und sie könnte also nur auf einer Fiction des Dolus be- ruhen, der gefährlichsten und willkührlichsten aller Fictionen, wovon sich anderwärts nirgend eine Spur findet.
Ganz in diesem Sinn entscheidet Paulus unsre Frage in einer speciellen Anwendung (m). Wenn nach der L. C. die mit einer hereditatis petitio oder einer Vindi- cation eingeklagte Sache durch Zufall untergeht, so ent- steht die Frage, ob der Beklagte als solcher unbedingt dafür Ersatz geben muß. Nach den Worten des oben an- geführten Senatsschlusses konnte man Dieses bei der here- ditatis petitio annehmen, und daher hatten es auch wirk- lich Manche, und selbst bei der Vindication, angenommen. Paulus aber sagt, man müsse überall unterscheiden zwischen dem redlichen und unredlichen Besitzer. Der unredliche müsse für den Zufall einstehen, der redliche nicht, wofür der folgende sehr einleuchtende Grund ange- geben wird: "Nec enim debet possessor aut mortalitatem praestare, aut propter metum hujus periculi temere indefensum jus suum relinquere."
Hier ist ganz deutlich anerkannt, daß der redliche Be- sitzer durch die L. C. nicht zu einem unredlichen werde, und daß man ihm nicht zumuthen könne, die Verfolgung seines vermeintlichen Rechts zu unterlassen (n).
zinsen mehr annehmen dürften. Vgl. über einen ähnlichen Irrthum von Leyser oben Note c.
(m)L. 40 pr. de her. pet. (5. 3).
(n) Allerdings ist der Ausdruck dieser Stelle von dem Ausdruck der oben angeführten Stellen des Ulpian sehr verschieden, dennoch
§. 264. Wirkung der L. C. — Umfang. Einleitung.
und ſie könnte alſo nur auf einer Fiction des Dolus be- ruhen, der gefährlichſten und willkührlichſten aller Fictionen, wovon ſich anderwärts nirgend eine Spur findet.
Ganz in dieſem Sinn entſcheidet Paulus unſre Frage in einer ſpeciellen Anwendung (m). Wenn nach der L. C. die mit einer hereditatis petitio oder einer Vindi- cation eingeklagte Sache durch Zufall untergeht, ſo ent- ſteht die Frage, ob der Beklagte als ſolcher unbedingt dafür Erſatz geben muß. Nach den Worten des oben an- geführten Senatsſchluſſes konnte man Dieſes bei der here- ditatis petitio annehmen, und daher hatten es auch wirk- lich Manche, und ſelbſt bei der Vindication, angenommen. Paulus aber ſagt, man müſſe überall unterſcheiden zwiſchen dem redlichen und unredlichen Beſitzer. Der unredliche müſſe für den Zufall einſtehen, der redliche nicht, wofür der folgende ſehr einleuchtende Grund ange- geben wird: „Nec enim debet possessor aut mortalitatem praestare, aut propter metum hujus periculi temere indefensum jus suum relinquere.“
Hier iſt ganz deutlich anerkannt, daß der redliche Be- ſitzer durch die L. C. nicht zu einem unredlichen werde, und daß man ihm nicht zumuthen könne, die Verfolgung ſeines vermeintlichen Rechts zu unterlaſſen (n).
zinſen mehr annehmen dürften. Vgl. über einen ähnlichen Irrthum von Leyſer oben Note c.
(m)L. 40 pr. de her. pet. (5. 3).
