Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung. Der vollständige Zusammenhang der Sache wird aber erstaus folgenden Betrachtungen hervorgehen. Zunächst erscheint diese Anstalt blos als ein dem Arbi- (6. 1.), von welcher noch weiter die Rede seyn wird. -- Damit nicht der Beklagte die Sache un- bestimmt hinhalten konnte, wurde ihm ein Termin zur Restitution angesetzt. L. 6 § 2 de confess. (42. 2.) ex his actionibus, ex quibus dies datur ad restituen- dam rem. Da übrigens in die- ser Einrichtung blos ein freyes, billiges Ermessen des Arbiter, nicht eine unnütze Formalität begründet seyn sollte, so unterblieb ohne Zweifel der arbitratus, wenn des- sen Fruchtlosigkeit sicher vorherzu- sehen war. Dieses war aber der Fall, wenn der Beklagte die Sache unredlicherweise zerstört oder ver- äußert hatte, also unmöglich resti- tuiren konnte. (c) Nicht als ob nun dem Be-
klagten die Sache um die bezahlte Geldsumme wirklich verkauft ge- wesen wäre; ein wirkliches Recht daran erhielt er eben so wenig, als der Verurtheilte, qui dolo de- siit possidere. L. 69. 70. de R. V. (6. 1.). Allein, wenn er nur den Besitz sorgfältig hütete, so blieb ihm stets der Genuß der Sache, und der Eigenthümer mußte ihn entbehren; denn eine wieder- holte Klage konnte Dieser nicht anstellen, da das Klagerecht con- sumirt war. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Der vollſtändige Zuſammenhang der Sache wird aber erſtaus folgenden Betrachtungen hervorgehen. Zunächſt erſcheint dieſe Anſtalt blos als ein dem Arbi- (6. 1.), von welcher noch weiter die Rede ſeyn wird. — Damit nicht der Beklagte die Sache un- beſtimmt hinhalten konnte, wurde ihm ein Termin zur Reſtitution angeſetzt. L. 6 § 2 de confess. (42. 2.) ex his actionibus, ex quibus dies datur ad restituen- dam rem. Da übrigens in die- ſer Einrichtung blos ein freyes, billiges Ermeſſen des Arbiter, nicht eine unnütze Formalität begründet ſeyn ſollte, ſo unterblieb ohne Zweifel der arbitratus, wenn deſ- ſen Fruchtloſigkeit ſicher vorherzu- ſehen war. Dieſes war aber der Fall, wenn der Beklagte die Sache unredlicherweiſe zerſtört oder ver- äußert hatte, alſo unmöglich reſti- tuiren konnte. (c) Nicht als ob nun dem Be-
klagten die Sache um die bezahlte Geldſumme wirklich verkauft ge- weſen wäre; ein wirkliches Recht daran erhielt er eben ſo wenig, als der Verurtheilte, qui dolo de- siit possidere. L. 69. 70. de R. V. (6. 1.). Allein, wenn er nur den Beſitz ſorgfältig hütete, ſo blieb ihm ſtets der Genuß der Sache, und der Eigenthümer mußte ihn entbehren; denn eine wieder- holte Klage konnte Dieſer nicht anſtellen, da das Klagerecht con- ſumirt war. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0136" n="122"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> Der vollſtändige Zuſammenhang der Sache wird aber erſt<lb/> aus folgenden Betrachtungen hervorgehen.</p><lb/> <p>Zunächſt erſcheint dieſe Anſtalt blos als ein dem Arbi-<lb/> ter vorgeſchriebener Vergleichsverſuch, folglich als eine<lb/> Prozeßform, von der nicht einleuchtet, wie ſie genug ma-<lb/> terielle Wichtigkeit erhalten konnte, um zur Bildung einer<lb/> eigenen Klaſſe von Klagen Veranlaſſung zu geben. Dieſe<lb/> Wichtigkeit aber erklärt ſich aus der Eigenthümlichkeit des<lb/> alten Prozeſſes, nach welcher kein Richter anders, als auf<lb/> Zahlung einer Geldſumme, verurtheilen durfte (§ 215. <hi rendition="#aq">r</hi>).