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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

Die eigentliche Lösung der Schwierigkeit liegt in der
besonderen Natur der Rechtsverhältnisse, womit wir es
hier, bei der Erbschaftsklage, zu thun haben, und womit
sich sowohl der Senatsschluß von K. Hadrian, als
Ulpian in den angeführten Stellen, beschäftigt.

Der Senatsschluß von Hadrian (das Sc. Juventianum)
handelt unmittelbar nur von einer hereditatis petitio des
Fiscus auf eine caduca hereditas, und er spricht dabei von
zweierlei Beklagten: von redlichen Besitzern, und daneben
von denjenigen qui bona invasissent, cum scirent ad se
non pertinere,
welche von den alten Juristen gewöhnlich
praedones genannt werden. Unter diesen praedones denkt
man sich meist gewöhnliche Diebe oder Räuber, aber ganz
mit Unrecht. Die Sache hat vielmehr folgenden Zusam-
menhang.

Nach uraltem R. R. war es Jedem überhaupt gestattet,
Erbschaftssachen, die der Erbe noch nicht in Besitz ge-
nommen hatte, selbst an sich zu nehmen, und durch ein-
jährige Usucapion in sein Eigenthum zu bringen. Man hatte
bei diesem seltsamen Rechtsinstitut die Absicht, den Erben
zu einer recht schleunigen Besitznahme und Vertretung der
Erbschaft zu bewegen (t). Solche Besitzer nun hatten eine
zweideutige Natur, und standen gewißermaaßen in der Mitte

daraus nicht die Worte in L. 25
§ 7 de her. pet. (5. 3) "post mo-
tam controversiam ... coepit
scire rem ad se non pertinentem

possidere is qui interpellatur."

Dieses ist für den wahrhaft red-
lichen Besitzer augenscheinlich un-
wahr.
(t) Gajus II. § 52--58.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

Die eigentliche Löſung der Schwierigkeit liegt in der
beſonderen Natur der Rechtsverhältniſſe, womit wir es
hier, bei der Erbſchaftsklage, zu thun haben, und womit
ſich ſowohl der Senatsſchluß von K. Hadrian, als
Ulpian in den angeführten Stellen, beſchäftigt.

Der Senatsſchluß von Hadrian (das Sc. Juventianum)
handelt unmittelbar nur von einer hereditatis petitio des
Fiscus auf eine caduca hereditas, und er ſpricht dabei von
zweierlei Beklagten: von redlichen Beſitzern, und daneben
von denjenigen qui bona invasissent, cum scirent ad se
non pertinere,
welche von den alten Juriſten gewöhnlich
praedones genannt werden. Unter dieſen praedones denkt
man ſich meiſt gewöhnliche Diebe oder Räuber, aber ganz
mit Unrecht. Die Sache hat vielmehr folgenden Zuſam-
menhang.

Nach uraltem R. R. war es Jedem überhaupt geſtattet,
Erbſchaftsſachen, die der Erbe noch nicht in Beſitz ge-
nommen hatte, ſelbſt an ſich zu nehmen, und durch ein-
jährige Uſucapion in ſein Eigenthum zu bringen. Man hatte
bei dieſem ſeltſamen Rechtsinſtitut die Abſicht, den Erben
zu einer recht ſchleunigen Beſitznahme und Vertretung der
Erbſchaft zu bewegen (t). Solche Beſitzer nun hatten eine
zweideutige Natur, und ſtanden gewißermaaßen in der Mitte

daraus nicht die Worte in L. 25
§ 7 de her. pet. (5. 3) „post mo-
tam controversiam … coepit
scire rem ad se non pertinentem

possidere is qui interpellatur.“

Dieſes iſt für den wahrhaft red-
lichen Beſitzer augenſcheinlich un-
wahr.
(t) Gajus II. § 52—58.
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[90/0108] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Die eigentliche Löſung der Schwierigkeit liegt in der beſonderen Natur der Rechtsverhältniſſe, womit wir es hier, bei der Erbſchaftsklage, zu thun haben, und womit ſich ſowohl der Senatsſchluß von K. Hadrian, als Ulpian in den angeführten Stellen, beſchäftigt. Der Senatsſchluß von Hadrian (das Sc. Juventianum) handelt unmittelbar nur von einer hereditatis petitio des Fiscus auf eine caduca hereditas, und er ſpricht dabei von zweierlei Beklagten: von redlichen Beſitzern, und daneben von denjenigen qui bona invasissent, cum scirent ad se non pertinere, welche von den alten Juriſten gewöhnlich praedones genannt werden. Unter dieſen praedones denkt man ſich meiſt gewöhnliche Diebe oder Räuber, aber ganz mit Unrecht. Die Sache hat vielmehr folgenden Zuſam- menhang. Nach uraltem R. R. war es Jedem überhaupt geſtattet, Erbſchaftsſachen, die der Erbe noch nicht in Beſitz ge- nommen hatte, ſelbſt an ſich zu nehmen, und durch ein- jährige Uſucapion in ſein Eigenthum zu bringen. Man hatte bei dieſem ſeltſamen Rechtsinſtitut die Abſicht, den Erben zu einer recht ſchleunigen Beſitznahme und Vertretung der Erbſchaft zu bewegen (t). Solche Beſitzer nun hatten eine zweideutige Natur, und ſtanden gewißermaaßen in der Mitte (s) (t) Gajus II. § 52—58. (s) daraus nicht die Worte in L. 25 § 7 de her. pet. (5. 3) „post mo- tam controversiam … coepit scire rem ad se non pertinentem possidere is qui interpellatur.“ Dieſes iſt für den wahrhaft red- lichen Beſitzer augenſcheinlich un- wahr.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/108>, abgerufen am 28.11.2024.