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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 294. Rechtskraft der Gründe. Preußisches Recht.
grund, eine endliche Entscheidung der ganzen Sache
herbeigeführt werden kann, so daß dann eine Prüfung der
Wahrheit, oder Unwahrheit des Klagegrundes unnöthig
wird. Es gehören dahin die sogenannten exceptiones litis
finitae,
aber eben so auch die sogenannten exceptiones litis
ingressum impedientes,
ferner die exceptio deficientis
legitimationis ad causam,
und andere mehr. Von allen
diesen wird ausdrücklich gesagt, daß sie ganz auf gleiche
Weise behandelt werden sollen, und zwar nach dem oben
aufgestellten Unterschied (g). Sind sie schneller, als die
Hauptsache, spruchreif zu machen, so wird über sie durch
ein besonderes Urtheil entschieden, das also jedem mög-
lichen Urtheil über den Klagegrund vorhergeht (h). Stehen
sie mit der Hauptsache "ungefähr in gleichem Verhältniß",
so werden sie mit der Hauptsache zugleich abgeurtelt, und
auf die Einrichtung des Urtheils in diesem Falle geht eben
der oben mitgetheilte § 36, der also den Ausdruck: Präju-
dicialfragen
, in der größten denkbaren Ausdehnung
nimmt (i).


(g) Über diese, nach der Vor-
schrift des Gesetzes völlig gleich-
artige Behandlung aller hier auf-
gezählten Fälle lassen keinen
Zweifel die § 79--81 b. (G. O.
I. 10), verglichen mit § 62--78 b.
(h) Gerade aus diesem Um-
stand, daß über solche Fragen ab-
gesondert und vorhergehend
verhandelt und entschieden wird,
oder doch werden kann, erklärt und
rechtfertigt sich die allgemeine Be-
zeichnung derselben als Präju-
dicialfragen
.
(i) Im § 81 a. heißt die le-
gitimatio ad causam
ein Prä-
judicialpunkt
, und das Mar-
ginale: Andere Präjudicial-
punkte
bei § 81 b. sagt deutlich
genug, daß alle vorhergehenden
Fälle als Präjudicialpunkte ange-
sehen werden, wozu auch der Name
vollkommen paßt. Über den Aus-
druck: Präjudicialfragen oder

§. 294. Rechtskraft der Gründe. Preußiſches Recht.
grund, eine endliche Entſcheidung der ganzen Sache
herbeigeführt werden kann, ſo daß dann eine Prüfung der
Wahrheit, oder Unwahrheit des Klagegrundes unnöthig
wird. Es gehören dahin die ſogenannten exceptiones litis
finitae,
aber eben ſo auch die ſogenannten exceptiones litis
ingressum impedientes,
ferner die exceptio deficientis
legitimationis ad causam,
und andere mehr. Von allen
dieſen wird ausdrücklich geſagt, daß ſie ganz auf gleiche
Weiſe behandelt werden ſollen, und zwar nach dem oben
aufgeſtellten Unterſchied (g). Sind ſie ſchneller, als die
Hauptſache, ſpruchreif zu machen, ſo wird über ſie durch
ein beſonderes Urtheil entſchieden, das alſo jedem mög-
lichen Urtheil über den Klagegrund vorhergeht (h). Stehen
ſie mit der Hauptſache „ungefähr in gleichem Verhältniß“,
ſo werden ſie mit der Hauptſache zugleich abgeurtelt, und
auf die Einrichtung des Urtheils in dieſem Falle geht eben
der oben mitgetheilte § 36, der alſo den Ausdruck: Präju-
dicialfragen
, in der größten denkbaren Ausdehnung
nimmt (i).


(g) Über dieſe, nach der Vor-
ſchrift des Geſetzes völlig gleich-
artige Behandlung aller hier auf-
gezählten Fälle laſſen keinen
Zweifel die § 79—81 b. (G. O.
I. 10), verglichen mit § 62—78 b.
(h) Gerade aus dieſem Um-
ſtand, daß über ſolche Fragen ab-
geſondert und vorhergehend
verhandelt und entſchieden wird,
oder doch werden kann, erklärt und
rechtfertigt ſich die allgemeine Be-
zeichnung derſelben als Präju-
dicialfragen
.
(i) Im § 81 a. heißt die le-
gitimatio ad causam
ein Prä-
judicialpunkt
, und das Mar-
ginale: Andere Präjudicial-
punkte
bei § 81 b. ſagt deutlich
genug, daß alle vorhergehenden
Fälle als Präjudicialpunkte ange-
ſehen werden, wozu auch der Name
vollkommen paßt. Über den Aus-
druck: Präjudicialfragen oder
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[399/0417] §. 294. Rechtskraft der Gründe. Preußiſches Recht. grund, eine endliche Entſcheidung der ganzen Sache herbeigeführt werden kann, ſo daß dann eine Prüfung der Wahrheit, oder Unwahrheit des Klagegrundes unnöthig wird. Es gehören dahin die ſogenannten exceptiones litis finitae, aber eben ſo auch die ſogenannten exceptiones litis ingressum impedientes, ferner die exceptio deficientis legitimationis ad causam, und andere mehr. Von allen dieſen wird ausdrücklich geſagt, daß ſie ganz auf gleiche Weiſe behandelt werden ſollen, und zwar nach dem oben aufgeſtellten Unterſchied (g). Sind ſie ſchneller, als die Hauptſache, ſpruchreif zu machen, ſo wird über ſie durch ein beſonderes Urtheil entſchieden, das alſo jedem mög- lichen Urtheil über den Klagegrund vorhergeht (h). Stehen ſie mit der Hauptſache „ungefähr in gleichem Verhältniß“, ſo werden ſie mit der Hauptſache zugleich abgeurtelt, und auf die Einrichtung des Urtheils in dieſem Falle geht eben der oben mitgetheilte § 36, der alſo den Ausdruck: Präju- dicialfragen, in der größten denkbaren Ausdehnung nimmt (i). (g) Über dieſe, nach der Vor- ſchrift des Geſetzes völlig gleich- artige Behandlung aller hier auf- gezählten Fälle laſſen keinen Zweifel die § 79—81 b. (G. O. I. 10), verglichen mit § 62—78 b. (h) Gerade aus dieſem Um- ſtand, daß über ſolche Fragen ab- geſondert und vorhergehend verhandelt und entſchieden wird, oder doch werden kann, erklärt und rechtfertigt ſich die allgemeine Be- zeichnung derſelben als Präju- dicialfragen. (i) Im § 81 a. heißt die le- gitimatio ad causam ein Prä- judicialpunkt, und das Mar- ginale: Andere Präjudicial- punkte bei § 81 b. ſagt deutlich genug, daß alle vorhergehenden Fälle als Präjudicialpunkte ange- ſehen werden, wozu auch der Name vollkommen paßt. Über den Aus- druck: Präjudicialfragen oder

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/417>, abgerufen am 23.07.2024.