posse de- bitori praejudicare, si forte di- mittendam eam rem putave- rint, quasi ejus sit, qui contro- versiam movit, non ejus, cujus nomine capta est … Sed il- lud debet dici, ubi controversia est de pignore, id dimitti de- bere, et capi aliud, si quod est sine controversia.“ (s) Buchka B. 1 S. 308.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0457" n="439"/><fw place="top" type="header">§. 298. Einrede. Legitimationspunkt.</fw><lb/> das Eigenthum einer abgepfändeten Sache für ſich in An-<lb/> ſpruch nimmt, ſo ſoll dieſer neue Anſpruch obenhin <hi rendition="#aq">(sum-<lb/> matim)</hi> geprüft werden. Wird derſelbe offenbar ungegrün-<lb/> det befunden, ſo wird das eingeſchlagene Verfahren fortge-<lb/> ſetzt; bleibt die Frage zweifelhaft, ſo ſoll die Pfändung<lb/> an dieſer ſtreitigen Sache aufgegeben, und an deren Stelle<lb/> eine andere, unſtreitige Sache geſetzt werden. In keinem<lb/> Fall aber ſoll dieſe richterliche Verfügung auf die künftige<lb/> Entſcheidung über das Eigenthum jener ſtreitigen Sache<lb/> irgend einen Einfluß haben <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 15 § 4 <hi rendition="#i">de re jud.</hi> (42. 1)<lb/> „.. ipsos, qui rem judicatam ex-<lb/> sequuntur, cognoscere debere<lb/> de proprietate, et si cognove-<lb/> rint, ejus fuisse, qui condemna-<lb/> tus est, rem judicatam exse-<lb/> quentur. Sedsciendum est, <hi rendition="#i">sum-<lb/> matim</hi> eos cognoscere debere,<lb/> nec sententiam eorum posse de-<lb/> bitori praejudicare, si forte di-<lb/> mittendam eam rem putave-<lb/> rint, quasi ejus sit, qui contro-<lb/> versiam movit, non ejus, cujus<lb/> nomine capta est … Sed il-<lb/> lud debet dici, ubi controversia<lb/> est de pignore, id dimitti de-<lb/> bere, et capi aliud, si quod<lb/> est sine controversia.“</hi></note>. Dieſe letzte Beſtimmung<lb/> nun wird wieder als Beweis geltend gemacht, daß die<lb/> Römer der Entſcheidung über den Legitimationspunkt<lb/> niemals die Rechtskraft beigelegt hätten <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#g">Buchka</hi> B. 1 S. 308.</note>. Allein in<lb/> dem hier vorausgeſetzten Fall war ja über das Eigenthum<lb/> der abgepfändeten Sache noch gar kein eigentlicher Rechts-<lb/> ſtreit unter den betheiligten Parteien geführt worden. Der<lb/> Richter hatte von Anfang an völlig freie Wahl, welche<lb/> Sachen des ungehorſamen Schuldners er pfänden wollte.<lb/> Hatte er gewählt, und entſtanden Zweifel über das Eigen-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [439/0457]
§. 298. Einrede. Legitimationspunkt.
das Eigenthum einer abgepfändeten Sache für ſich in An-
ſpruch nimmt, ſo ſoll dieſer neue Anſpruch obenhin (sum-
matim) geprüft werden. Wird derſelbe offenbar ungegrün-
det befunden, ſo wird das eingeſchlagene Verfahren fortge-
ſetzt; bleibt die Frage zweifelhaft, ſo ſoll die Pfändung
an dieſer ſtreitigen Sache aufgegeben, und an deren Stelle
eine andere, unſtreitige Sache geſetzt werden. In keinem
Fall aber ſoll dieſe richterliche Verfügung auf die künftige
Entſcheidung über das Eigenthum jener ſtreitigen Sache
irgend einen Einfluß haben (r). Dieſe letzte Beſtimmung
nun wird wieder als Beweis geltend gemacht, daß die
Römer der Entſcheidung über den Legitimationspunkt
niemals die Rechtskraft beigelegt hätten (s). Allein in
dem hier vorausgeſetzten Fall war ja über das Eigenthum
der abgepfändeten Sache noch gar kein eigentlicher Rechts-
ſtreit unter den betheiligten Parteien geführt worden. Der
Richter hatte von Anfang an völlig freie Wahl, welche
Sachen des ungehorſamen Schuldners er pfänden wollte.
Hatte er gewählt, und entſtanden Zweifel über das Eigen-
(r) L. 15 § 4 de re jud. (42. 1)
„.. ipsos, qui rem judicatam ex-
sequuntur, cognoscere debere
de proprietate, et si cognove-
rint, ejus fuisse, qui condemna-
tus est, rem judicatam exse-
quentur. Sedsciendum est, sum-
matim eos cognoscere debere,
nec sententiam eorum posse de-
bitori praejudicare, si forte di-
mittendam eam rem putave-
rint, quasi ejus sit, qui contro-
versiam movit, non ejus, cujus
nomine capta est … Sed il-
lud debet dici, ubi controversia
est de pignore, id dimitti de-
bere, et capi aliud, si quod
est sine controversia.“
(s) Buchka B. 1 S. 308.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |