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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
abgestorben zu sein, so wie dürres Laub abfällt, wenn das
neue hervorwächst und zu vollständiger Entwicklung kommt.
Der Uebergang des alten ordo judiciorum in die extraor-
dinaria judicia
hat die Beseitigung der Klagenconsumtion
zwar nicht unmittelbar und mit Nothwendigkeit herbeige-
führt, aber ohne Zweifel befördert und beschleunigt. Denn
die Ausschließung einer Klage aus dem Grund ihrer frühe-
ren Consumtion setzt voraus, daß beide Klagen identisch
seyen; die Identität zweier Klagen aber wurde in den
meisten Fällen, und zugleich am leichtesten und sichersten,
erkannt mit Hülfe der Klagformeln, die zugleich mit dem
ordo judiciorum völlig verschwanden. Ganz anders ver-
hält es sich mit der Fiction der Wahrheit des Urtheils,
worauf die Einrede in ihrer neueren Gestalt beruht; denn
deren Anwendung setzt nur die Bekanntschaft mit dem In-
halt des Urtheils voraus, ist also mit jeder Form des Pro-
zeßverfahrens gleich vereinbar.

Insbesondere aber läßt sich bestimmt behaupten, daß
diejenige Consumtion, die im alten Recht bei manchen
Klagen nicht durch eine Einrede, sondern ipso jure eintrat
(§ 281), nach dem Untergang des ordo judiciorum gar
nicht mehr möglich war, also sogleich völlig verschwinden
mußte. Denn diese Art der Consumtion sollte nur ein-
treten bei Prozessen, die vor einem einzelnen, von der
Obrigkeit ernannten Judex geführt wurden, und in welchen
eine Formel mit juris civilis intentio vorkam (l); diese

(l) Gajus IV. § 107 vgl mit § 104.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
abgeſtorben zu ſein, ſo wie dürres Laub abfällt, wenn das
neue hervorwächſt und zu vollſtändiger Entwicklung kommt.
Der Uebergang des alten ordo judiciorum in die extraor-
dinaria judicia
hat die Beſeitigung der Klagenconſumtion
zwar nicht unmittelbar und mit Nothwendigkeit herbeige-
führt, aber ohne Zweifel befördert und beſchleunigt. Denn
die Ausſchließung einer Klage aus dem Grund ihrer frühe-
ren Conſumtion ſetzt voraus, daß beide Klagen identiſch
ſeyen; die Identität zweier Klagen aber wurde in den
meiſten Fällen, und zugleich am leichteſten und ſicherſten,
erkannt mit Hülfe der Klagformeln, die zugleich mit dem
ordo judiciorum völlig verſchwanden. Ganz anders ver-
hält es ſich mit der Fiction der Wahrheit des Urtheils,
worauf die Einrede in ihrer neueren Geſtalt beruht; denn
deren Anwendung ſetzt nur die Bekanntſchaft mit dem In-
halt des Urtheils voraus, iſt alſo mit jeder Form des Pro-
zeßverfahrens gleich vereinbar.

Insbeſondere aber läßt ſich beſtimmt behaupten, daß
diejenige Conſumtion, die im alten Recht bei manchen
Klagen nicht durch eine Einrede, ſondern ipso jure eintrat
(§ 281), nach dem Untergang des ordo judiciorum gar
nicht mehr möglich war, alſo ſogleich völlig verſchwinden
mußte. Denn dieſe Art der Conſumtion ſollte nur ein-
treten bei Prozeſſen, die vor einem einzelnen, von der
Obrigkeit ernannten Judex geführt wurden, und in welchen
eine Formel mit juris civilis intentio vorkam (l); dieſe

(l) Gajus IV. § 107 vgl mit § 104.
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[278/0296] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. abgeſtorben zu ſein, ſo wie dürres Laub abfällt, wenn das neue hervorwächſt und zu vollſtändiger Entwicklung kommt. Der Uebergang des alten ordo judiciorum in die extraor- dinaria judicia hat die Beſeitigung der Klagenconſumtion zwar nicht unmittelbar und mit Nothwendigkeit herbeige- führt, aber ohne Zweifel befördert und beſchleunigt. Denn die Ausſchließung einer Klage aus dem Grund ihrer frühe- ren Conſumtion ſetzt voraus, daß beide Klagen identiſch ſeyen; die Identität zweier Klagen aber wurde in den meiſten Fällen, und zugleich am leichteſten und ſicherſten, erkannt mit Hülfe der Klagformeln, die zugleich mit dem ordo judiciorum völlig verſchwanden. Ganz anders ver- hält es ſich mit der Fiction der Wahrheit des Urtheils, worauf die Einrede in ihrer neueren Geſtalt beruht; denn deren Anwendung ſetzt nur die Bekanntſchaft mit dem In- halt des Urtheils voraus, iſt alſo mit jeder Form des Pro- zeßverfahrens gleich vereinbar. Insbeſondere aber läßt ſich beſtimmt behaupten, daß diejenige Conſumtion, die im alten Recht bei manchen Klagen nicht durch eine Einrede, ſondern ipso jure eintrat (§ 281), nach dem Untergang des ordo judiciorum gar nicht mehr möglich war, alſo ſogleich völlig verſchwinden mußte. Denn dieſe Art der Conſumtion ſollte nur ein- treten bei Prozeſſen, die vor einem einzelnen, von der Obrigkeit ernannten Judex geführt wurden, und in welchen eine Formel mit juris civilis intentio vorkam (l); dieſe (l) Gajus IV. § 107 vgl mit § 104.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/296>, abgerufen am 25.11.2024.