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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

Wenn nun so eben behauptet worden ist, daß der Begriff
der Litiscontestation von allen, selbst den neuesten, Schrift-
stellern festgehalten und nur auf verschiedene Weise bestimmt
worden sey, so ist davon noch ganz unabhängig die Frage,
ob auch noch im heutigen gemeinen Recht die darzustel-
lenden einzelnen Wirkungen an die Litiscontestation ange-
knüpft sind. Es läßt sich nämlich sehr wohl die Behaup-
tung denken, es sey zwar ein bestimmter, auf der nachzu-
weisenden Entwicklung des Römischen Rechts beruhender,
Begriff der Litiscontestation auch für uns vorhanden; allein
die Wirkungen, die das Römische Recht an die Litiscon-
testation knüpft, seyen in dem heutigen Recht, alle oder
zum Theil, auf eine andere Prozeßhandlung übergegangen.
Nach dieser möglichen Behauptung wäre mithin ein anderer
Zeitpunkt für den Anfang des Rechtsstreits anzunehmen,
sey es allgemein, oder wenigstens in Beziehung auf ein-
zelne Wirkungen die das Römische Recht an die Litis-
contestation anknüpft.

Da die Untersuchung dieser höchst wichtigen Frage mit
den einzelnen Wirkungen in Verbindung steht, so kann die-
selbe auf befriedigende Weise erst am Schluß der ganzen
Lehre von der Litiscontestation unternommen werden (a).



(a) Eigentlich kommt diese Frage
in zwei verschiedenen Gestalten vor,
deren Prüfung an zwei verschiede-
nen Orten unternommen werden
mußte. Erstlich ist von vielen be-
hauptet worden, schon im R. R.,
und zwar selbst von Hadrian an,
seyen die Wirkungen der L. C. auf
einen früheren Zeitpunkt des Rechts-
streits zurück verlegt worden. Da-
von mußte, des Zusammenhangs
wegen, im § 264 gehandelt wer-
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

Wenn nun ſo eben behauptet worden iſt, daß der Begriff
der Litisconteſtation von allen, ſelbſt den neueſten, Schrift-
ſtellern feſtgehalten und nur auf verſchiedene Weiſe beſtimmt
worden ſey, ſo iſt davon noch ganz unabhängig die Frage,
ob auch noch im heutigen gemeinen Recht die darzuſtel-
lenden einzelnen Wirkungen an die Litisconteſtation ange-
knüpft ſind. Es läßt ſich nämlich ſehr wohl die Behaup-
tung denken, es ſey zwar ein beſtimmter, auf der nachzu-
weiſenden Entwicklung des Römiſchen Rechts beruhender,
Begriff der Litisconteſtation auch für uns vorhanden; allein
die Wirkungen, die das Römiſche Recht an die Litiscon-
teſtation knüpft, ſeyen in dem heutigen Recht, alle oder
zum Theil, auf eine andere Prozeßhandlung übergegangen.
Nach dieſer möglichen Behauptung wäre mithin ein anderer
Zeitpunkt für den Anfang des Rechtsſtreits anzunehmen,
ſey es allgemein, oder wenigſtens in Beziehung auf ein-
zelne Wirkungen die das Römiſche Recht an die Litis-
conteſtation anknüpft.

Da die Unterſuchung dieſer höchſt wichtigen Frage mit
den einzelnen Wirkungen in Verbindung ſteht, ſo kann die-
ſelbe auf befriedigende Weiſe erſt am Schluß der ganzen
Lehre von der Litisconteſtation unternommen werden (a).



(a) Eigentlich kommt dieſe Frage
in zwei verſchiedenen Geſtalten vor,
deren Prüfung an zwei verſchiede-
nen Orten unternommen werden
mußte. Erſtlich iſt von vielen be-
hauptet worden, ſchon im R. R.,
und zwar ſelbſt von Hadrian an,
ſeyen die Wirkungen der L. C. auf
einen früheren Zeitpunkt des Rechts-
ſtreits zurück verlegt worden. Da-
von mußte, des Zuſammenhangs
wegen, im § 264 gehandelt wer-
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[6/0024] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Wenn nun ſo eben behauptet worden iſt, daß der Begriff der Litisconteſtation von allen, ſelbſt den neueſten, Schrift- ſtellern feſtgehalten und nur auf verſchiedene Weiſe beſtimmt worden ſey, ſo iſt davon noch ganz unabhängig die Frage, ob auch noch im heutigen gemeinen Recht die darzuſtel- lenden einzelnen Wirkungen an die Litisconteſtation ange- knüpft ſind. Es läßt ſich nämlich ſehr wohl die Behaup- tung denken, es ſey zwar ein beſtimmter, auf der nachzu- weiſenden Entwicklung des Römiſchen Rechts beruhender, Begriff der Litisconteſtation auch für uns vorhanden; allein die Wirkungen, die das Römiſche Recht an die Litiscon- teſtation knüpft, ſeyen in dem heutigen Recht, alle oder zum Theil, auf eine andere Prozeßhandlung übergegangen. Nach dieſer möglichen Behauptung wäre mithin ein anderer Zeitpunkt für den Anfang des Rechtsſtreits anzunehmen, ſey es allgemein, oder wenigſtens in Beziehung auf ein- zelne Wirkungen die das Römiſche Recht an die Litis- conteſtation anknüpft. Da die Unterſuchung dieſer höchſt wichtigen Frage mit den einzelnen Wirkungen in Verbindung ſteht, ſo kann die- ſelbe auf befriedigende Weiſe erſt am Schluß der ganzen Lehre von der Litisconteſtation unternommen werden (a). (a) Eigentlich kommt dieſe Frage in zwei verſchiedenen Geſtalten vor, deren Prüfung an zwei verſchiede- nen Orten unternommen werden mußte. Erſtlich iſt von vielen be- hauptet worden, ſchon im R. R., und zwar ſelbſt von Hadrian an, ſeyen die Wirkungen der L. C. auf einen früheren Zeitpunkt des Rechts- ſtreits zurück verlegt worden. Da- von mußte, des Zuſammenhangs wegen, im § 264 gehandelt wer-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/24>, abgerufen am 28.03.2024.