Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite
Beylage XIV.
XXII.

Zur Zeit der Legis actiones wurde der Name con-
dictio
für Zwey Klagen gebraucht, deren Form auf einer
denuntiatio beruhte, welches die eigentliche Wortbedeutung
von condictio gewesen seyn soll: lege quidem Silia cer-
tae pecuniae, lege vero Calpurnia de omni certa re
(a).
Indem nun dieser Name nachher auf eine gewisse Art der
formulae angewendet wurde, können wir doch nicht an-
nehmen, daß Dieses ganz zufällig und gedankenlos gesche-
hen sey, vielmehr muß ein innerer Zusammenhang die An-
wendung des alten Kunstausdrucks auf einen neuen Rechts-
begriff veranlaßt haben. In der Form der Klage lag
dieser Zusammenhang gewiß nicht, denn die Form der al-
ten condictio war eben die denuntiatio, und gerade des-
wegen, weil diese bey der neuen condictio nicht vorkam,
wird von dieser gesagt, daß sie ihren Namen non pro-
prie, abusive,
führe (b). Also kann der Zusammenhang
nur in den Entstehungsgründen gesucht werden, in der
besondern Natur der Rechtsverhältnisse, wofür die alte
und die neue condictio gleichmäßig anzuwenden war.
Hierin finden wir nun in der That einen völlig befriedi-
genden Zusammenhang, wenn wir nur den Worten: de
omni certa re
den erklärenden, näher bestimmenden Zusatz
geben: mutuo data. Dann war die alte condictio nichts

(a) Gajus IV. § 19.
(b) Gajus IV. § 18, § 15 J. de act. (4. 6.).
Beylage XIV.
XXII.

Zur Zeit der Legis actiones wurde der Name con-
dictio
für Zwey Klagen gebraucht, deren Form auf einer
denuntiatio beruhte, welches die eigentliche Wortbedeutung
von condictio geweſen ſeyn ſoll: lege quidem Silia cer-
tae pecuniae, lege vero Calpurnia de omni certa re
(a).
Indem nun dieſer Name nachher auf eine gewiſſe Art der
formulae angewendet wurde, können wir doch nicht an-
nehmen, daß Dieſes ganz zufällig und gedankenlos geſche-
hen ſey, vielmehr muß ein innerer Zuſammenhang die An-
wendung des alten Kunſtausdrucks auf einen neuen Rechts-
begriff veranlaßt haben. In der Form der Klage lag
dieſer Zuſammenhang gewiß nicht, denn die Form der al-
ten condictio war eben die denuntiatio, und gerade des-
wegen, weil dieſe bey der neuen condictio nicht vorkam,
wird von dieſer geſagt, daß ſie ihren Namen non pro-
prie, abusive,
führe (b). Alſo kann der Zuſammenhang
nur in den Entſtehungsgründen geſucht werden, in der
beſondern Natur der Rechtsverhältniſſe, wofür die alte
und die neue condictio gleichmäßig anzuwenden war.
Hierin finden wir nun in der That einen völlig befriedi-
genden Zuſammenhang, wenn wir nur den Worten: de
omni certa re
den erklärenden, näher beſtimmenden Zuſatz
geben: mutuo data. Dann war die alte condictio nichts

