Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 295. Wirkungen der Rechtskraft.

Etwas, aber nicht viel, anders verhält es sich mit der
Actio judicati. Allerdings enthält diese insofern ein neues
materielles Rechtsinstitut, als ihr eine eigenthümliche Obli-
gation zum Grunde liegt, welche jedoch selbst nur die Ent-
wicklung und Vollendung der, durch die Litiscontestation
begründeten Obligation ist (d). Indessen hat diese Obli-
gation keinen anderen Stoff, als die Execution, und so ist
sie selbst doch eigentlich nur eine andere Form der Execu-
tion, mit welcher sie daher die wesentlich prozessualische
Natur theilt (e). -- So haben denn auch die meisten Ei-
genthümlichkeiten, die man als Privilegien dieser Klage
bezeichnen kann, eine überwiegend prozessualische Beschaf-
fenheit (f). Eine derselben, die ganz in das materielle
Recht gehört, muß jedoch noch besonders hervorgehoben
werden: diese betrifft die Urtheilszinsen.


(d) S. o. § 258 S. 32. 33.
Viele Stellen, die von dieser
Obligation handeln, sind zusam-
mengestellt bei Keller S. 199
Note 3.
(e) Ein großer Theil des Di-
gestentitels de re judicata (42.
1) handelt von der actio judi-
cati,
deren allgemeine Natur in
folgenden Stellen angegeben wird:
L. 4. 5. 6. 7. 41 § 2. 43. 44.
61 de re jud.
(42. 1). Bei
den neueren Juristen ist oft noch
neben dieser Klage von einer be-
sonderen imploratio officii judi-
cis
die Rede, die aber im Grunde
immer wieder die actio judicati
ist, wenn sie auch vielleicht weniger
förmlich erscheint. Vgl. Buchka
B. 2 S. 214. -- Anders freilich
verhält es sich in der besonderen
Prozeßgesetzgebung mancher Länder,
worin verschiedene Stufen dieser
Rechtsverfolgung vorgeschrieben
sind. So in der Preußischen Allg.
Gerichtsordnung Th. 1. Tit. 24
§ 3 Tit. 28 § 14.
(f) Dahin gehört im älteren
Recht die Strafe der doppelten
Zahlung bei Ableugnung des Ur-
theils, ferner die manus injec-
tio,
die satisdatio, ein besonderes
vadimonium. Gajus IV. § 9.
21. 25. 102. 186.
§. 295. Wirkungen der Rechtskraft.

Etwas, aber nicht viel, anders verhält es ſich mit der
Actio judicati. Allerdings enthält dieſe inſofern ein neues
materielles Rechtsinſtitut, als ihr eine eigenthümliche Obli-
gation zum Grunde liegt, welche jedoch ſelbſt nur die Ent-
wicklung und Vollendung der, durch die Litisconteſtation
begründeten Obligation iſt (d). Indeſſen hat dieſe Obli-
gation keinen anderen Stoff, als die Execution, und ſo iſt
ſie ſelbſt doch eigentlich nur eine andere Form der Execu-
tion, mit welcher ſie daher die weſentlich prozeſſualiſche
Natur theilt (e). — So haben denn auch die meiſten Ei-
genthümlichkeiten, die man als Privilegien dieſer Klage
bezeichnen kann, eine überwiegend prozeſſualiſche Beſchaf-
fenheit (f). Eine derſelben, die ganz in das materielle
Recht gehört, muß jedoch noch beſonders hervorgehoben
werden: dieſe betrifft die Urtheilszinſen.


(d) S. o. § 258 S. 32. 33.
Viele Stellen, die von dieſer
Obligation handeln, ſind zuſam-
mengeſtellt bei Keller S. 199
Note 3.
(e) Ein großer Theil des Di-
geſtentitels de re judicata (42.
1) handelt von der actio judi-
cati,
deren allgemeine Natur in
folgenden Stellen angegeben wird:
L. 4. 5. 6. 7. 41 § 2. 43. 44.
61 de re jud.
