Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
bitum stets als Schenkung angesehen wird (i), indem das indebitum in der That kein Vermögensstück ist, sondern höchstens den täuschenden Schein eines solchen an sich trägt.
Endlich kann auch die Gegenleistung ganz in die Zu- kunft fallen. Dahin gehört der Empfang eines Darlehens, indem das jetzt erworbene Eigenthum des Geldes die Ver- pflichtung zu künftiger Rückzahlung mit sich führt.
Hat die Gegenleistung, verglichen mit dem gegenwär- tigen Erwerb, gleichen oder höheren Geldwerth, so ist eine in diesem Erwerb liegende Schenkung ganz unmög- lich. Hat sie einen geringeren Werth, so kann möglicher- weise der Erwerb die Natur einer Schenkung annehmen. Ob er sie wirklich habe, das hängt dann von der Absicht des Gebers ab, und es entsteht daraus ein gemischtes Ge- schäft (negotium mixtum cum donatione), dessen eigen- thümliche Beschaffenheit unten näher bestimmt werden wird.
Der dritte Grund endlich, das Daseyn der Bereiche- rung, folglich auch der Schenkung, zu verneinen, liegt darin, daß das ursprünglich erworbene Recht in der Folge wieder untergeht, und so die Anfangs vorhandene Berei- cherung verschwindet. Dieser Fall unterscheidet sich von den vorhergehenden darin, daß in jenen niemals eine Schenkung vorhanden ist, anstatt daß in dem zuletzt erwähnten Fall meistens das Geschäft zunächst eine wahre Schenkung ist, nach einiger Zeit aber eine solche zu seyn aufhört. Die- ser dritte Grund also, da wo er als wirksam anerkannt
(i) Vgl. Beylage VIII. Num. XXXVI. Note e.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
bitum ſtets als Schenkung angeſehen wird (i), indem das indebitum in der That kein Vermögensſtück iſt, ſondern höchſtens den täuſchenden Schein eines ſolchen an ſich trägt.
Endlich kann auch die Gegenleiſtung ganz in die Zu- kunft fallen. Dahin gehört der Empfang eines Darlehens, indem das jetzt erworbene Eigenthum des Geldes die Ver- pflichtung zu künftiger Rückzahlung mit ſich führt.
Hat die Gegenleiſtung, verglichen mit dem gegenwär- tigen Erwerb, gleichen oder höheren Geldwerth, ſo iſt eine in dieſem Erwerb liegende Schenkung ganz unmoͤg- lich. Hat ſie einen geringeren Werth, ſo kann möglicher- weiſe der Erwerb die Natur einer Schenkung annehmen. Ob er ſie wirklich habe, das hängt dann von der Abſicht des Gebers ab, und es entſteht daraus ein gemiſchtes Ge- ſchäft (negotium mixtum cum donatione), deſſen eigen- thümliche Beſchaffenheit unten näher beſtimmt werden wird.
Der dritte Grund endlich, das Daſeyn der Bereiche- rung, folglich auch der Schenkung, zu verneinen, liegt darin, daß das urſprünglich erworbene Recht in der Folge wieder untergeht, und ſo die Anfangs vorhandene Berei- cherung verſchwindet. Dieſer Fall unterſcheidet ſich von den vorhergehenden darin, daß in jenen niemals eine Schenkung vorhanden iſt, anſtatt daß in dem zuletzt erwähnten Fall meiſtens das Geſchäft zunächſt eine wahre Schenkung iſt, nach einiger Zeit aber eine ſolche zu ſeyn aufhört. Die- ſer dritte Grund alſo, da wo er als wirkſam anerkannt
(i) Vgl. Beylage VIII. Num. XXXVI. Note e.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
bitum ſtets als Schenkung angeſehen wird (i), indem das
indebitum in der That kein Vermögensſtück iſt, ſondern
höchſtens den täuſchenden Schein eines ſolchen an ſich trägt.
Endlich kann auch die Gegenleiſtung ganz in die Zu-
kunft fallen. Dahin gehört der Empfang eines Darlehens,
indem das jetzt erworbene Eigenthum des Geldes die Ver-
pflichtung zu künftiger Rückzahlung mit ſich führt.
Hat die Gegenleiſtung, verglichen mit dem gegenwär-
tigen Erwerb, gleichen oder höheren Geldwerth, ſo iſt
eine in dieſem Erwerb liegende Schenkung ganz unmoͤg-
lich. Hat ſie einen geringeren Werth, ſo kann möglicher-
weiſe der Erwerb die Natur einer Schenkung annehmen.
Ob er ſie wirklich habe, das hängt dann von der Abſicht
des Gebers ab, und es entſteht daraus ein gemiſchtes Ge-
ſchäft (negotium mixtum cum donatione), deſſen eigen-
thümliche Beſchaffenheit unten näher beſtimmt werden wird.
Der dritte Grund endlich, das Daſeyn der Bereiche-
rung, folglich auch der Schenkung, zu verneinen, liegt
darin, daß das urſprünglich erworbene Recht in der Folge
wieder untergeht, und ſo die Anfangs vorhandene Berei-
cherung verſchwindet. Dieſer Fall unterſcheidet ſich von den
vorhergehenden darin, daß in jenen niemals eine Schenkung
vorhanden iſt, anſtatt daß in dem zuletzt erwähnten Fall
meiſtens das Geſchäft zunächſt eine wahre Schenkung iſt,
nach einiger Zeit aber eine ſolche zu ſeyn aufhört. Die-
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(i) Vgl. Beylage VIII. Num. XXXVI. Note e.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/72>, abgerufen am 24.11.2024.
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