Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
angedeutete Einrichtung, bei welcher nur das Finden des
unabänderlichen Urtheils unter mehrere Stufen richterlicher
Thätigkeit vertheilt wird. Ein solches Verfahren läßt sich
bei guter Rechtspflege in mäßige Zeitgränzen einschließen,
und es wird dann stets in nicht entfernter Zeit ein Zu-
stand eintreten, in welchem die wünschenswerthe unzweifel-
hafte Rechtssicherheit wirklich erreicht ist.

Die großen Vortheile einer solchen Einrichtung für die
Abwendung ungerechter Urtheile werden durch folgende Be-
trachtung einleuchten. Zunächst ist schon die blos wieder-
holte Prüfung eines Rechtsstreits an sich selbst ein wirk-
sames Mittel sowohl für die Parteien, als für den Richter,
zu einer vielseitigen Einsicht in das Wesen eines streitigen
Rechtsverhältnisses zu gelangen. Dazu kommt aber zwei-
tens der noch größere Vortheil, daß es bei dieser Einrich-
tung möglich wird, die letzte Entscheidung in einem zahl-
reichen, mit größter Sorgfalt besetzten Gericht zu concen-
triren, welches dann eine höhere Sicherheit für die gründ-
liche Urtheilsfindung gewährt.

Der üblichste Kunstausdruck, der in unsrer neueren
Rechtssprache zur Bezeichnung dieser Einrichtung gebraucht
wird, ist folgender. Wir nennen Instanzen die ein-
zelnen Stufen richterlicher Prüfung und Entscheidung. In
der Regel sind diese verbunden mit der Unterordnung eines
Gerichts unter das andere (niedere und höhere Instanz).
Es kann aber auch bei demselben Gericht unter gewissen
Bedingungen eine solche wiederholte Prüfung vor sich gehen.


Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
angedeutete Einrichtung, bei welcher nur das Finden des
unabänderlichen Urtheils unter mehrere Stufen richterlicher
Thätigkeit vertheilt wird. Ein ſolches Verfahren läßt ſich
bei guter Rechtspflege in mäßige Zeitgränzen einſchließen,
und es wird dann ſtets in nicht entfernter Zeit ein Zu-
ſtand eintreten, in welchem die wünſchenswerthe unzweifel-
hafte Rechtsſicherheit wirklich erreicht iſt.

Die großen Vortheile einer ſolchen Einrichtung für die
Abwendung ungerechter Urtheile werden durch folgende Be-
trachtung einleuchten. Zunächſt iſt ſchon die blos wieder-
holte Prüfung eines Rechtsſtreits an ſich ſelbſt ein wirk-
ſames Mittel ſowohl für die Parteien, als für den Richter,
zu einer vielſeitigen Einſicht in das Weſen eines ſtreitigen
Rechtsverhältniſſes zu gelangen. Dazu kommt aber zwei-
tens der noch größere Vortheil, daß es bei dieſer Einrich-
tung möglich wird, die letzte Entſcheidung in einem zahl-
reichen, mit größter Sorgfalt beſetzten Gericht zu concen-
triren, welches dann eine höhere Sicherheit für die gründ-
liche Urtheilsfindung gewährt.