(42. 1). Bei
den neueren Juriſten iſt oft noch
neben dieſer Klage von einer be-
ſonderen imploratio officii judi-
cis
die Rede, die aber im Grunde
immer wieder die actio judicati
iſt, wenn ſie auch vielleicht weniger
förmlich erſcheint. Vgl. Buchka
B. 2 S. 214. — Anders freilich
verhält es ſich in der beſonderen
Prozeßgeſetzgebung mancher Länder,
worin verſchiedene Stufen dieſer
Rechtsverfolgung vorgeſchrieben
ſind. So in der Preußiſchen Allg.
Gerichtsordnung Th. 1. Tit. 24
§ 3 Tit. 28 § 14.
(f) Dahin gehört im älteren
Recht die Strafe der doppelten
Zahlung bei Ableugnung des Ur-
theils, ferner die manus injec-
tio,
die satisdatio, ein beſonderes
vadimonium. Gajus IV. § 9.
21. 25. 102. 186.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0429" n="411"/>
            <fw place="top" type="header">§. 295. Wirkungen der Rechtskraft.</fw><lb/>
            <p>Etwas, aber nicht viel, anders verhält es &#x017F;ich mit der<lb/><hi rendition="#aq">Actio judicati.</hi> Allerdings enthält die&#x017F;e in&#x017F;ofern ein neues<lb/>
materielles Rechtsin&#x017F;titut, als ihr eine eigenthümliche Obli-<lb/>
gation zum Grunde liegt, welche jedoch &#x017F;elb&#x017F;t nur die Ent-<lb/>
wicklung und Vollendung der, durch die Litisconte&#x017F;tation<lb/>
begründeten Obligation i&#x017F;t <note place="foot" n="(d)">S. o. § 258 S. 32. 33.<lb/>
Viele Stellen, die von die&#x017F;er<lb/>
Obligation handeln, &#x017F;ind zu&#x017F;am-<lb/>
menge&#x017F;tellt bei <hi rendition="#g">Keller</hi> S. 199<lb/>
Note 3.</note>. Inde&#x017F;&#x017F;en hat die&#x017F;e Obli-<lb/>
gation keinen anderen Stoff, als die Execution, und &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t doch eigentlich nur eine andere Form der Execu-<lb/>
tion, mit welcher &#x017F;ie daher die we&#x017F;entlich proze&#x017F;&#x017F;uali&#x017F;che<lb/>
Natur theilt <note place="foot" n="(e)">Ein großer Theil des Di-<lb/>
ge&#x017F;tentitels <hi rendition="#aq">de re judicata</hi> (42.<lb/>
1) handelt von der <hi rendition="#aq">actio judi-<lb/>
cati,</hi> deren allgemeine Natur in<lb/>
folgenden Stellen angegeben wird:<lb/><hi rendition="#aq">L. 4. 5. 6. 7. 41 § 2. 43. 44.<lb/>
61 <hi rendition="#i">de re jud.</hi></hi> (42. 1). Bei<lb/>
den neueren Juri&#x017F;ten i&#x017F;t oft noch<lb/>
neben die&#x017F;er Klage von einer be-<lb/>
&#x017F;onderen <hi rendition="#aq">imploratio officii judi-<lb/>
cis</hi> die Rede, die aber im Grunde<lb/>
immer wieder die <hi rendition="#aq">actio judicati</hi><lb/>
i&#x017F;t, wenn &#x017F;ie auch vielleicht weniger<lb/>
förmlich er&#x017F;cheint. Vgl. <hi rendition="#g">Buchka</hi><lb/>
B. 2 S. 214. &#x2014; Anders freilich<lb/>
verhält es &#x017F;ich in der be&#x017F;onderen<lb/>
Prozeßge&#x017F;etzgebung mancher Länder,<lb/>
worin ver&#x017F;chiedene Stufen die&#x017F;er<lb/>
Rechtsverfolgung vorge&#x017F;chrieben<lb/>
&#x017F;ind. So in der Preußi&#x017F;chen Allg.<lb/>
Gerichtsordnung Th. 1. Tit. 24<lb/>
