Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. wodurch die Einführung der Verjährung bewirkt wordenist. Unter diesen nimmt die Präsumtion der Tilgung eine besonders wichtige Stelle ein (§ 237). Sie ist ganz vor- züglich anwendbar auf die Fälle, worin die vierte Mey- nung die Nothwendigkeit der bona fides (im Widerspruch mit den drey ersten Meynungen) behauptet, da in diesen Fällen meistens von Geldschulden die Rede seyn wird, worauf sich jene Präsumtion vorzugsweise bezieht. Wenn nun etwa nach mehr als 30 Jahren eine Kaufmannsrech- nung eingeklagt wird, so wird vielleicht durch alte Briefe bewiesen werden können, daß der Beklagte Anfangs diese Schuld gekannt hat; dadurch aber wird durchaus nicht die Wahrscheinlichkeit vermindert, daß diese Rechnung in so vielen Jahren irgend einmal bezahlt seyn werde. Ja man kann sogar bestimmt behaupten, daß Diejenigen, welche die Nothwendigkeit der bona fides bey allen Kla- gen behaupten, die Präsumtion der Tilgung als Grund der Verjährung eigentlich ganz aufgeben. Denn die Til- gung einer Schuld geschieht, mit sehr seltenen Ausnahmen, durch freywillige Handlungen des Schuldners (d), diese nun sind nicht möglich ohne Bewußtseyn der Schuld, wo- durch aber nach jener Meynung, die Verjährung gehin- dert werden soll. -- Ganz anders verhält es sich mit den (d) Allerdings kommen auch
Tilgungen ohne Handlungen des Schuldners, selbst ohne dessen Be- wußtseyn vor, z. B. wenn ein An- derer für ihn zahlt, ohne es ihm auch nur hinterher anzuzeigen, oder wenn der Schuldner ohne sein Wissen eine Gegenforderung er- wirbt; aber diese Fälle sind so sel- ten, daß sie gar nicht in Betracht kommen können. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. wodurch die Einführung der Verjährung bewirkt wordeniſt. Unter dieſen nimmt die Präſumtion der Tilgung eine beſonders wichtige Stelle ein (§ 237). Sie iſt ganz vor- züglich anwendbar auf die Fälle, worin die vierte Mey- nung die Nothwendigkeit der bona fides (im Widerſpruch mit den drey erſten Meynungen) behauptet, da in dieſen Fällen meiſtens von Geldſchulden die Rede ſeyn wird, worauf ſich jene Präſumtion vorzugsweiſe bezieht. Wenn nun etwa nach mehr als 30 Jahren eine Kaufmannsrech- nung eingeklagt wird, ſo wird vielleicht durch alte Briefe bewieſen werden können, daß der Beklagte Anfangs dieſe Schuld gekannt hat; dadurch aber wird durchaus nicht die Wahrſcheinlichkeit vermindert, daß dieſe Rechnung in ſo vielen Jahren irgend einmal bezahlt ſeyn werde. Ja man kann ſogar beſtimmt behaupten, daß Diejenigen, welche die Nothwendigkeit der bona fides bey allen Kla- gen behaupten, die Präſumtion der Tilgung als Grund der Verjährung eigentlich ganz aufgeben. Denn die Til- gung einer Schuld geſchieht, mit ſehr ſeltenen Ausnahmen, durch freywillige Handlungen des Schuldners (d), dieſe nun ſind nicht möglich ohne Bewußtſeyn der Schuld, wo- durch aber nach jener Meynung, die Verjährung gehin- dert werden ſoll. — Ganz anders verhält es ſich mit den (d) Allerdings kommen auch
