dieser Früchte nicht die Rede seyn, indem dieselben niemals im Besitz des Beklagten gewesen sind. Eben so wenig aber ist eine Condiction auf dieselben möglich, weil die Grundbedingung einer solchen, nämlich die Bereicherung aus fremder Sache, fehlt (o).
Dieser letzte Satz wird in folgender Stelle anerkannt, welche leicht misverstanden werden kann (p): Si ejus fundi, quem alienum possideres, fructum non coegisti, nihil ejus fundi fructuum nomine te dare oportet.
Flüchtig angesehen, könnte diese Stelle als ein Wider- spruch gegen die ganze Lehre von dem Ersatz für versäumte Früchte aufgefaßt werden. Wenn man aber die unzweifel- hafte technische Bedeutung der Worte dare oportere erwägt, so liegt in der angeführten Stelle nichts Anderes, als die so eben gerechtfertigte Verneinung einer selbstständigen Condiction. Der Verfasser der Stelle will also nur sagen, daß für versäumte Früchte niemals mit einer Con- diction Ersatz gefordert werden könne; er widerspricht aber damit nicht der Forderung dieses Ersatzes überhaupt, indem ja die Vindication der Hauptsache diesen Ersatz mit um- fassen kann (q).
Man darf auch nicht glauben, daß diese Unter- scheidung ein blos theoretisches Interesse habe, und practisch
(o) S. o. B. 5. S. 524. b.
(p)L. 78 de rei vind. (6. 1).
(q) Diese richtige Erklärung der Stelle findet sich bei Heimbach, Lehre von der Frucht, S. 94. 95.
§. 267. Wirkung der L. C. — Verſäumte Früchte.
dieſer Früchte nicht die Rede ſeyn, indem dieſelben niemals im Beſitz des Beklagten geweſen ſind. Eben ſo wenig aber iſt eine Condiction auf dieſelben möglich, weil die Grundbedingung einer ſolchen, nämlich die Bereicherung aus fremder Sache, fehlt (o).
Dieſer letzte Satz wird in folgender Stelle anerkannt, welche leicht misverſtanden werden kann (p): Si ejus fundi, quem alienum possideres, fructum non coëgisti, nihil ejus fundi fructuum nomine te dare oportet.
Flüchtig angeſehen, könnte dieſe Stelle als ein Wider- ſpruch gegen die ganze Lehre von dem Erſatz für verſäumte Früchte aufgefaßt werden. Wenn man aber die unzweifel- hafte techniſche Bedeutung der Worte dare oportere erwägt, ſo liegt in der angeführten Stelle nichts Anderes, als die ſo eben gerechtfertigte Verneinung einer ſelbſtſtändigen Condiction. Der Verfaſſer der Stelle will alſo nur ſagen, daß für verſäumte Früchte niemals mit einer Con- diction Erſatz gefordert werden könne; er widerſpricht aber damit nicht der Forderung dieſes Erſatzes überhaupt, indem ja die Vindication der Hauptſache dieſen Erſatz mit um- faſſen kann (q).
Man darf auch nicht glauben, daß dieſe Unter- ſcheidung ein blos theoretiſches Intereſſe habe, und practiſch
(o) S. o. B. 5. S. 524. b.
(p)L. 78 de rei vind. (6. 1).
(q) Dieſe richtige Erklärung der Stelle findet ſich bei Heimbach, Lehre von der Frucht, S. 94. 95.
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§. 267. Wirkung der L. C. — Verſäumte Früchte.
dieſer Früchte nicht die Rede ſeyn, indem dieſelben niemals
im Beſitz des Beklagten geweſen ſind. Eben ſo wenig
aber iſt eine Condiction auf dieſelben möglich, weil die
Grundbedingung einer ſolchen, nämlich die Bereicherung
aus fremder Sache, fehlt (o).
Dieſer letzte Satz wird in folgender Stelle anerkannt,
welche leicht misverſtanden werden kann (p):
Si ejus fundi, quem alienum possideres, fructum
non coëgisti, nihil ejus fundi fructuum nomine te
dare oportet.
Flüchtig angeſehen, könnte dieſe Stelle als ein Wider-
ſpruch gegen die ganze Lehre von dem Erſatz für verſäumte
Früchte aufgefaßt werden. Wenn man aber die unzweifel-
hafte techniſche Bedeutung der Worte dare oportere erwägt,
ſo liegt in der angeführten Stelle nichts Anderes, als die
ſo eben gerechtfertigte Verneinung einer ſelbſtſtändigen
Condiction. Der Verfaſſer der Stelle will alſo nur
ſagen, daß für verſäumte Früchte niemals mit einer Con-
diction Erſatz gefordert werden könne; er widerſpricht aber
damit nicht der Forderung dieſes Erſatzes überhaupt, indem
ja die Vindication der Hauptſache dieſen Erſatz mit um-
faſſen kann (q).
Man darf auch nicht glauben, daß dieſe Unter-
ſcheidung ein blos theoretiſches Intereſſe habe, und practiſch
(o) S. o. B. 5. S. 524. b.
(p) L. 78 de rei vind. (6. 1).
(q) Dieſe richtige Erklärung der
Stelle findet ſich bei Heimbach,
Lehre von der Frucht, S. 94. 95.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/137>, abgerufen am 25.11.2024.
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