<lb/> Daraus entſtand die ſeltſame und ungerechte Folge, daß<lb/> ein hartnäckiger Beklagter den Kläger ſtets zur Abtretung<lb/> der Dieſem gebührenden Sache gegen baares Geld nöthi-<lb/> gen konnte <note place="foot" n="(c)">Nicht als ob nun dem Be-<lb/> klagten die Sache um die bezahlte<lb/> Geldſumme wirklich verkauft ge-<lb/> weſen wäre; ein wirkliches Recht<lb/> daran erhielt er eben ſo wenig,<lb/> als der Verurtheilte, <hi rendition="#aq">qui dolo de-<lb/> siit possidere. <hi rendition="#i">L.</hi> 69. 70. <hi rendition="#i">de<lb/> R. V.</hi></hi> (6. 1.). Allein, wenn er<lb/> nur den Beſitz ſorgfältig hütete,<lb/> ſo blieb ihm ſtets der Genuß der<lb/> Sache, und der Eigenthümer mußte<lb/> ihn entbehren; denn eine wieder-<lb/> holte Klage konnte Dieſer nicht<lb/> anſtellen, da das Klagerecht con-<lb/> ſumirt war.</note>. Dieſe Folge ſollte dadurch abgewendet<lb/><note xml:id="seg2pn_22_2" prev="#seg2pn_22_1" place="foot" n="(b)">(6. 1.), von welcher noch weiter<lb/> die Rede ſeyn wird. — Damit<lb/> nicht der Beklagte die Sache un-<lb/> beſtimmt hinhalten konnte, wurde<lb/> ihm ein Termin zur Reſtitution<lb/> angeſetzt. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 6 § 2 <hi rendition="#i">de confess.</hi><lb/> (42. 2.) ex his actionibus, ex<lb/> quibus <hi rendition="#i">dies datur ad restituen-<lb/> dam rem.</hi></hi> Da übrigens in die-<lb/> ſer Einrichtung blos ein freyes,<lb/> billiges Ermeſſen des Arbiter, nicht<lb/> eine unnütze Formalität begründet<lb/> ſeyn ſollte, ſo unterblieb ohne<lb/> Zweifel der <hi rendition="#aq">arbitratus,</hi> wenn deſ-<lb/> ſen Fruchtloſigkeit ſicher vorherzu-<lb/> ſehen war. Dieſes war aber der<lb/> Fall, wenn der Beklagte die Sache<lb/> unredlicherweiſe zerſtört oder ver-<lb/> äußert hatte, alſo unmöglich reſti-<lb/> tuiren konnte.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0136]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Der vollſtändige Zuſammenhang der Sache wird aber erſt
aus folgenden Betrachtungen hervorgehen.
Zunächſt erſcheint dieſe Anſtalt blos als ein dem Arbi-
ter vorgeſchriebener Vergleichsverſuch, folglich als eine
Prozeßform, von der nicht einleuchtet, wie ſie genug ma-
terielle Wichtigkeit erhalten konnte, um zur Bildung einer
eigenen Klaſſe von Klagen Veranlaſſung zu geben. Dieſe
Wichtigkeit aber erklärt ſich aus der Eigenthümlichkeit des
alten Prozeſſes, nach welcher kein Richter anders, als auf
Zahlung einer Geldſumme, verurtheilen durfte (§ 215. r).
Daraus entſtand die ſeltſame und ungerechte Folge, daß
ein hartnäckiger Beklagter den Kläger ſtets zur Abtretung
der Dieſem gebührenden Sache gegen baares Geld nöthi-
gen konnte (c). Dieſe Folge ſollte dadurch abgewendet
(b)
(c) Nicht als ob nun dem Be-
klagten die Sache um die bezahlte
Geldſumme wirklich verkauft ge-
weſen wäre; ein wirkliches Recht
daran erhielt er eben ſo wenig,
als der Verurtheilte, qui dolo de-
siit possidere. L. 69. 70. de
R. V. (6. 1.). Allein, wenn er
nur den Beſitz ſorgfältig hütete,
ſo blieb ihm ſtets der Genuß der
Sache, und der Eigenthümer mußte
ihn entbehren; denn eine wieder-
holte Klage konnte Dieſer nicht
anſtellen, da das Klagerecht con-
ſumirt war.
(b) (6. 1.), von welcher noch weiter
die Rede ſeyn wird. — Damit
nicht der Beklagte die Sache un-
beſtimmt hinhalten konnte, wurde
ihm ein Termin zur Reſtitution
angeſetzt. L. 6 § 2 de confess.
(42. 2.) ex his actionibus, ex
quibus dies datur ad restituen-
dam rem. Da übrigens in die-
ſer Einrichtung blos ein freyes,
billiges Ermeſſen des Arbiter, nicht
eine unnütze Formalität begründet
ſeyn ſollte, ſo unterblieb ohne
Zweifel der arbitratus, wenn deſ-
ſen Fruchtloſigkeit ſicher vorherzu-
ſehen war. Dieſes war aber der
Fall, wenn der Beklagte die Sache
unredlicherweiſe zerſtört oder ver-
äußert hatte, alſo unmöglich reſti-
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