Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
soll auch der Besitzer der Erbschaft fernerhin unberührt
aufbewahren dürfen, ohne dafür Zinsen zu bezahlen, in-
dem er nur die von dem Erblasser angefangene Behand-
lungsweise dieses Geldes fortsetzt. -- Erklärt man nun
die von Ulpian referirte Äußerung des Papinian von
diesem ganz besonderen Fall, wofür die ähnlichen Aus-
drücke (das non attingit) sehr deutlich sprechen, so ist der
oben aufgestellte Grundsatz gegen jeden Widerspruch ge-
rettet: denn es wird Niemand zweifeln, daß ein solches
Verfahren ganz in den Gränzen verständiger Vermögens-
verwaltung liegt, nnd die Freisprechung von Prozeßzinsen
gründet sich alsdann darauf, daß der erwähnte Nothpfennig
überhaupt gar nicht als baares, zum Umlauf bestimmtes,
Geld in Betracht kommt.

3. Bei der Klage auf Legate oder Fideicommisse,
die in baarem Gelde bestehen, sind Zinsen eben so wie
andere Früchte von der Zeit der L. C. an zu entrichten (k),
und darin liegt eine entschiedene Anerkennung des Princips
der Prozeßzinsen. Indessen muß dabei stets die Voraus-
setzung hinzugedacht werden, daß aus zufälligen Gründen

bar das Ansehen einer sprüchwört-
lich erzählten Curiosität, so wie
Gajus III. § 196 "quod veteres
scripserunt de eo qui in aciem
perduxisset,"
und Gajus III.
§ 202 "et hoc veteres scrip-
serunt de eo qui panno rubro
fugavit armentum."
Dieses paßt
nun sehr gut zu dem von Procu-
lus
erwähnten singulären Fall der
praesidii causa nummi repositi.
(k) L. 1. 2 C. de usur. et
fruct.
(6. 47). -- Für die Früchte
allein (ohne Erwähnung der Zin-
sen) wird die L. C. als Anfangs-
punkt bezeichnet in L. 51 pr. fam.
herc.
(10. 2), L. 4 C. de usur.
et fruct.
(6. 47).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
ſoll auch der Beſitzer der Erbſchaft fernerhin unberührt
aufbewahren dürfen, ohne dafür Zinſen zu bezahlen, in-
dem er nur die von dem Erblaſſer angefangene Behand-
lungsweiſe dieſes Geldes fortſetzt. — Erklärt man nun
die von Ulpian referirte Äußerung des Papinian von
dieſem ganz beſonderen Fall, wofür die ähnlichen Aus-
drücke (das non attingit) ſehr deutlich ſprechen, ſo iſt der
oben aufgeſtellte Grundſatz gegen jeden Widerſpruch ge-
rettet: denn es wird Niemand zweifeln, daß ein ſolches
Verfahren ganz in den Gränzen verſtändiger Vermögens-
verwaltung liegt, nnd die Freiſprechung von Prozeßzinſen
gründet ſich alsdann darauf, daß der erwähnte Nothpfennig
überhaupt gar nicht als baares, zum Umlauf beſtimmtes,
Geld in Betracht kommt.

3. Bei der Klage auf Legate oder Fideicommiſſe,
die in baarem Gelde beſtehen, ſind Zinſen eben ſo wie
andere Früchte von der Zeit der L. C. an zu entrichten (k),
und darin liegt eine entſchiedene Anerkennung des Princips
der Prozeßzinſen. Indeſſen muß dabei ſtets die Voraus-
ſetzung hinzugedacht werden, daß aus zufälligen Gründen

