nur Bedeutung durch die Beziehung auf die Stipulation, da diese bald certa, bald incerta pecunia zum Gegenstand haben kann.
Einige andere Bestätigungen der hier aufgestellten An- sicht von der Stipulation will ich nur kurz andeuten, da ich sie schon an einem andern Ort weiter ausgeführt habe (o). Die älteste und wahrscheinlichste Etymologie von Stipulatio ist die von Stips, Geld (p), so daß Stipu- latio wörtlich ein Geldgeschäft heißt, welches sich unge- zwungen nur dann rechtfertigen läßt, wenn man in ihr zugleich die Fiction einer durch Gelddarlehen entstandenen Verpflichtung anerkennt. -- Damit stimmt aber auch ganz besonders die wahrscheinliche Entstehung der Stipulation zusammen. Die Zwölf Tafeln hatten im Allgemeinen dem Nexum eine bindende Kraft beygelegt, und damit die nexi obligatio begründet, welche nichts Anderes war, als ein symbolisches Gelddarlehen, wie die Mancipation ein sym- bolischer Kauf, beide mit scheinbar zugewogenem Geld. Als später die nexi obligatio durch die Lex Poetelia ab- geschafft wurde, und doch eine allgemeine Contractsform nicht entbehrt werden konnte, ließ man aus der nexi ob- ligatio die symbolische Handlung weg, behielt aber die mündliche Frage und Antwort bey. Das so entstandene
ein Minimum, so hat er keine Klage, und muß sich mit dem Er- folg seines Vertrauens begnügen.
(o)Savigny über das alt- römische Schuldrecht, Abhandlun- gen der Berliner Akademie von 1833.
(p)Varro de lingua lat. Lib. 5 § 36, Festus v. stipem.
Beylage XIV.
nur Bedeutung durch die Beziehung auf die Stipulation, da dieſe bald certa, bald incerta pecunia zum Gegenſtand haben kann.
Einige andere Beſtätigungen der hier aufgeſtellten An- ſicht von der Stipulation will ich nur kurz andeuten, da ich ſie ſchon an einem andern Ort weiter ausgeführt habe (o). Die älteſte und wahrſcheinlichſte Etymologie von Stipulatio iſt die von Stips, Geld (p), ſo daß Stipu- latio wörtlich ein Geldgeſchäft heißt, welches ſich unge- zwungen nur dann rechtfertigen läßt, wenn man in ihr zugleich die Fiction einer durch Gelddarlehen entſtandenen Verpflichtung anerkennt. — Damit ſtimmt aber auch ganz beſonders die wahrſcheinliche Entſtehung der Stipulation zuſammen. Die Zwölf Tafeln hatten im Allgemeinen dem Nexum eine bindende Kraft beygelegt, und damit die nexi obligatio begründet, welche nichts Anderes war, als ein ſymboliſches Gelddarlehen, wie die Mancipation ein ſym- boliſcher Kauf, beide mit ſcheinbar zugewogenem Geld. Als ſpäter die nexi obligatio durch die Lex Poetelia ab- geſchafft wurde, und doch eine allgemeine Contractsform nicht entbehrt werden konnte, ließ man aus der nexi ob- ligatio die ſymboliſche Handlung weg, behielt aber die mündliche Frage und Antwort bey. Das ſo entſtandene
ein Minimum, ſo hat er keine Klage, und muß ſich mit dem Er- folg ſeines Vertrauens begnügen.
(o)Savigny über das alt- römiſche Schuldrecht, Abhandlun- gen der Berliner Akademie von 1833.
