Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.§. 201. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung. (Forts.) bezeugen können, ist einleuchtend. Sie müßten also etwaaussagen, daß sie von ihren Vorfahren gehört hätten, die- sen sey von ihren Vorfahren die unrechtmäßige Entstehung mitgetheilt worden, das heißt es würde nun der Beweis durch bloße Tradition geführt. Dieses scheint aber höchst bedenklich, theils wegen der Unsicherheit einer solchen Tra- dition an sich, theils weil durch sie fast niemals der oben erwähnte Causalzusammenhang klar werden wird. Hier kommen wir nun zurück auf die oben (§ 199) ausgesetzten Worte der L. 28 de probat. (22. 3) et hoc infinite similiter sursum versum accidit welche allerdings auf die Zulässigkeit einer solchen endlo- sen Tradition zu deuten scheinen. Dem Misbrauch, der davon gemacht werden könnte, wird nun allerdings schon dadurch gesteuert werden, wenn der Richter strenge auf den erwähnten Causalzusammenhang steht. Außerdem aber ist zu bedenken, daß die angeführte Stelle blos auf die actio aquae pluviae geht, und zwar auf die in offenem Feld gemachte, der allgemeinen Wahrnehmung zugängliche, Anlage eines Dammes oder Grabens. Dabey wird eine solche Tradition leichter, als bey gewöhnlichen, auf zwey Personen beschränkten, Besitzverhältnissen, ein sicheres Re- sultat geben können, und auf Fälle solcher Art ist daher die in jener Stelle enthaltene Anweisung zu beschränken (m) (m) So erklärt die Stelle auch Pfeiffer S. 75. 76.
§. 201. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung. (Fortſ.) bezeugen können, iſt einleuchtend. Sie müßten alſo etwaausſagen, daß ſie von ihren Vorfahren gehört hätten, die- ſen ſey von ihren Vorfahren die unrechtmäßige Entſtehung mitgetheilt worden, das heißt es würde nun der Beweis durch bloße Tradition geführt. Dieſes ſcheint aber höchſt bedenklich, theils wegen der Unſicherheit einer ſolchen Tra- dition an ſich, theils weil durch ſie faſt niemals der oben erwähnte Cauſalzuſammenhang klar werden wird. Hier kommen wir nun zurück auf die oben (§ 199) ausgeſetzten Worte der L. 28 de probat. (22. 3) et hoc infinite similiter sursum versum accidit welche allerdings auf die Zuläſſigkeit einer ſolchen endlo- ſen Tradition zu deuten ſcheinen. Dem Misbrauch, der davon gemacht werden könnte, wird nun allerdings ſchon dadurch geſteuert werden, wenn der Richter ſtrenge auf den erwähnten Cauſalzuſammenhang ſteht. Außerdem aber iſt zu bedenken, daß die angeführte Stelle blos auf die actio aquae pluviae geht, und zwar auf die in offenem Feld gemachte, der allgemeinen Wahrnehmung zugängliche, Anlage eines Dammes oder Grabens. Dabey wird eine ſolche Tradition leichter, als bey gewöhnlichen, auf zwey Perſonen beſchränkten, Beſitzverhältniſſen, ein ſicheres Re- ſultat geben können, und auf Fälle ſolcher Art iſt daher die in jener Stelle enthaltene Anweiſung zu beſchränken (m) (m) So erklärt die Stelle auch Pfeiffer S. 75. 76.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0549" n="535"/><fw place="top" type="header">§. 201. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung. (Fortſ.)</fw><lb/> bezeugen können, iſt einleuchtend. Sie müßten alſo etwa<lb/> ausſagen, daß ſie von ihren Vorfahren gehört hätten, die-<lb/> ſen ſey von ihren Vorfahren die unrechtmäßige Entſtehung<lb/> mitgetheilt worden, das heißt es würde nun der Beweis<lb/> durch bloße Tradition geführt. Dieſes ſcheint aber höchſt<lb/> bedenklich, theils wegen der Unſicherheit einer ſolchen Tra-<lb/> dition an ſich, theils weil durch ſie faſt niemals der oben<lb/> erwähnte Cauſalzuſammenhang klar werden wird. Hier<lb/> kommen wir nun zurück auf die oben (§ 199) ausgeſetzten<lb/> Worte der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 28 <hi rendition="#i">de probat.</hi></hi> (22. 3)<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">et hoc infinite similiter sursum versum accidit</hi></hi><lb/> welche allerdings auf die Zuläſſigkeit einer ſolchen endlo-<lb/> ſen Tradition zu deuten ſcheinen. Dem Misbrauch, der<lb/> davon gemacht werden könnte, wird nun allerdings ſchon<lb/> dadurch geſteuert werden, wenn der Richter ſtrenge auf<lb/> den erwähnten Cauſalzuſammenhang ſteht. Außerdem aber<lb/> iſt zu bedenken, daß die angeführte Stelle blos auf die<lb/><hi rendition="#aq">actio aquae pluviae</hi> geht, und zwar auf die in offenem<lb/> Feld gemachte, der allgemeinen Wahrnehmung zugängliche,<lb/> Anlage eines Dammes oder Grabens. Dabey wird eine<lb/> ſolche Tradition leichter, als bey gewöhnlichen, auf zwey<lb/> Perſonen beſchränkten, Beſitzverhältniſſen, ein ſicheres Re-<lb/> ſultat geben können, und auf Fälle ſolcher Art iſt daher<lb/> die in jener Stelle enthaltene Anweiſung zu beſchränken <note place="foot" n="(m)">So erklärt die Stelle auch <hi rendition="#g">Pfeiffer</hi> S. 75. 76.</note></p> </div><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [535/0549]
§. 201. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung. (Fortſ.)
bezeugen können, iſt einleuchtend. Sie müßten alſo etwa
ausſagen, daß ſie von ihren Vorfahren gehört hätten, die-
ſen ſey von ihren Vorfahren die unrechtmäßige Entſtehung
mitgetheilt worden, das heißt es würde nun der Beweis
durch bloße Tradition geführt. Dieſes ſcheint aber höchſt
bedenklich, theils wegen der Unſicherheit einer ſolchen Tra-
dition an ſich, theils weil durch ſie faſt niemals der oben
erwähnte Cauſalzuſammenhang klar werden wird. Hier
kommen wir nun zurück auf die oben (§ 199) ausgeſetzten
Worte der L. 28 de probat. (22. 3)
et hoc infinite similiter sursum versum accidit
welche allerdings auf die Zuläſſigkeit einer ſolchen endlo-
ſen Tradition zu deuten ſcheinen. Dem Misbrauch, der
davon gemacht werden könnte, wird nun allerdings ſchon
dadurch geſteuert werden, wenn der Richter ſtrenge auf
den erwähnten Cauſalzuſammenhang ſteht. Außerdem aber
iſt zu bedenken, daß die angeführte Stelle blos auf die
actio aquae pluviae geht, und zwar auf die in offenem
Feld gemachte, der allgemeinen Wahrnehmung zugängliche,
Anlage eines Dammes oder Grabens. Dabey wird eine
ſolche Tradition leichter, als bey gewöhnlichen, auf zwey
Perſonen beſchränkten, Beſitzverhältniſſen, ein ſicheres Re-
ſultat geben können, und auf Fälle ſolcher Art iſt daher
die in jener Stelle enthaltene Anweiſung zu beſchränken (m)
(m) So erklärt die Stelle auch Pfeiffer S. 75. 76.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/549 |
Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/549>, abgerufen am 16.07.2024. |