bar das Anſehen einer ſprüchwört-
lich erzählten Curioſität, ſo wie
Gajus III. § 196 „quod veteres
scripserunt de eo qui in aciem
perduxisset,“
und Gajus III.
§ 202 „et hoc veteres scrip-
serunt de eo qui panno rubro
fugavit armentum.“
Dieſes paßt
nun ſehr gut zu dem von Procu-
lus
erwähnten ſingulären Fall der
praesidii causa nummi repositi.
(k) L. 1. 2 C. de usur. et
fruct.
(6. 47). — Für die Früchte
allein (ohne Erwähnung der Zin-
ſen) wird die L. C. als Anfangs-
punkt bezeichnet in L. 51 pr. fam.
herc.
(10. 2), L. 4 C. de usur.
et fruct.
(6. 47).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0172" n="154"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/>
&#x017F;oll auch der Be&#x017F;itzer der Erb&#x017F;chaft fernerhin unberührt<lb/>
aufbewahren dürfen, ohne dafür Zin&#x017F;en zu bezahlen, in-<lb/>
dem er nur die von dem Erbla&#x017F;&#x017F;er angefangene Behand-<lb/>
lungswei&#x017F;e die&#x017F;es Geldes fort&#x017F;etzt. &#x2014; Erklärt man nun<lb/>
die von <hi rendition="#g">Ulpian</hi> referirte Äußerung des <hi rendition="#g">Papinian</hi> von<lb/>
die&#x017F;em ganz be&#x017F;onderen Fall, wofür die ähnlichen Aus-<lb/>
drücke (das <hi rendition="#aq">non attingit</hi>) &#x017F;ehr deutlich &#x017F;prechen, &#x017F;o i&#x017F;t der<lb/>
oben aufge&#x017F;tellte Grund&#x017F;atz gegen jeden Wider&#x017F;pruch ge-<lb/>
rettet: denn es wird Niemand zweifeln, daß ein &#x017F;olches<lb/>
Verfahren ganz in den Gränzen ver&#x017F;tändiger Vermögens-<lb/>
verwaltung liegt, nnd die Frei&#x017F;prechung von Prozeßzin&#x017F;en<lb/>
gründet &#x017F;ich alsdann darauf, daß der erwähnte Nothpfennig<lb/>
überhaupt gar nicht als baares, zum Umlauf be&#x017F;timmtes,<lb/>
Geld in Betracht kommt.</p><lb/>
              <p>3. Bei der Klage auf <hi rendition="#g">Legate</hi> oder <hi rendition="#g">Fideicommi&#x017F;&#x017F;e</hi>,<lb/>
die in baarem Gelde be&#x017F;tehen, &#x017F;ind Zin&#x017F;en eben &#x017F;o wie<lb/>
andere Früchte von der Zeit der L. C. an zu entrichten <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1. 2 <hi rendition="#i">C. de usur. et<lb/>
fruct.</hi></hi> (6. 47). &#x2014; Für die Früchte<lb/>
allein (ohne Erwähnung der Zin-<lb/>
&#x017F;en) wird die L. C. als Anfangs-<lb/>
punkt bezeichnet in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 51 <hi rendition="#i">pr. fam.<lb/>
herc.</hi> (10. 2), <hi rendition="#i">L.</hi> 4 <hi rendition="#i">C. de usur.<lb/>
et fruct.</hi></hi> (6. 47).</note>,<lb/>
und darin liegt eine ent&#x017F;chiedene Anerkennung des Princips<lb/>
der Prozeßzin&#x017F;en. Inde&#x017F;&#x017F;en muß dabei &#x017F;tets die Voraus-<lb/>
&#x017F;etzung hinzugedacht werden, daß aus zufälligen Gründen<lb/><note xml:id="seg2pn_29_2" prev="#seg2pn_29_1" place="foot" n="(i)">bar das An&#x017F;ehen einer &#x017F;prüchwört-<lb/>
lich erzählten Curio&#x017F;ität, &#x017F;o wie<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> III. § 196 &#x201E;quod veteres<lb/>
scripserunt de eo qui in aciem<lb/>
perduxisset,&#x201C;</hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> III.<lb/>
§ 202 &#x201E;et hoc veteres scrip-<lb/>
serunt de eo qui panno rubro<lb/>
fugavit armentum.&#x201C;</hi> Die&#x017F;es paßt<lb/>
nun &#x017F;ehr gut zu dem von <hi rendition="#g">Procu-<lb/>
lus</hi> erwähnten &#x017F;ingulären Fall der<lb/><hi rendition="#aq">praesidii causa nummi repositi.</hi></note><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0172] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. ſoll auch der Beſitzer der Erbſchaft fernerhin unberührt aufbewahren dürfen, ohne dafür Zinſen zu bezahlen, in- dem er nur die von dem Erblaſſer angefangene Behand- lungsweiſe dieſes Geldes fortſetzt. — Erklärt man nun die von Ulpian referirte Äußerung des Papinian von dieſem ganz beſonderen Fall, wofür die ähnlichen Aus- drücke (das non attingit) ſehr deutlich ſprechen, ſo iſt der oben aufgeſtellte Grundſatz gegen jeden Widerſpruch ge- rettet: denn es wird Niemand zweifeln, daß ein ſolches Verfahren ganz in den Gränzen verſtändiger Vermögens- verwaltung liegt, nnd die Freiſprechung von Prozeßzinſen gründet ſich alsdann darauf, daß der erwähnte Nothpfennig überhaupt gar nicht als baares, zum Umlauf beſtimmtes, Geld in Betracht kommt. 3. Bei der Klage auf Legate oder Fideicommiſſe, die in baarem Gelde beſtehen, ſind Zinſen eben ſo wie andere Früchte von der Zeit der L. C. an zu entrichten (k), und darin liegt eine entſchiedene Anerkennung des Princips der Prozeßzinſen. Indeſſen muß dabei ſtets die Voraus- ſetzung hinzugedacht werden, daß aus zufälligen Gründen (i) (k) L. 1. 2 C. de usur. et fruct. (6. 47). — Für die Früchte allein (ohne Erwähnung der Zin- ſen) wird die L. C. als Anfangs- punkt bezeichnet in L. 51 pr. fam. herc. (10. 2), L. 4 C. de usur. et fruct. (6. 47). (i) bar das Anſehen einer ſprüchwört- lich erzählten Curioſität, ſo wie Gajus III. § 196 „quod veteres scripserunt de eo qui in aciem perduxisset,“ und Gajus III. § 202 „et hoc veteres scrip- serunt de eo qui panno rubro fugavit armentum.“ Dieſes paßt nun ſehr gut zu dem von Procu- lus erwähnten ſingulären Fall der praesidii causa nummi repositi.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/172
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/172>, abgerufen am 07.05.2024.