(p)Varro de lingua lat. Lib. 5 § 36, Festus v. stipem.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0552"n="538"/><fwplace="top"type="header">Beylage <hirendition="#aq">XIV.</hi></fw><lb/>
nur Bedeutung durch die Beziehung auf die Stipulation,<lb/>
da dieſe bald <hirendition="#aq">certa,</hi> bald <hirendition="#aq">incerta pecunia</hi> zum Gegenſtand<lb/>
haben kann.</p><lb/><p>Einige andere Beſtätigungen der hier aufgeſtellten An-<lb/>ſicht von der Stipulation will ich nur kurz andeuten, da<lb/>
ich ſie ſchon an einem andern Ort weiter ausgeführt<lb/>
habe <noteplace="foot"n="(o)"><hirendition="#g">Savigny</hi> über das alt-<lb/>
römiſche Schuldrecht, Abhandlun-<lb/>
gen der Berliner Akademie von<lb/>
1833.</note>. Die älteſte und wahrſcheinlichſte Etymologie<lb/>
von <hirendition="#aq">Stipulatio</hi> iſt die von <hirendition="#aq">Stips,</hi> Geld <noteplace="foot"n="(p)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">Varro</hi> de lingua lat. Lib.<lb/>
5 § 36, <hirendition="#k">Festus</hi> v. stipem.</hi></note>, ſo daß <hirendition="#aq">Stipu-<lb/>
latio</hi> wörtlich ein Geldgeſchäft heißt, welches ſich unge-<lb/>
zwungen nur dann rechtfertigen läßt, wenn man in ihr<lb/>
zugleich die Fiction einer durch Gelddarlehen entſtandenen<lb/>
Verpflichtung anerkennt. — Damit ſtimmt aber auch ganz<lb/>
beſonders die wahrſcheinliche Entſtehung der Stipulation<lb/>
zuſammen. Die Zwölf Tafeln hatten im Allgemeinen dem<lb/>
Nexum eine bindende Kraft beygelegt, und damit die <hirendition="#aq">nexi<lb/>
obligatio</hi> begründet, welche nichts Anderes war, als ein<lb/>ſymboliſches Gelddarlehen, wie die Mancipation ein ſym-<lb/>
boliſcher Kauf, beide mit ſcheinbar zugewogenem Geld.<lb/>
Als ſpäter die <hirendition="#aq">nexi obligatio</hi> durch die <hirendition="#aq">Lex Poetelia</hi> ab-<lb/>
geſchafft wurde, und doch eine allgemeine Contractsform<lb/>
nicht entbehrt werden konnte, ließ man aus der <hirendition="#aq">nexi ob-<lb/>
ligatio</hi> die ſymboliſche Handlung weg, behielt aber die<lb/>
mündliche Frage und Antwort bey. Das ſo entſtandene<lb/><notexml:id="seg2pn_80_2"prev="#seg2pn_80_1"place="foot"n="(n)">ein Minimum, ſo hat er keine<lb/>
Klage, und muß ſich mit dem Er-<lb/>
folg ſeines Vertrauens begnügen.</note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[538/0552]
Beylage XIV.
nur Bedeutung durch die Beziehung auf die Stipulation,
da dieſe bald certa, bald incerta pecunia zum Gegenſtand
haben kann.
Einige andere Beſtätigungen der hier aufgeſtellten An-
ſicht von der Stipulation will ich nur kurz andeuten, da
ich ſie ſchon an einem andern Ort weiter ausgeführt
habe (o). Die älteſte und wahrſcheinlichſte Etymologie
von Stipulatio iſt die von Stips, Geld (p), ſo daß Stipu-
latio wörtlich ein Geldgeſchäft heißt, welches ſich unge-
zwungen nur dann rechtfertigen läßt, wenn man in ihr
zugleich die Fiction einer durch Gelddarlehen entſtandenen
Verpflichtung anerkennt. — Damit ſtimmt aber auch ganz
beſonders die wahrſcheinliche Entſtehung der Stipulation
zuſammen. Die Zwölf Tafeln hatten im Allgemeinen dem
Nexum eine bindende Kraft beygelegt, und damit die nexi
obligatio begründet, welche nichts Anderes war, als ein
ſymboliſches Gelddarlehen, wie die Mancipation ein ſym-
boliſcher Kauf, beide mit ſcheinbar zugewogenem Geld.
Als ſpäter die nexi obligatio durch die Lex Poetelia ab-
geſchafft wurde, und doch eine allgemeine Contractsform
nicht entbehrt werden konnte, ließ man aus der nexi ob-
ligatio die ſymboliſche Handlung weg, behielt aber die
mündliche Frage und Antwort bey. Das ſo entſtandene
(n)
(o) Savigny über das alt-
römiſche Schuldrecht, Abhandlun-
gen der Berliner Akademie von
1833.
(p) Varro de lingua lat. Lib.
5 § 36, Festus v. stipem.
(n) ein Minimum, ſo hat er keine
Klage, und muß ſich mit dem Er-
folg ſeines Vertrauens begnügen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/552>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.