§ 3 Tit. 28 § 14.</note>. &#x2014; So haben denn auch die mei&#x017F;ten Ei-<lb/>
genthümlichkeiten, die man als Privilegien die&#x017F;er Klage<lb/>
bezeichnen kann, eine überwiegend proze&#x017F;&#x017F;uali&#x017F;che Be&#x017F;chaf-<lb/>
fenheit <note place="foot" n="(f)">Dahin gehört im älteren<lb/>
Recht die Strafe der doppelten<lb/>
Zahlung bei Ableugnung des Ur-<lb/>
theils, ferner die <hi rendition="#aq">manus injec-<lb/>
tio,</hi> die <hi rendition="#aq">satisdatio,</hi> ein be&#x017F;onderes<lb/><hi rendition="#aq">vadimonium. <hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 9.<lb/>
21. 25. 102. 186.</note>. Eine der&#x017F;elben, die ganz in das materielle<lb/>
Recht gehört, muß jedoch noch be&#x017F;onders hervorgehoben<lb/>
werden: die&#x017F;e betrifft die <hi rendition="#g">Urtheilszin&#x017F;en</hi>.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[411/0429] §. 295. Wirkungen der Rechtskraft. Etwas, aber nicht viel, anders verhält es ſich mit der Actio judicati. Allerdings enthält dieſe inſofern ein neues materielles Rechtsinſtitut, als ihr eine eigenthümliche Obli- gation zum Grunde liegt, welche jedoch ſelbſt nur die Ent- wicklung und Vollendung der, durch die Litisconteſtation begründeten Obligation iſt (d). Indeſſen hat dieſe Obli- gation keinen anderen Stoff, als die Execution, und ſo iſt ſie ſelbſt doch eigentlich nur eine andere Form der Execu- tion, mit welcher ſie daher die weſentlich prozeſſualiſche Natur theilt (e). — So haben denn auch die meiſten Ei- genthümlichkeiten, die man als Privilegien dieſer Klage bezeichnen kann, eine überwiegend prozeſſualiſche Beſchaf- fenheit (f). Eine derſelben, die ganz in das materielle Recht gehört, muß jedoch noch beſonders hervorgehoben werden: dieſe betrifft die Urtheilszinſen. (d) S. o. § 258 S. 32. 33. Viele Stellen, die von dieſer Obligation handeln, ſind zuſam- mengeſtellt bei Keller S. 199 Note 3. (e) Ein großer Theil des Di- geſtentitels de re judicata (42. 1) handelt von der actio judi- cati, deren allgemeine Natur in folgenden Stellen angegeben wird: L. 4. 5. 6. 7. 41 § 2. 43. 44. 61 de re jud. (42. 1). Bei den neueren Juriſten iſt oft noch neben dieſer Klage von einer be- ſonderen imploratio officii judi- cis die Rede, die aber im Grunde immer wieder die actio judicati iſt, wenn ſie auch vielleicht weniger förmlich erſcheint. Vgl. Buchka B. 2 S. 214. — Anders freilich verhält es ſich in der beſonderen Prozeßgeſetzgebung mancher Länder, worin verſchiedene Stufen dieſer Rechtsverfolgung vorgeſchrieben ſind. So in der Preußiſchen Allg. Gerichtsordnung Th. 1. Tit. 24 § 3 Tit. 28 § 14. (f) Dahin gehört im älteren Recht die Strafe der doppelten Zahlung bei Ableugnung des Ur- theils, ferner die manus injec- tio, die satisdatio, ein beſonderes vadimonium. Gajus IV. § 9. 21. 25. 102. 186.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/429
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/429>, abgerufen am 22.11.2024.