Tilgungen ohne Handlungen des Schuldners, ſelbſt ohne deſſen Be- wußtſeyn vor, z. B. wenn ein An- derer für ihn zahlt, ohne es ihm auch nur hinterher anzuzeigen, oder wenn der Schuldner ohne ſein Wiſſen eine Gegenforderung er- wirbt; aber dieſe Fälle ſind ſo ſel- ten, daß ſie gar nicht in Betracht kommen können. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0354" n="340"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> wodurch die Einführung der Verjährung bewirkt worden<lb/> iſt. Unter dieſen nimmt die Präſumtion der Tilgung eine<lb/> beſonders wichtige Stelle ein (§ 237). Sie iſt ganz vor-<lb/> züglich anwendbar auf die Fälle, worin die vierte Mey-<lb/> nung die Nothwendigkeit der <hi rendition="#aq">bona fides</hi> (im Widerſpruch<lb/> mit den drey erſten Meynungen) behauptet, da in dieſen<lb/> Fällen meiſtens von Geldſchulden die Rede ſeyn wird,<lb/> worauf ſich jene Präſumtion vorzugsweiſe bezieht. Wenn<lb/> nun etwa nach mehr als 30 Jahren eine Kaufmannsrech-<lb/> nung eingeklagt wird, ſo wird vielleicht durch alte Briefe<lb/> bewieſen werden können, daß der Beklagte Anfangs dieſe<lb/> Schuld gekannt hat; dadurch aber wird durchaus nicht<lb/> die Wahrſcheinlichkeit vermindert, daß dieſe Rechnung in<lb/> ſo vielen Jahren irgend einmal bezahlt ſeyn werde. Ja<lb/> man kann ſogar beſtimmt behaupten, daß Diejenigen,<lb/> welche die Nothwendigkeit der <hi rendition="#aq">bona fides</hi> bey allen Kla-<lb/> gen behaupten, die Präſumtion der Tilgung als Grund<lb/> der Verjährung eigentlich ganz aufgeben. Denn die Til-<lb/> gung einer Schuld geſchieht, mit ſehr ſeltenen Ausnahmen,<lb/> durch freywillige Handlungen des Schuldners <note place="foot" n="(d)">Allerdings kommen auch<lb/> Tilgungen ohne Handlungen des<lb/> Schuldners, ſelbſt ohne deſſen Be-<lb/> wußtſeyn vor, z. B. wenn ein An-<lb/> derer für ihn zahlt, ohne es ihm<lb/> auch nur hinterher anzuzeigen, oder<lb/> wenn der Schuldner ohne ſein<lb/> Wiſſen eine Gegenforderung er-<lb/> wirbt; aber dieſe Fälle ſind ſo ſel-<lb/> ten, daß ſie gar nicht in Betracht<lb/> kommen können.</note>, dieſe<lb/> nun ſind nicht möglich ohne Bewußtſeyn der Schuld, wo-<lb/> durch aber nach jener Meynung, die Verjährung gehin-<lb/> dert werden ſoll. — Ganz anders verhält es ſich mit den<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [340/0354]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
wodurch die Einführung der Verjährung bewirkt worden
iſt. Unter dieſen nimmt die Präſumtion der Tilgung eine
beſonders wichtige Stelle ein (§ 237). Sie iſt ganz vor-
züglich anwendbar auf die Fälle, worin die vierte Mey-
nung die Nothwendigkeit der bona fides (im Widerſpruch
mit den drey erſten Meynungen) behauptet, da in dieſen
Fällen meiſtens von Geldſchulden die Rede ſeyn wird,
worauf ſich jene Präſumtion vorzugsweiſe bezieht. Wenn
nun etwa nach mehr als 30 Jahren eine Kaufmannsrech-
nung eingeklagt wird, ſo wird vielleicht durch alte Briefe
bewieſen werden können, daß der Beklagte Anfangs dieſe
Schuld gekannt hat; dadurch aber wird durchaus nicht
die Wahrſcheinlichkeit vermindert, daß dieſe Rechnung in
ſo vielen Jahren irgend einmal bezahlt ſeyn werde. Ja
man kann ſogar beſtimmt behaupten, daß Diejenigen,
welche die Nothwendigkeit der bona fides bey allen Kla-
gen behaupten, die Präſumtion der Tilgung als Grund
der Verjährung eigentlich ganz aufgeben. Denn die Til-
gung einer Schuld geſchieht, mit ſehr ſeltenen Ausnahmen,
durch freywillige Handlungen des Schuldners (d), dieſe
nun ſind nicht möglich ohne Bewußtſeyn der Schuld, wo-
durch aber nach jener Meynung, die Verjährung gehin-
dert werden ſoll. — Ganz anders verhält es ſich mit den
(d) Allerdings kommen auch
Tilgungen ohne Handlungen des
Schuldners, ſelbſt ohne deſſen Be-
wußtſeyn vor, z. B. wenn ein An-
derer für ihn zahlt, ohne es ihm
auch nur hinterher anzuzeigen, oder
wenn der Schuldner ohne ſein
Wiſſen eine Gegenforderung er-
wirbt; aber dieſe Fälle ſind ſo ſel-
ten, daß ſie gar nicht in Betracht
kommen können.
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