felhaft anerkennen, müssen sie nothwendig auch gelten las- sen, bey der Concurrenz der Aquilischen Klage mit der a. vi bonorum raptorum oder arborum furtim caesarum, für denjenigen Bestandtheil der beiden concurrirenden Kla- gen, welcher die reine Entschädigung zum Gegenstand hat. -- In dieser Einschränkung liegt gewissermaßen eine An- näherung an die Meynung des Paulus, und zugleich eine neue Erklärung der Entstehung dieser Meynung. Indem nämlich Paulus bey seinen Gegnern diese Einschränkung nicht ausgedrückt sah, und doch das Bedürfniß derselben empfand, kam er dahin, sie nicht nur auszudrücken, son- dern nun auch zu übertreiben, indem er sie selbst auf die reine Strafe in zwey verschiedenen Klagen anwendete, wohin sie allerdings nicht gehört.
Der in diesem §. abgehandelte Fall der Collision zwi- schen mehreren Strafgesetzen darf nicht verwechselt wer- den mit einer anderen Collision dieser Art, die mit je- ner nur eine äußerliche Ähnlichkeit hat. Wir setzten hier voraus das vereinigte Daseyn mehrerer Delicte in einer und derselben materiellen Handlung. Nun kommt es aber auch häufig vor, daß für dasselbe Vergehen oder Verbrechen mehrere Strafgesetze aus verschiedenen Zeiten vorhanden sind, und es entsteht, eben so wie bey der Klagenconcurrenz, die Frage, ob die in jenen Gesetzen enthaltenen Strafen vereinigt werden sollen, oder ob nur eine derselben anzuwenden ist. Das Princip, welches oben
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
felhaft anerkennen, müſſen ſie nothwendig auch gelten laſ- ſen, bey der Concurrenz der Aquiliſchen Klage mit der a. vi bonorum raptorum oder arborum furtim caesarum, für denjenigen Beſtandtheil der beiden concurrirenden Kla- gen, welcher die reine Entſchädigung zum Gegenſtand hat. — In dieſer Einſchränkung liegt gewiſſermaßen eine An- näherung an die Meynung des Paulus, und zugleich eine neue Erklärung der Entſtehung dieſer Meynung. Indem nämlich Paulus bey ſeinen Gegnern dieſe Einſchränkung nicht ausgedrückt ſah, und doch das Bedürfniß derſelben empfand, kam er dahin, ſie nicht nur auszudrücken, ſon- dern nun auch zu übertreiben, indem er ſie ſelbſt auf die reine Strafe in zwey verſchiedenen Klagen anwendete, wohin ſie allerdings nicht gehört.
Der in dieſem §. abgehandelte Fall der Colliſion zwi- ſchen mehreren Strafgeſetzen darf nicht verwechſelt wer- den mit einer anderen Colliſion dieſer Art, die mit je- ner nur eine äußerliche Ähnlichkeit hat. Wir ſetzten hier voraus das vereinigte Daſeyn mehrerer Delicte in einer und derſelben materiellen Handlung. Nun kommt es aber auch häufig vor, daß für daſſelbe Vergehen oder Verbrechen mehrere Strafgeſetze aus verſchiedenen Zeiten vorhanden ſind, und es entſteht, eben ſo wie bey der Klagenconcurrenz, die Frage, ob die in jenen Geſetzen enthaltenen Strafen vereinigt werden ſollen, oder ob nur eine derſelben anzuwenden iſt. Das Princip, welches oben
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
felhaft anerkennen, müſſen ſie nothwendig auch gelten laſ-
ſen, bey der Concurrenz der Aquiliſchen Klage mit der
a. vi bonorum raptorum oder arborum furtim caesarum,
für denjenigen Beſtandtheil der beiden concurrirenden Kla-
gen, welcher die reine Entſchädigung zum Gegenſtand hat.
— In dieſer Einſchränkung liegt gewiſſermaßen eine An-
näherung an die Meynung des Paulus, und zugleich eine
neue Erklärung der Entſtehung dieſer Meynung. Indem
nämlich Paulus bey ſeinen Gegnern dieſe Einſchränkung
nicht ausgedrückt ſah, und doch das Bedürfniß derſelben
empfand, kam er dahin, ſie nicht nur auszudrücken, ſon-
dern nun auch zu übertreiben, indem er ſie ſelbſt auf die
reine Strafe in zwey verſchiedenen Klagen anwendete,
wohin ſie allerdings nicht gehört.
Der in dieſem §. abgehandelte Fall der Colliſion zwi-
ſchen mehreren Strafgeſetzen darf nicht verwechſelt wer-
den mit einer anderen Colliſion dieſer Art, die mit je-
ner nur eine äußerliche Ähnlichkeit hat. Wir ſetzten
hier voraus das vereinigte Daſeyn mehrerer Delicte in
einer und derſelben materiellen Handlung. Nun kommt
es aber auch häufig vor, daß für daſſelbe Vergehen
oder Verbrechen mehrere Strafgeſetze aus verſchiedenen
Zeiten vorhanden ſind, und es entſteht, eben ſo wie bey
der Klagenconcurrenz, die Frage, ob die in jenen Geſetzen
enthaltenen Strafen vereinigt werden ſollen, oder ob nur
eine derſelben anzuwenden iſt. Das Princip, welches oben
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/264>, abgerufen am 23.12.2024.
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