Der üblichſte Kunſtausdruck, der in unſrer neueren
Rechtsſprache zur Bezeichnung dieſer Einrichtung gebraucht
wird, iſt folgender. Wir nennen Inſtanzen die ein-
zelnen Stufen richterlicher Prüfung und Entſcheidung. In
der Regel ſind dieſe verbunden mit der Unterordnung eines
Gerichts unter das andere (niedere und höhere Inſtanz).
Es kann aber auch bei demſelben Gericht unter gewiſſen
Bedingungen eine ſolche wiederholte Prüfung vor ſich gehen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0308" n="290"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/>
angedeutete Einrichtung, bei welcher nur das Finden des<lb/>
unabänderlichen Urtheils unter mehrere Stufen richterlicher<lb/>
Thätigkeit vertheilt wird. Ein &#x017F;olches Verfahren läßt &#x017F;ich<lb/>
bei guter Rechtspflege in mäßige Zeitgränzen ein&#x017F;chließen,<lb/>
und es wird dann &#x017F;tets in nicht entfernter Zeit ein Zu-<lb/>
&#x017F;tand eintreten, in welchem die wün&#x017F;chenswerthe unzweifel-<lb/>
hafte Rechts&#x017F;icherheit wirklich erreicht i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Die großen Vortheile einer &#x017F;olchen Einrichtung für die<lb/>
Abwendung ungerechter Urtheile werden durch folgende Be-<lb/>
trachtung einleuchten. Zunäch&#x017F;t i&#x017F;t &#x017F;chon die blos wieder-<lb/>
holte Prüfung eines Rechts&#x017F;treits an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ein wirk-<lb/>
&#x017F;ames Mittel &#x017F;owohl für die Parteien, als für den Richter,<lb/>
zu einer viel&#x017F;eitigen Ein&#x017F;icht in das We&#x017F;en eines &#x017F;treitigen<lb/>
Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;es zu gelangen. Dazu kommt aber zwei-<lb/>
tens der noch größere Vortheil, daß es bei die&#x017F;er Einrich-<lb/>
tung möglich wird, die letzte Ent&#x017F;cheidung in einem zahl-<lb/>
reichen, mit größter Sorgfalt be&#x017F;etzten Gericht zu concen-<lb/>
triren, welches dann eine höhere Sicherheit für die gründ-<lb/>
liche Urtheilsfindung gewährt.</p><lb/>
            <p>Der üblich&#x017F;te Kun&#x017F;tausdruck, der in un&#x017F;rer neueren<lb/>
Rechts&#x017F;prache zur Bezeichnung die&#x017F;er Einrichtung gebraucht<lb/>
wird, i&#x017F;t folgender. Wir nennen <hi rendition="#g">In&#x017F;tanzen</hi> die ein-<lb/>
zelnen Stufen richterlicher Prüfung und Ent&#x017F;cheidung. In<lb/>
der Regel &#x017F;ind die&#x017F;e verbunden mit der Unterordnung eines<lb/>
Gerichts unter das andere (niedere und höhere In&#x017F;tanz).<lb/>
Es kann aber auch bei dem&#x017F;elben Gericht unter gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Bedingungen eine &#x017F;olche wiederholte Prüfung vor &#x017F;ich gehen.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290/0308] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. angedeutete Einrichtung, bei welcher nur das Finden des unabänderlichen Urtheils unter mehrere Stufen richterlicher Thätigkeit vertheilt wird. Ein ſolches Verfahren läßt ſich bei guter Rechtspflege in mäßige Zeitgränzen einſchließen, und es wird dann ſtets in nicht entfernter Zeit ein Zu- ſtand eintreten, in welchem die wünſchenswerthe unzweifel- hafte Rechtsſicherheit wirklich erreicht iſt. Die großen Vortheile einer ſolchen Einrichtung für die Abwendung ungerechter Urtheile werden durch folgende Be- trachtung einleuchten. Zunächſt iſt ſchon die blos wieder- holte Prüfung eines Rechtsſtreits an ſich ſelbſt ein wirk- ſames Mittel ſowohl für die Parteien, als für den Richter, zu einer vielſeitigen Einſicht in das Weſen eines ſtreitigen Rechtsverhältniſſes zu gelangen. Dazu kommt aber zwei- tens der noch größere Vortheil, daß es bei dieſer Einrich- tung möglich wird, die letzte Entſcheidung in einem zahl- reichen, mit größter Sorgfalt beſetzten Gericht zu concen- triren, welches dann eine höhere Sicherheit für die gründ- liche Urtheilsfindung gewährt. Der üblichſte Kunſtausdruck, der in unſrer neueren Rechtsſprache zur Bezeichnung dieſer Einrichtung gebraucht wird, iſt folgender. Wir nennen Inſtanzen die ein- zelnen Stufen richterlicher Prüfung und Entſcheidung. In der Regel ſind dieſe verbunden mit der Unterordnung eines Gerichts unter das andere (niedere und höhere Inſtanz). Es kann aber auch bei demſelben Gericht unter gewiſſen Bedingungen eine ſolche wiederholte Prüfung vor ſich gehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/308
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/308>, abgerufen am 27.11.2024.