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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Stricti juris, bonae fidei actiones. VI.
derung des streng lautenden dare facere oportet, nicht bey
der Intentio in factum concepta, so wie es alle prätori-
sche Klagen ohne Ausnahme waren (a). Eine scheinbare
Einwendung gegen diese Behauptung könnte auf eine Stelle
der Digesten gegründet werden, nach welcher bey einer
prätorischen Klage, die also in factum war, dennoch der
bona fides Erwähnung geschehen konnte (b). Allein diese

(a) Sehr anschaulich wird die-
ses aus der doppelten formula der
depositi actio bey Gajus IV.
§ 47. Die in jus heißt: Quid-
quid dare facere oportet ex
fide bona,
und hier erscheint der
Zusatz als Modification des au-
ßerdem unbedingten oportet. Da-
gegen heißt die in factum: Si
paret Agerium mensam argen-
team deposuisse,
und bey dieser
reinen Thatsache hätte die Modi-
fication ex fide bona gar keinen
Sinn gehabt, wie sie denn in der
That dabey nicht ausgedrückt ist.
In der Macht des Richters sollte
darum für diese beiden Formeln
kein Unterschied seyn; die wörtliche
Vorsorge aber wurde nur neben
dem gefährlichen Wort oportere
nöthig gefunden. Dasjenige nun,
was hier ausnahmsweise bey ei-
nigen wenigen Civilklagen galt,
war bey den prätorischen Klagen
(die insgesammt in factum con-
cipirt waren) als allgemeine Re-
gel zu betrachten, ohne daß in je-
nen oder diesen Fällen die freye
Macht des urtheilenden arbiter durch
den Zusatz ex fide bona in der
Formel gesichert zu werden brauchte.
(b) L. 11 § 1 de dolo (4. 3.).
Die actio de dolo, sagt Ulpian,
soll nicht gegeben werden den Kin-
dern gegen die Eltern, dem Frey-
gelassenen gegen seinen Patron u.
s. w. "Quid ergo est? in horum
persona dicendum est, in factum
verbis temperandam actionem
dandam, ut bonae fidei mentio
fiat.
"
Das heißt: die Intentio
soll nicht, wie gewöhnlich so lau-
ten: Si paret, dolo malo Negi-
dii factum esse rel.
Wie sie
nun vielmehr gefaßt werden konnte,
sagt uns, übereinstimmend mit Ul-
pian, Cicero ad Att. VI. 1 med.
"si ita negotium gestum est ut
eo stari non oporteat ex fide
bona,"
oder in anderen ähnlichen
Worten, wodurch nur der Begriff
des dolus bezeichnet, und doch der
Ausdruck umgangen wurde. (Vgl.
Heffter observ. in Gaji Comm.
IV. p.
79). Die Worte ex fide
bona
dienten nun zur Characte-
ristik der bloßen Thatsache, wie
denn auch das daneben stehende
opoteat einen blos factischen Sinn
hat, nicht den streng juristischen,
wie in der Intentio in jus con-
cepta.

Stricti juris, bonae fidei actiones. VI.
derung des ſtreng lautenden dare facere oportet, nicht bey
der Intentio in factum concepta, ſo wie es alle prätori-
ſche Klagen ohne Ausnahme waren (a). Eine ſcheinbare
Einwendung gegen dieſe Behauptung könnte auf eine Stelle
der Digeſten gegründet werden, nach welcher bey einer
prätoriſchen Klage, die alſo in factum war, dennoch der
bona fides Erwähnung geſchehen konnte (b). Allein dieſe

