Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. man die, allerdings durch Handschriften beglaubigte, Lese-art non remanere als richtig annehmen. Allein zwey Gründe stehen diesem Resultat, und der damit verbunde- nen Leseart, entgegen. Erstlich das im Anfang des ge- genwärtigen Paragraphen (Note c) angegebene, von Pau- lus aufgestellte Princip, welches er so festhält, daß er es auch da anwendet, wohin es nicht gehört; zweytens, daß Paulus wenige Zeilen vor unsrer Stelle die Aquilische Klage hinter der Injurienklage in id quod amplius com- petit gelten läßt, welches also auf dieselbe Weise auch hinter der commodati actio möglich und richtig seyn muß. -- Die einfachste Art, diesen Sinn zu retten, besteht darin, daß man, nach dem Vorschlag des Cujacius, und nach einer, wenn auch zweydeutigen, handschriftlichen Autorität (Note r), die Leseart: locum habet (ohne non) annimmt. Nun ist der Sinn dieser: "die Aquilische Klage gilt auch jetzt noch, weil ihr Erfolg (möglicherweise) über das Sim- plum hinausgeht, so daß dann die Klage, auch nach Ab- zug des schon bezahlten Simplum, noch immer ein Object hat, für welches sie denn auch wirklich zulässig ist." -- Indessen kann man versuchen, auch die vollständige Flo- rentinische Leseart durch folgende, den Gedanken ergän- zende, Paraphrase zu erhalten: "Die Aquilische Klage bleibt übrig, aber nicht blos, wie es in der Frage aus- gedrückt war, für das amplius, sondern ganz (also rema- nere für integram remanere), weil nämlich das amplius in der Klage nur als ein Zusatz zu dem Simplum er- Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. man die, allerdings durch Handſchriften beglaubigte, Leſe-art non remanere als richtig annehmen. Allein zwey Gründe ſtehen dieſem Reſultat, und der damit verbunde- nen Leſeart, entgegen. Erſtlich das im Anfang des ge- genwärtigen Paragraphen (Note c) angegebene, von Pau- lus aufgeſtellte Princip, welches er ſo feſthält, daß er es auch da anwendet, wohin es nicht gehört; zweytens, daß Paulus wenige Zeilen vor unſrer Stelle die Aquiliſche Klage hinter der Injurienklage in id quod amplius com- petit gelten läßt, welches alſo auf dieſelbe Weiſe auch hinter der commodati actio möglich und richtig ſeyn muß. — Die einfachſte Art, dieſen Sinn zu retten, beſteht darin, daß man, nach dem Vorſchlag des Cujacius, und nach einer, wenn auch zweydeutigen, handſchriftlichen Autorität (Note r), die Leſeart: locum habet (ohne non) annimmt. Nun iſt der Sinn dieſer: „die Aquiliſche Klage gilt auch jetzt noch, weil ihr Erfolg (möglicherweiſe) über das Sim- plum hinausgeht, ſo daß dann die Klage, auch nach Ab- zug des ſchon bezahlten Simplum, noch immer ein Object hat, für welches ſie denn auch wirklich zuläſſig iſt.“ — Indeſſen kann man verſuchen, auch die vollſtändige Flo- rentiniſche Leſeart durch folgende, den Gedanken ergän- zende, Paraphraſe zu erhalten: „Die Aquiliſche Klage bleibt übrig, aber nicht blos, wie es in der Frage aus- gedrückt war, für das amplius, ſondern ganz (alſo rema- nere für integram remanere), weil nämlich das amplius in der Klage nur als ein Zuſatz zu dem Simplum er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0244" n="230"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. 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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
man die, allerdings durch Handſchriften beglaubigte, Leſe-
art non remanere als richtig annehmen. Allein zwey
Gründe ſtehen dieſem Reſultat, und der damit verbunde-
nen Leſeart, entgegen. Erſtlich das im Anfang des ge-
genwärtigen Paragraphen (Note c) angegebene, von Pau-
lus aufgeſtellte Princip, welches er ſo feſthält, daß er es
auch da anwendet, wohin es nicht gehört; zweytens, daß
Paulus wenige Zeilen vor unſrer Stelle die Aquiliſche
Klage hinter der Injurienklage in id quod amplius com-
petit gelten läßt, welches alſo auf dieſelbe Weiſe auch
hinter der commodati actio möglich und richtig ſeyn muß. —
Die einfachſte Art, dieſen Sinn zu retten, beſteht darin,
daß man, nach dem Vorſchlag des Cujacius, und nach
einer, wenn auch zweydeutigen, handſchriftlichen Autorität
(Note r), die Leſeart: locum habet (ohne non) annimmt.
Nun iſt der Sinn dieſer: „die Aquiliſche Klage gilt auch
jetzt noch, weil ihr Erfolg (möglicherweiſe) über das Sim-
plum hinausgeht, ſo daß dann die Klage, auch nach Ab-
zug des ſchon bezahlten Simplum, noch immer ein Object
hat, für welches ſie denn auch wirklich zuläſſig iſt.“ —
Indeſſen kann man verſuchen, auch die vollſtändige Flo-
rentiniſche Leſeart durch folgende, den Gedanken ergän-
zende, Paraphraſe zu erhalten: „Die Aquiliſche Klage
bleibt übrig, aber nicht blos, wie es in der Frage aus-
gedrückt war, für das amplius, ſondern ganz (alſo rema-
nere für integram remanere), weil nämlich das amplius
in der Klage nur als ein Zuſatz zu dem Simplum er-
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