Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. worfen werden, weil die oben angeführten Stellen, beydem Erwerb durch longi temporis possessio, nicht nur von einem Rechtstitel schweigen, sondern für den Anfang des Besitzes eine ganz andere Eigenschaft fordern (das nec vi u. s. w.), welche offenbar Surrogat des Titels seyn soll, da es widersinnig seyn würde, beide Bedingungen zugleich, neben einander, aufzustellen. c) Scheinbarer ist folgende Meynung, die sich mehr hat Thibaut diese Meynung auf- gegeben. Pandekten § 1017 der 8ten Ausg. Vgl. auch Braun Zusätze zu Thibaut S. 896 zu § 1054. (u) Glossa quaesisti in L. 2
C. de serv. (3. 34), und forte tot in L. 10 si serv. (8. 5), wo die continua servitus unter dem Namen der perpetua causa vor- kommt. Neben dieser Meynung aber wird in beiden Glossen noch eine andere vorgetragen, von wel- cher noch unten die Rede seyn soll. -- Neuere Schriftsteller für diese Meynung werden in großer Zahl angeführt von Glück B. 9 S. 148. -- Freylich kommt es nun noch auf den Begriff der serv. discontinua an, der natürlich sehr verschieden angegeben wird, da die Sache dem Römischen Recht ganz fremd ist. Pfeiffer S. 115 schließt jenen Begriff in sehr enge Gränzen ein. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. worfen werden, weil die oben angeführten Stellen, beydem Erwerb durch longi temporis possessio, nicht nur von einem Rechtstitel ſchweigen, ſondern für den Anfang des Beſitzes eine ganz andere Eigenſchaft fordern (das nec vi u. ſ. w.), welche offenbar Surrogat des Titels ſeyn ſoll, da es widerſinnig ſeyn würde, beide Bedingungen zugleich, neben einander, aufzuſtellen. c) Scheinbarer iſt folgende Meynung, die ſich mehr hat Thibaut dieſe Meynung auf- gegeben. Pandekten § 1017 der 8ten Ausg. Vgl. auch Braun Zuſätze zu Thibaut S. 896 zu § 1054. (u) Glossa quaesisti in L. 2
C. de serv. (3. 34), und forte tot in L. 10 si serv. (8. 5), wo die continua servitus unter dem Namen der perpetua causa vor- kommt. Neben dieſer Meynung aber wird in beiden Gloſſen noch eine andere vorgetragen, von wel- cher noch unten die Rede ſeyn ſoll. — Neuere Schriftſteller für dieſe Meynung werden in großer Zahl angeführt von Glück B. 9 S. 148. — Freylich kommt es nun noch auf den Begriff der serv. discontinua an, der natürlich ſehr verſchieden angegeben wird, da die Sache dem Römiſchen Recht ganz fremd iſt. Pfeiffer S. 115 ſchließt jenen Begriff in ſehr enge Gränzen ein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0512" n="498"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Entſtehung und Untergang.</fw><lb/> worfen werden, weil die oben angeführten Stellen, bey<lb/> dem Erwerb durch <hi rendition="#aq">longi temporis possessio,</hi> nicht nur<lb/> von einem Rechtstitel ſchweigen, ſondern für den Anfang<lb/> des Beſitzes eine ganz andere Eigenſchaft fordern (das <hi rendition="#aq">nec<lb/> vi</hi> u. ſ. w.), welche offenbar Surrogat des Titels ſeyn<lb/> ſoll, da es widerſinnig ſeyn würde, beide Bedingungen<lb/> zugleich, neben einander, aufzuſtellen.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">c</hi>) Scheinbarer iſt folgende Meynung, die ſich mehr<lb/> als alle andere in Gerichten geltend gemacht hat. 10 oder<lb/> 20 Jahre ſollen hinreichen bey einer <hi rendition="#aq">continua servitus</hi><lb/> (z. B. <hi rendition="#aq">tigni immittendi</hi>), unvordenkliche Zeit ſoll nöthig ſeyn<lb/> bey einer <hi rendition="#aq">discontinua</hi> (z. B. <hi rendition="#aq">via</hi>) <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Glossa</hi><hi rendition="#i">quaesisti</hi> in <hi rendition="#i">L.