Vielmehr müssen dahin auch solche Fälle gerechnet werden, die oben als unächte Exceptionen bezeichnet worden sind, also namentlich die Fälle der relativen Verneinung, d. h. der absoluten Vernichtung eines früher vorhandenen Rechts des Klägers (§ 225).
Wird daher einer persönlichen Klage die Einrede der Compensation entgegengesetzt, welches eine wahre Ex- ception ist, so wird allerdings die Zulassung, oder Verwer- fung dieser Exception (also dieser Grund der Freisprechung, oder der Verurtheilung) rechtskräftig. Aber nicht minder wird rechtskräftig die Zulassung, oder Verwerfung der vom Beklagten vorgeschützten Einrede der Zahlung, obgleich diese keine wahre Exception im Römischen Sinn des Wortes ist. Genau so verhält es sich auch mit der Eigen- thumsklage, wenn derselben die fälschlich sogenannte exceptio recentioris dominii entgegengesetzt wird, d. h. die Behauptung des Beklagten, daß das früher wirklich vor- handene Eigenthum des Klägers durch ein späteres Ereig- niß verloren worden sey. Auch in diesen Fällen also muß die Rechtskraft der objectiven Gründe in der That behauptet werden.
Ja selbst auf diese, der wahren Exception näher stehenden, Fälle der relativen Verneinung dürfen wir uns nicht be- schränken, wir müssen vielmehr noch einen Schritt weiter gehen. Wenn nämlich in einer Klage aus Eigenthum, oder Erbrecht der Beklagte gar nicht behauptet, das früher vor- handene Recht des Gegners sey später zerstört worden,
§. 291. Rechtskraft der Gründe.
Vielmehr müſſen dahin auch ſolche Fälle gerechnet werden, die oben als unächte Exceptionen bezeichnet worden ſind, alſo namentlich die Fälle der relativen Verneinung, d. h. der abſoluten Vernichtung eines früher vorhandenen Rechts des Klägers (§ 225).
Wird daher einer perſönlichen Klage die Einrede der Compenſation entgegengeſetzt, welches eine wahre Ex- ception iſt, ſo wird allerdings die Zulaſſung, oder Verwer- fung dieſer Exception (alſo dieſer Grund der Freiſprechung, oder der Verurtheilung) rechtskräftig. Aber nicht minder wird rechtskräftig die Zulaſſung, oder Verwerfung der vom Beklagten vorgeſchützten Einrede der Zahlung, obgleich dieſe keine wahre Exception im Römiſchen Sinn des Wortes iſt. Genau ſo verhält es ſich auch mit der Eigen- thumsklage, wenn derſelben die fälſchlich ſogenannte exceptio recentioris dominii entgegengeſetzt wird, d. h. die Behauptung des Beklagten, daß das früher wirklich vor- handene Eigenthum des Klägers durch ein ſpäteres Ereig- niß verloren worden ſey. Auch in dieſen Fällen alſo muß die Rechtskraft der objectiven Gründe in der That behauptet werden.
Ja ſelbſt auf dieſe, der wahren Exception näher ſtehenden, Fälle der relativen Verneinung dürfen wir uns nicht be- ſchränken, wir müſſen vielmehr noch einen Schritt weiter gehen. Wenn nämlich in einer Klage aus Eigenthum, oder Erbrecht der Beklagte gar nicht behauptet, das früher vor- handene Recht des Gegners ſey ſpäter zerſtört worden,
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§. 291. Rechtskraft der Gründe.
Vielmehr müſſen dahin auch ſolche Fälle gerechnet werden,
die oben als unächte Exceptionen bezeichnet worden ſind,
alſo namentlich die Fälle der relativen Verneinung, d. h.
der abſoluten Vernichtung eines früher vorhandenen Rechts
des Klägers (§ 225).
Wird daher einer perſönlichen Klage die Einrede der
Compenſation entgegengeſetzt, welches eine wahre Ex-
ception iſt, ſo wird allerdings die Zulaſſung, oder Verwer-
fung dieſer Exception (alſo dieſer Grund der Freiſprechung,
oder der Verurtheilung) rechtskräftig. Aber nicht minder
wird rechtskräftig die Zulaſſung, oder Verwerfung der vom
Beklagten vorgeſchützten Einrede der Zahlung, obgleich
dieſe keine wahre Exception im Römiſchen Sinn des
Wortes iſt. Genau ſo verhält es ſich auch mit der Eigen-
thumsklage, wenn derſelben die fälſchlich ſogenannte
exceptio recentioris dominii entgegengeſetzt wird, d. h. die
Behauptung des Beklagten, daß das früher wirklich vor-
handene Eigenthum des Klägers durch ein ſpäteres Ereig-
niß verloren worden ſey. Auch in dieſen Fällen alſo muß
die Rechtskraft der objectiven Gründe in der That behauptet
werden.
Ja ſelbſt auf dieſe, der wahren Exception näher ſtehenden,
Fälle der relativen Verneinung dürfen wir uns nicht be-
ſchränken, wir müſſen vielmehr noch einen Schritt weiter
gehen. Wenn nämlich in einer Klage aus Eigenthum, oder
Erbrecht der Beklagte gar nicht behauptet, das früher vor-
handene Recht des Gegners ſey ſpäter zerſtört worden,
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/381>, abgerufen am 24.11.2024.
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