(a) Sehr anſchaulich wird die-
ſes aus der doppelten formula der
depositi actio bey Gajus IV.
§ 47. Die in jus heißt: Quid-
quid dare facere oportet ex
fide bona,
und hier erſcheint der
Zuſatz als Modification des au-
ßerdem unbedingten oportet. Da-
gegen heißt die in factum: Si
paret Agerium mensam argen-
team deposuisse,
und bey dieſer
reinen Thatſache hätte die Modi-
fication ex fide bona gar keinen
Sinn gehabt, wie ſie denn in der
That dabey nicht ausgedrückt iſt.
In der Macht des Richters ſollte
darum für dieſe beiden Formeln
kein Unterſchied ſeyn; die wörtliche
Vorſorge aber wurde nur neben
dem gefährlichen Wort oportere
nöthig gefunden. Dasjenige nun,
was hier ausnahmsweiſe bey ei-
nigen wenigen Civilklagen galt,
war bey den prätoriſchen Klagen
(die insgeſammt in factum con-
cipirt waren) als allgemeine Re-
gel zu betrachten, ohne daß in je-
nen oder dieſen Fällen die freye
Macht des urtheilenden arbiter durch
den Zuſatz ex fide bona in der
Formel geſichert zu werden brauchte.
(b) L. 11 § 1 de dolo (4. 3.).
Die actio de dolo, ſagt Ulpian,
ſoll nicht gegeben werden den Kin-
dern gegen die Eltern, dem Frey-
gelaſſenen gegen ſeinen Patron u.
ſ. w. „Quid ergo est? in horum
persona dicendum est, in factum
verbis temperandam actionem
dandam, ut bonae fidei mentio
fiat.
Das heißt: die Intentio
ſoll nicht, wie gewöhnlich ſo lau-
ten: Si paret, dolo malo Negi-
dii factum esse rel.
Wie ſie
nun vielmehr gefaßt werden konnte,
ſagt uns, übereinſtimmend mit Ul-
pian, Cicero ad Att. VI. 1 med.
„si ita negotium gestum est ut
eo stari non oporteat ex fide
bona,”
oder in anderen ähnlichen
Worten, wodurch nur der Begriff
des dolus bezeichnet, und doch der
Ausdruck umgangen wurde. (Vgl.
Heffter observ. in Gaji Comm.
IV. p.
79). Die Worte ex fide
bona
dienten nun zur Characte-
riſtik der bloßen Thatſache, wie
denn auch das daneben ſtehende
opoteat einen blos factiſchen Sinn
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[473/0487] Stricti juris, bonae fidei actiones. VI. derung des ſtreng lautenden dare facere oportet, nicht bey der Intentio in factum concepta, ſo wie es alle prätori- ſche Klagen ohne Ausnahme waren (a). Eine ſcheinbare Einwendung gegen dieſe Behauptung könnte auf eine Stelle der Digeſten gegründet werden, nach welcher bey einer prätoriſchen Klage, die alſo in factum war, dennoch der bona fides Erwähnung geſchehen konnte (b). Allein dieſe (a) Sehr anſchaulich wird die- ſes aus der doppelten formula der depositi actio bey Gajus IV. § 47. Die in jus heißt: Quid- quid dare facere oportet ex fide bona, und hier erſcheint der Zuſatz als Modification des au- ßerdem unbedingten oportet. Da- gegen heißt die in factum: Si paret Agerium mensam argen- team deposuisse, und bey dieſer reinen Thatſache hätte die Modi- fication ex fide bona gar keinen Sinn gehabt, wie ſie denn in der That dabey nicht ausgedrückt iſt. In der Macht des Richters ſollte darum für dieſe beiden Formeln kein Unterſchied ſeyn; die wörtliche Vorſorge aber wurde nur neben dem gefährlichen Wort oportere nöthig gefunden. Dasjenige nun, was hier ausnahmsweiſe bey ei- nigen wenigen Civilklagen galt, war bey den prätoriſchen Klagen (die insgeſammt in factum con- cipirt waren) als allgemeine Re- gel zu betrachten, ohne daß in je- nen oder dieſen Fällen die freye Macht des urtheilenden arbiter durch den Zuſatz ex fide bona in der Formel geſichert zu werden brauchte. (b) L. 11 § 1 de dolo (4. 3.). Die actio de dolo, ſagt Ulpian, ſoll nicht gegeben werden den Kin- dern gegen die Eltern, dem Frey- gelaſſenen gegen ſeinen Patron u. ſ. w. „Quid ergo est? in horum persona dicendum est, in factum verbis temperandam actionem dandam, ut bonae fidei mentio fiat.” Das heißt: die Intentio ſoll nicht, wie gewöhnlich ſo lau- ten: Si paret, dolo malo Negi- dii factum esse rel. Wie ſie nun vielmehr gefaßt werden konnte, ſagt uns, übereinſtimmend mit Ul- pian, Cicero ad Att. VI. 1 med. „si ita negotium gestum est ut eo stari non oporteat ex fide bona,” oder in anderen ähnlichen Worten, wodurch nur der Begriff des dolus bezeichnet, und doch der Ausdruck umgangen wurde. (Vgl. Heffter observ. in Gaji Comm. IV. p. 79). Die Worte ex fide bona dienten nun zur Characte- riſtik der bloßen Thatſache, wie denn auch das daneben ſtehende opoteat einen blos factiſchen Sinn hat, nicht den ſtreng juriſtiſchen, wie in der Intentio in jus con- cepta.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/487>, abgerufen am 21.11.2024.