Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.§. 234. Concurrenz der Klagen. (Fortsetzung.) Hindeutung darauf in der Erwähnung der großen Strei-tigkeiten, die sich, so viel wir wissen, nur auf die Collision der Strafen bezog. -- Die Richtigkeit der hier aufge- stellten Beschränkung folgt nothwendig aus allem Demje- nigen, was bey der ersten und zweyten Klasse über die Behandlung der wahren Concurrenz ausgeführt worden ist (§ 232. 233). Dort beruhte die totale oder partielle Aus- schließung der nachfolgenden Klage nicht etwa auf einer positiven, aus bloßer Schonung entsprungenen, Vorschrift, sondern aus der natürlichen Regel, daß ein schon vergü- teter Schade nicht mehr zu vergüten möglich ist, daß also eine wiederholte Bezahlung die der Entschädigung ganz fremde Natur einer Bereicherung, hier also zugleich einer Strafe, annehmen würde. Diese natürliche Regel aber kann nicht von der Anwendung durch den ganz zufälligen Umstand ausgeschlossen werden, daß manche Klagen neben der Entschädigung auch noch eine wahre Strafe verfol- gen. Vielmehr muß alsdann jeder dieser beiden Bestand- theile der Klage nach der ihm eigenthümlichen Regel be- handelt werden. Ganz entscheidend aber für die Richtig- keit der hier aufgestellten Behauptung scheint mir der Umstand, daß bey der Concurrenz der Aquilischen mit einer Contractsklage von allen alten Juristen ohne Ausnahme anerkannt wird, die Aquilische könne nach der andern Klage höchstens noch auf das amplius angestellt werden; so weit sie auf reine Entschädigung gehe, sey sie absor- birt (§ 233). Was sie nun für diesen Fall als unzwei- §. 234. Concurrenz der Klagen. (Fortſetzung.) Hindeutung darauf in der Erwähnung der großen Strei-tigkeiten, die ſich, ſo viel wir wiſſen, nur auf die Colliſion der Strafen bezog. — Die Richtigkeit der hier aufge- ſtellten Beſchränkung folgt nothwendig aus allem Demje- nigen, was bey der erſten und zweyten Klaſſe über die Behandlung der wahren Concurrenz ausgeführt worden iſt (§ 232. 233). Dort beruhte die totale oder partielle Aus- ſchließung der nachfolgenden Klage nicht etwa auf einer poſitiven, aus bloßer Schonung entſprungenen, Vorſchrift, ſondern aus der natürlichen Regel, daß ein ſchon vergü- teter Schade nicht mehr zu vergüten möglich iſt, daß alſo eine wiederholte Bezahlung die der Entſchädigung ganz fremde Natur einer Bereicherung, hier alſo zugleich einer Strafe, annehmen würde. Dieſe natürliche Regel aber kann nicht von der Anwendung durch den ganz zufälligen Umſtand ausgeſchloſſen werden, daß manche Klagen neben der Entſchädigung auch noch eine wahre Strafe verfol- gen. Vielmehr muß alsdann jeder dieſer beiden Beſtand- theile der Klage nach der ihm eigenthümlichen Regel be- handelt werden. Ganz entſcheidend aber für die Richtig- keit der hier aufgeſtellten Behauptung ſcheint mir der Umſtand, daß bey der Concurrenz der Aquiliſchen mit einer Contractsklage von allen alten Juriſten ohne Ausnahme anerkannt wird, die Aquiliſche könne nach der andern Klage höchſtens noch auf das amplius angeſtellt werden; ſo weit ſie auf reine Entſchädigung gehe, ſey ſie abſor- birt (§ 233). Was ſie nun für dieſen Fall als unzwei- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0263" n="249"/><fw place="top" type="header">§. 234. Concurrenz der Klagen. 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§. 234. Concurrenz der Klagen. (Fortſetzung.)
Hindeutung darauf in der Erwähnung der großen Strei-
tigkeiten, die ſich, ſo viel wir wiſſen, nur auf die Colliſion
der Strafen bezog. — Die Richtigkeit der hier aufge-
ſtellten Beſchränkung folgt nothwendig aus allem Demje-
nigen, was bey der erſten und zweyten Klaſſe über die
Behandlung der wahren Concurrenz ausgeführt worden iſt
(§ 232. 233). Dort beruhte die totale oder partielle Aus-
ſchließung der nachfolgenden Klage nicht etwa auf einer
poſitiven, aus bloßer Schonung entſprungenen, Vorſchrift,
ſondern aus der natürlichen Regel, daß ein ſchon vergü-
teter Schade nicht mehr zu vergüten möglich iſt, daß alſo
eine wiederholte Bezahlung die der Entſchädigung ganz
fremde Natur einer Bereicherung, hier alſo zugleich einer
Strafe, annehmen würde. Dieſe natürliche Regel aber
kann nicht von der Anwendung durch den ganz zufälligen
Umſtand ausgeſchloſſen werden, daß manche Klagen neben
der Entſchädigung auch noch eine wahre Strafe verfol-
gen. Vielmehr muß alsdann jeder dieſer beiden Beſtand-
theile der Klage nach der ihm eigenthümlichen Regel be-
handelt werden. Ganz entſcheidend aber für die Richtig-
keit der hier aufgeſtellten Behauptung ſcheint mir der
Umſtand, daß bey der Concurrenz der Aquiliſchen mit einer
Contractsklage von allen alten Juriſten ohne Ausnahme
anerkannt wird, die Aquiliſche könne nach der andern
Klage höchſtens noch auf das amplius angeſtellt werden;
ſo weit ſie auf reine Entſchädigung gehe, ſey ſie abſor-
birt (§ 233). Was ſie nun für dieſen Fall als unzwei-
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