</hi> 2<lb/><hi rendition="#i">C. de serv.</hi></hi> (3. 34), und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">forte<lb/> tot</hi> in <hi rendition="#i">L.</hi> 10 <hi rendition="#i">si serv.</hi></hi> (8. 5), wo<lb/> die <hi rendition="#aq">continua servitus</hi> unter dem<lb/> Namen der <hi rendition="#aq">perpetua causa</hi> vor-<lb/> kommt. Neben dieſer Meynung<lb/> aber wird in beiden Gloſſen noch<lb/> eine andere vorgetragen, von wel-<lb/> cher noch unten die Rede ſeyn<lb/> ſoll. — Neuere Schriftſteller für<lb/> dieſe Meynung werden in großer<lb/> Zahl angeführt von <hi rendition="#g">Glück</hi> B. 9<lb/> S. 148. — Freylich kommt es nun<lb/> noch auf den Begriff der <hi rendition="#aq">serv.<lb/> discontinua</hi> an, der natürlich ſehr<lb/> verſchieden angegeben wird, da<lb/> die Sache dem Römiſchen Recht<lb/> ganz fremd iſt. <hi rendition="#g">Pfeiffer</hi> S. 115<lb/> ſchließt jenen Begriff in ſehr enge<lb/> Gränzen ein.</note>. — Die höchſt wich-<lb/> tigen Folgen dieſer Meynung leuchten ſogleich ein, wenn<lb/> man erwägt, daß gerade die bedeutendſten Prädialſervitu-<lb/> ten, wie Weiderecht und Holzungsrecht, <hi rendition="#aq">discontinuae</hi> ſind,<lb/> ſo daß die Anwendung der unvordenklichen Zeit weit häu-<lb/> figer und wichtiger ſeyn würde, als die der 10 und 20 Jahre.<lb/> Prüft man nun dieſe Meynung nach den Quellenzeugniſſen,<lb/><note xml:id="seg2pn_92_2" prev="#seg2pn_92_1" place="foot" n="(t)">hat Thibaut dieſe Meynung auf-<lb/> gegeben. Pandekten § 1017 der<lb/> 8ten Ausg. Vgl. auch <hi rendition="#g">Braun</hi><lb/> Zuſätze zu Thibaut S. 896 zu<lb/> § 1054.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [498/0512]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
worfen werden, weil die oben angeführten Stellen, bey
dem Erwerb durch longi temporis possessio, nicht nur
von einem Rechtstitel ſchweigen, ſondern für den Anfang
des Beſitzes eine ganz andere Eigenſchaft fordern (das nec
vi u. ſ. w.), welche offenbar Surrogat des Titels ſeyn
ſoll, da es widerſinnig ſeyn würde, beide Bedingungen
zugleich, neben einander, aufzuſtellen.
c) Scheinbarer iſt folgende Meynung, die ſich mehr
als alle andere in Gerichten geltend gemacht hat. 10 oder
20 Jahre ſollen hinreichen bey einer continua servitus
(z. B. tigni immittendi), unvordenkliche Zeit ſoll nöthig ſeyn
bey einer discontinua (z. B. via) (u). — Die höchſt wich-
tigen Folgen dieſer Meynung leuchten ſogleich ein, wenn
man erwägt, daß gerade die bedeutendſten Prädialſervitu-
ten, wie Weiderecht und Holzungsrecht, discontinuae ſind,
ſo daß die Anwendung der unvordenklichen Zeit weit häu-
figer und wichtiger ſeyn würde, als die der 10 und 20 Jahre.
Prüft man nun dieſe Meynung nach den Quellenzeugniſſen,
(t)
(u) Glossa quaesisti in L. 2
C. de serv. (3. 34), und forte
tot in L. 10 si serv. (8. 5), wo
die continua servitus unter dem
Namen der perpetua causa vor-
kommt. Neben dieſer Meynung
aber wird in beiden Gloſſen noch
eine andere vorgetragen, von wel-
cher noch unten die Rede ſeyn
ſoll. — Neuere Schriftſteller für
dieſe Meynung werden in großer
Zahl angeführt von Glück B. 9
S. 148. — Freylich kommt es nun
noch auf den Begriff der serv.
discontinua an, der natürlich ſehr
verſchieden angegeben wird, da
die Sache dem Römiſchen Recht
ganz fremd iſt. Pfeiffer S. 115
ſchließt jenen Begriff in ſehr enge
Gränzen ein.
(t) hat Thibaut dieſe Meynung auf-
gegeben. Pandekten § 1017 der
8ten Ausg. Vgl. auch Braun
Zuſätze zu Thibaut S. 896 zu
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/512>, abgerufen am 16.07.2024. |