(n) Allerdings iſt der Ausdruck dieſer Stelle von dem Ausdruck der oben angeführten Stellen des Ulpian ſehr verſchieden, dennoch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0105"n="87"/><fwplace="top"type="header">§. 264. Wirkung der L. C. — Umfang. Einleitung.</fw><lb/>
und ſie könnte alſo nur auf einer Fiction des Dolus be-<lb/>
ruhen, der gefährlichſten und willkührlichſten aller Fictionen,<lb/>
wovon ſich anderwärts nirgend eine Spur findet.</p><lb/><p>Ganz in dieſem Sinn entſcheidet <hirendition="#g">Paulus</hi> unſre<lb/>
Frage in einer ſpeciellen Anwendung <noteplace="foot"n="(m)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 40 <hirendition="#i">pr. de her. pet.</hi> (5. 3).</hi></note>. Wenn nach der<lb/>
L. C. die mit einer <hirendition="#aq">hereditatis petitio</hi> oder einer Vindi-<lb/>
cation eingeklagte Sache durch Zufall untergeht, ſo ent-<lb/>ſteht die Frage, ob der Beklagte als ſolcher unbedingt<lb/>
dafür Erſatz geben muß. Nach den Worten des oben an-<lb/>
geführten Senatsſchluſſes konnte man Dieſes bei der <hirendition="#aq">here-<lb/>
ditatis petitio</hi> annehmen, und daher hatten es auch wirk-<lb/>
lich Manche, und ſelbſt bei der Vindication, angenommen.<lb/><hirendition="#g">Paulus</hi> aber ſagt, man müſſe überall unterſcheiden<lb/>
zwiſchen dem redlichen und unredlichen Beſitzer. Der<lb/>
unredliche müſſe für den Zufall einſtehen, der redliche<lb/>
nicht, wofür der folgende ſehr einleuchtende Grund ange-<lb/>
geben wird:<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#aq">„Nec enim debet possessor aut mortalitatem praestare,<lb/><hirendition="#i">aut propter metum hujus periculi temere indefensum<lb/>
jus suum relinquere.</hi>“</hi></hi></p><lb/><p>Hier iſt ganz deutlich anerkannt, daß der redliche Be-<lb/>ſitzer durch die L. C. nicht zu einem unredlichen werde,<lb/>
und daß man ihm nicht zumuthen könne, die Verfolgung<lb/>ſeines vermeintlichen Rechts zu unterlaſſen <notexml:id="seg2pn_12_1"next="#seg2pn_12_2"place="foot"n="(n)">Allerdings iſt der Ausdruck<lb/>
dieſer Stelle von dem Ausdruck<lb/>
der oben angeführten Stellen des<lb/><hirendition="#g">Ulpian</hi>ſehr verſchieden, dennoch</note>.</p><lb/><p><notexml:id="seg2pn_11_2"prev="#seg2pn_11_1"place="foot"n="(l)">zinſen mehr annehmen dürften.<lb/>
Vgl. über einen ähnlichen Irrthum<lb/>
von <hirendition="#g">Leyſer</hi> oben Note <hirendition="#aq">c.</hi></note></p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[87/0105]
§. 264. Wirkung der L. C. — Umfang. Einleitung.
und ſie könnte alſo nur auf einer Fiction des Dolus be-
ruhen, der gefährlichſten und willkührlichſten aller Fictionen,
wovon ſich anderwärts nirgend eine Spur findet.
Ganz in dieſem Sinn entſcheidet Paulus unſre
Frage in einer ſpeciellen Anwendung (m). Wenn nach der
L. C. die mit einer hereditatis petitio oder einer Vindi-
cation eingeklagte Sache durch Zufall untergeht, ſo ent-
ſteht die Frage, ob der Beklagte als ſolcher unbedingt
dafür Erſatz geben muß. Nach den Worten des oben an-
geführten Senatsſchluſſes konnte man Dieſes bei der here-
ditatis petitio annehmen, und daher hatten es auch wirk-
lich Manche, und ſelbſt bei der Vindication, angenommen.
Paulus aber ſagt, man müſſe überall unterſcheiden
zwiſchen dem redlichen und unredlichen Beſitzer. Der
unredliche müſſe für den Zufall einſtehen, der redliche
nicht, wofür der folgende ſehr einleuchtende Grund ange-
geben wird:
„Nec enim debet possessor aut mortalitatem praestare,
aut propter metum hujus periculi temere indefensum
jus suum relinquere.“
Hier iſt ganz deutlich anerkannt, daß der redliche Be-
ſitzer durch die L. C. nicht zu einem unredlichen werde,
und daß man ihm nicht zumuthen könne, die Verfolgung
ſeines vermeintlichen Rechts zu unterlaſſen (n).
(l)
(m) L. 40 pr. de her. pet. (5. 3).
(n) Allerdings iſt der Ausdruck
dieſer Stelle von dem Ausdruck
der oben angeführten Stellen des
Ulpian ſehr verſchieden, dennoch
(l) zinſen mehr annehmen dürften.
Vgl. über einen ähnlichen Irrthum
von Leyſer oben Note c.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/105>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.