(a) Gajus IV. § 19.
(b) Gajus IV. § 18, § 15 J. de act. (4. 6.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0590" n="576"/>
          <fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">XIV.</hi></fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">XXII.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Zur Zeit der <hi rendition="#aq">Legis actiones</hi> wurde der Name <hi rendition="#aq">con-<lb/>
dictio</hi> für Zwey Klagen gebraucht, deren Form auf einer<lb/><hi rendition="#aq">denuntiatio</hi> beruhte, welches die eigentliche Wortbedeutung<lb/>
von <hi rendition="#aq">condictio</hi> gewe&#x017F;en &#x017F;eyn &#x017F;oll: <hi rendition="#aq">lege quidem Silia cer-<lb/>
tae pecuniae, lege vero Calpurnia de omni certa re</hi> <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV.</hi> § 19.</note>.<lb/>
Indem nun die&#x017F;er Name nachher auf eine gewi&#x017F;&#x017F;e Art der<lb/><hi rendition="#aq">formulae</hi> angewendet wurde, können wir doch nicht an-<lb/>
nehmen, daß Die&#x017F;es ganz zufällig und gedankenlos ge&#x017F;che-<lb/>
hen &#x017F;ey, vielmehr muß ein innerer Zu&#x017F;ammenhang die An-<lb/>
wendung des alten Kun&#x017F;tausdrucks auf einen neuen Rechts-<lb/>
begriff veranlaßt haben. In der Form der Klage lag<lb/>
die&#x017F;er Zu&#x017F;ammenhang gewiß nicht, denn die Form der al-<lb/>
ten <hi rendition="#aq">condictio</hi> war eben die <hi rendition="#aq">denuntiatio,</hi> und gerade des-<lb/>
wegen, weil die&#x017F;e bey der neuen <hi rendition="#aq">condictio</hi> nicht vorkam,<lb/>
wird von die&#x017F;er ge&#x017F;agt, daß &#x017F;ie ihren Namen <hi rendition="#aq">non pro-<lb/>
prie, abusive,</hi> führe <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Gajus</hi> IV. § 18, § 15 <hi rendition="#i">J. de act.</hi></hi> (4. 6.).</note>. Al&#x017F;o kann der Zu&#x017F;ammenhang<lb/>
nur in den Ent&#x017F;tehungsgründen ge&#x017F;ucht werden, in der<lb/>
be&#x017F;ondern Natur der Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e, wofür die alte<lb/>
und die neue <hi rendition="#aq">condictio</hi> gleichmäßig anzuwenden war.<lb/>
Hierin finden wir nun in der That einen völlig befriedi-<lb/>
genden Zu&#x017F;ammenhang, wenn wir nur den Worten: <hi rendition="#aq">de<lb/>
omni certa re</hi> den erklärenden, näher be&#x017F;timmenden Zu&#x017F;atz<lb/>
geben: <hi rendition="#aq">mutuo data.</hi> Dann war die alte <hi rendition="#aq">condictio</hi> nichts<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[576/0590] Beylage XIV. XXII. Zur Zeit der Legis actiones wurde der Name con- dictio für Zwey Klagen gebraucht, deren Form auf einer denuntiatio beruhte, welches die eigentliche Wortbedeutung von condictio geweſen ſeyn ſoll: lege quidem Silia cer- tae pecuniae, lege vero Calpurnia de omni certa re (a). Indem nun dieſer Name nachher auf eine gewiſſe Art der formulae angewendet wurde, können wir doch nicht an- nehmen, daß Dieſes ganz zufällig und gedankenlos geſche- hen ſey, vielmehr muß ein innerer Zuſammenhang die An- wendung des alten Kunſtausdrucks auf einen neuen Rechts- begriff veranlaßt haben. In der Form der Klage lag dieſer Zuſammenhang gewiß nicht, denn die Form der al- ten condictio war eben die denuntiatio, und gerade des- wegen, weil dieſe bey der neuen condictio nicht vorkam, wird von dieſer geſagt, daß ſie ihren Namen non pro- prie, abusive, führe (b). Alſo kann der Zuſammenhang nur in den Entſtehungsgründen geſucht werden, in der beſondern Natur der Rechtsverhältniſſe, wofür die alte und die neue condictio gleichmäßig anzuwenden war. Hierin finden wir nun in der That einen völlig befriedi- genden Zuſammenhang, wenn wir nur den Worten: de omni certa re den erklärenden, näher beſtimmenden Zuſatz geben: mutuo data. Dann war die alte condictio nichts (a) Gajus IV. § 19. (b) Gajus IV. § 18, § 15 J. de act. (4. 6.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/590
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/590>, abgerufen am 03.05.2024.