aber ganz verwerflichen, Verwechslung des gleichen ma- teriellen Entstehungsgrundes mit dem gleichen Gegenstand der Klagen (§ 231), wodurch sie dann ferner verleitet worden sind, für diesen Fall eine Prozeßconsumtion anzu- nehmen, die darin in der That nicht begründet ist; ferner wurden sie getäuscht durch die scheinbare Ähnlichkeit des Verhältnisses, worin mehrere Strafklagen zu einander ste- hen, mit dem zwischen mehreren Entschädigungsklagen; endlich auch durch die allerdings zweydeutige Natur der gemischten Strafklagen, deren beide Bestandtheile jedoch stets mit Sicherheit unterschieden werden können.
Über die wirklichen Meynungen der alten Juristen ha- ben wir folgende Nachrichten. Modestin behandelt die- sen Fall nach der für die erste Klasse (§ 232) aufgestellten Regel, läßt also stets nur eine der mehreren Strafklagen zu. -- Paulus behandelt ihn nach der Regel der zwey- ten Klasse (§ 233), gestattet also, wenn eine Strafklage gebraucht ist, auch noch eine zweyte, jedoch nur auf das amplius. -- Papinian und Ulpian nehmen gar keine Concurrenz zwischen solchen Klagen an, lassen also jeder derselben ihre volle Wirkung auch neben den übrigen. Die- selbe Meynung hat Hermogenian, der zugleich die spä- tere allgemeine Anerkennung derselben berichtet.
I.Modestin. Seine Meynung kommt in keiner ein- zelnen Anwendung vor, sondern blos in folgender allge- mein ausgedrückten Regel (k):
(k)L. 53 pr. de O. et A. (44.7.) aus Modestinus lib. 3 regularum.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
aber ganz verwerflichen, Verwechslung des gleichen ma- teriellen Entſtehungsgrundes mit dem gleichen Gegenſtand der Klagen (§ 231), wodurch ſie dann ferner verleitet worden ſind, für dieſen Fall eine Prozeßconſumtion anzu- nehmen, die darin in der That nicht begründet iſt; ferner wurden ſie getäuſcht durch die ſcheinbare Ähnlichkeit des Verhältniſſes, worin mehrere Strafklagen zu einander ſte- hen, mit dem zwiſchen mehreren Entſchädigungsklagen; endlich auch durch die allerdings zweydeutige Natur der gemiſchten Strafklagen, deren beide Beſtandtheile jedoch ſtets mit Sicherheit unterſchieden werden können.
Über die wirklichen Meynungen der alten Juriſten ha- ben wir folgende Nachrichten. Modeſtin behandelt die- ſen Fall nach der für die erſte Klaſſe (§ 232) aufgeſtellten Regel, läßt alſo ſtets nur eine der mehreren Strafklagen zu. — Paulus behandelt ihn nach der Regel der zwey- ten Klaſſe (§ 233), geſtattet alſo, wenn eine Strafklage gebraucht iſt, auch noch eine zweyte, jedoch nur auf das amplius. — Papinian und Ulpian nehmen gar keine Concurrenz zwiſchen ſolchen Klagen an, laſſen alſo jeder derſelben ihre volle Wirkung auch neben den übrigen. Die- ſelbe Meynung hat Hermogenian, der zugleich die ſpä- tere allgemeine Anerkennung derſelben berichtet.
I.Modeſtin. Seine Meynung kommt in keiner ein- zelnen Anwendung vor, ſondern blos in folgender allge- mein ausgedrückten Regel (k):
(k)L. 53 pr. de O. et A. (44.7.) aus Modestinus lib. 3 regularum.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
aber ganz verwerflichen, Verwechslung des gleichen ma-
teriellen Entſtehungsgrundes mit dem gleichen Gegenſtand
der Klagen (§ 231), wodurch ſie dann ferner verleitet
worden ſind, für dieſen Fall eine Prozeßconſumtion anzu-
nehmen, die darin in der That nicht begründet iſt; ferner
wurden ſie getäuſcht durch die ſcheinbare Ähnlichkeit des
Verhältniſſes, worin mehrere Strafklagen zu einander ſte-
hen, mit dem zwiſchen mehreren Entſchädigungsklagen;
endlich auch durch die allerdings zweydeutige Natur der
gemiſchten Strafklagen, deren beide Beſtandtheile jedoch
ſtets mit Sicherheit unterſchieden werden können.
Über die wirklichen Meynungen der alten Juriſten ha-
ben wir folgende Nachrichten. Modeſtin behandelt die-
ſen Fall nach der für die erſte Klaſſe (§ 232) aufgeſtellten
Regel, läßt alſo ſtets nur eine der mehreren Strafklagen
zu. — Paulus behandelt ihn nach der Regel der zwey-
ten Klaſſe (§ 233), geſtattet alſo, wenn eine Strafklage
gebraucht iſt, auch noch eine zweyte, jedoch nur auf das
amplius. — Papinian und Ulpian nehmen gar keine
Concurrenz zwiſchen ſolchen Klagen an, laſſen alſo jeder
derſelben ihre volle Wirkung auch neben den übrigen. Die-
ſelbe Meynung hat Hermogenian, der zugleich die ſpä-
tere allgemeine Anerkennung derſelben berichtet.
I. Modeſtin. Seine Meynung kommt in keiner ein-
zelnen Anwendung vor, ſondern blos in folgender allge-
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(k) L. 53 pr. de O. et A. (44.7.) aus Modestinus lib. 3 regularum.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/252>, abgerufen am 23.12.2024.
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