unrichtig, wenn Manche glauben, diese Theorie habe hierin ein entgegengesetztes Interesse, und es sey gerade um ihret- willen nöthig, den Römischen Begriff der Exceptionen gänzlich aufzugeben. Da dieser Punkt von Erheblichkeit ist, so muß derselbe noch genauer ausgeführt werden.
Es ist keinesweges meine Meynung, daß die Römische Lehre von den Exceptionen einen unmittelbaren Einfluß auf das heutige Prozeßrecht haben soll, dessen Selbststän- digkeit also durch jene Lehre gefährdet werden möchte. Wie unabhängig Beides von einander ist, läßt sich jedoch nur durch eine Übersicht der einzelnen Institute des Pro- zesses nachweisen, mit welchen die Exceptionen in Berüh- rung kommen.
Eine der wichtigsten Fragen betrifft die Beweislast. Niemand zweifelt, daß der Grund der Exceptionen vom Beklagten bewiesen werden muß (k), welches eben die Hauptbedeutung der Regel ist: reus in exceptione actor est(l). Dabey kommen noch dieselben Einschränkungen vor, die auch für die Beweislast des Klägers gelten; wenn nämlich der Kläger den Grund der Exception im Allge- meinen zugiebt, denselben aber durch die Behauptung be- sonderer Bedingungen zu entkräften versucht, so muß die Wahrheit dieser Behauptung vom Kläger bewiesen wer- den (m). -- Dagegen behauptet Niemand, daß diese Be-
(k)L. 19 pr. L. 9 de prob. (22. 3.), L. 25 § 2 eod. (Note n).
(l)L. 1 de exc. (44. 1.). L. 19 pr. de prob. (22. 3.).
(m)L. 9 de prob. (22. 3.).
§. 228. Exceptionen. Abweichende Anſichten.
unrichtig, wenn Manche glauben, dieſe Theorie habe hierin ein entgegengeſetztes Intereſſe, und es ſey gerade um ihret- willen nöthig, den Römiſchen Begriff der Exceptionen gänzlich aufzugeben. Da dieſer Punkt von Erheblichkeit iſt, ſo muß derſelbe noch genauer ausgeführt werden.
Es iſt keinesweges meine Meynung, daß die Römiſche Lehre von den Exceptionen einen unmittelbaren Einfluß auf das heutige Prozeßrecht haben ſoll, deſſen Selbſtſtän- digkeit alſo durch jene Lehre gefährdet werden möchte. Wie unabhängig Beides von einander iſt, läßt ſich jedoch nur durch eine Überſicht der einzelnen Inſtitute des Pro- zeſſes nachweiſen, mit welchen die Exceptionen in Berüh- rung kommen.
Eine der wichtigſten Fragen betrifft die Beweislaſt. Niemand zweifelt, daß der Grund der Exceptionen vom Beklagten bewieſen werden muß (k), welches eben die Hauptbedeutung der Regel iſt: reus in exceptione actor est(l). Dabey kommen noch dieſelben Einſchränkungen vor, die auch für die Beweislaſt des Klägers gelten; wenn nämlich der Kläger den Grund der Exception im Allge- meinen zugiebt, denſelben aber durch die Behauptung be- ſonderer Bedingungen zu entkräften verſucht, ſo muß die Wahrheit dieſer Behauptung vom Kläger bewieſen wer- den (m). — Dagegen behauptet Niemand, daß dieſe Be-
(k)L. 19 pr. L. 9 de prob. (22. 3.), L. 25 § 2 eod. (Note n).
(l)L. 1 de exc. (44. 1.). L. 19 pr. de prob. (22. 3.).
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§. 228. Exceptionen. Abweichende Anſichten.
unrichtig, wenn Manche glauben, dieſe Theorie habe hierin
ein entgegengeſetztes Intereſſe, und es ſey gerade um ihret-
willen nöthig, den Römiſchen Begriff der Exceptionen
gänzlich aufzugeben. Da dieſer Punkt von Erheblichkeit
iſt, ſo muß derſelbe noch genauer ausgeführt werden.
Es iſt keinesweges meine Meynung, daß die Römiſche
Lehre von den Exceptionen einen unmittelbaren Einfluß
auf das heutige Prozeßrecht haben ſoll, deſſen Selbſtſtän-
digkeit alſo durch jene Lehre gefährdet werden möchte.
Wie unabhängig Beides von einander iſt, läßt ſich jedoch
nur durch eine Überſicht der einzelnen Inſtitute des Pro-
zeſſes nachweiſen, mit welchen die Exceptionen in Berüh-
rung kommen.
Eine der wichtigſten Fragen betrifft die Beweislaſt.
Niemand zweifelt, daß der Grund der Exceptionen vom
Beklagten bewieſen werden muß (k), welches eben die
Hauptbedeutung der Regel iſt: reus in exceptione actor
est (l). Dabey kommen noch dieſelben Einſchränkungen
vor, die auch für die Beweislaſt des Klägers gelten; wenn
nämlich der Kläger den Grund der Exception im Allge-
meinen zugiebt, denſelben aber durch die Behauptung be-
ſonderer Bedingungen zu entkräften verſucht, ſo muß die
Wahrheit dieſer Behauptung vom Kläger bewieſen wer-
den (m). — Dagegen behauptet Niemand, daß dieſe Be-
(k) L. 19 pr. L. 9 de prob.
(22. 3.), L. 25 § 2 eod. (Note n).
(l) L. 1 de exc. (44. 1.). L. 19
pr. de prob. (22. 3.).
(m) L. 9 de prob. (22. 3.).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/199>, abgerufen am 23.12.2024.
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