Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.§. 196. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Römisches Recht. vetustas (quae pro lege habetur), und, in Ermanglung vonbeiden, natura loci (o). Die vetustas also, gleichbedeutend mit der unvordenklichen Zeit (p), ist blos ein Surrogat der lex oder publica auctoritas, ihr gleich wirkend, wo diese selbst in Vergessenheit gerathen ist, vielleicht auch nie vorhanden war. Diese Einwirkung der unvordenklichen Zeit ist also ganz (o) L. 1 § 23 de aqua pluv. (39. 3.), L. 2 pr. eod. "In sum- ma tria sunt, per quae inferior locus superiori servit: lex, na- tura loci, vetustas." (p) Das, was in L. 2 pr. de
aqua pluv. (39. 3.) vetustas heißt, wird gleich darauf, im § 1, er- klärt durch: "nec memoriam ex- stare quando facta est." Un- mittelbar verbunden sind beide Ausdrücke in L. 2 § 3 eod. "quo- rum memoriam vetustas exce- dit." (Vgl. auch L. 2 § 7 L. 23 § 2 eod). An ihrer gleichen Be- deutung ist daher nicht zu zwei- feln. -- Es hat also damit kei- nen unmittelbaren Zusammen- hang, wenn in einigen Stellen aus viel späterer Zeit vetustas eine Zeit von 40 Jahren bedeu- tet. L. 2 C. Th. de longi temp. praescr. (4. 13.) "annorum XL. quam vetustatem leges ac jura nuncupare voluerunt," und in demselben Sinn L. 7 C. de fun- dis rei priv. (11. 65) "excepto vetustatis auxilio," welche Stelle interpolirt ist aus der, die 40 J. vorschreibenden, L. 14 C. de fun- dis patrim. (11. 61.), indem jene Worte in dem Original (Nov. Theod. tit. 28) nicht vorkommen. Inwiefern dennoch dieser andere Sprachgebrauch für die unvor- denkliche Zeit zu benutzen ist, wird im § 199 gezeigt werden. §. 196. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Römiſches Recht. vetustas (quae pro lege habetur), und, in Ermanglung vonbeiden, natura loci (o). Die vetustas alſo, gleichbedeutend mit der unvordenklichen Zeit (p), iſt blos ein Surrogat der lex oder publica auctoritas, ihr gleich wirkend, wo dieſe ſelbſt in Vergeſſenheit gerathen iſt, vielleicht auch nie vorhanden war. Dieſe Einwirkung der unvordenklichen Zeit iſt alſo ganz (o) L. 1 § 23 de aqua pluv. (39. 3.), L. 2 pr. eod. „In sum- ma tria sunt, per quae inferior locus superiori servit: lex, na- tura loci, vetustas.” (p) Das, was in L. 2 pr. de
aqua pluv. (39. 3.) vetustas heißt, wird gleich darauf, im § 1, er- klärt durch: „nec memoriam ex- stare quando facta est.” Un- mittelbar verbunden ſind beide Ausdrücke in L. 2 § 3 eod. „quo- rum memoriam vetustas exce- dit.” (Vgl. auch L. 2 § 7 L. 23 § 2 eod). An ihrer gleichen Be- deutung iſt daher nicht zu zwei- feln. — Es hat alſo damit kei- nen unmittelbaren Zuſammen- hang, wenn in einigen Stellen aus viel ſpäterer Zeit vetustas eine Zeit von 40 Jahren bedeu- tet. L. 2 C. Th. de longi temp. praescr. (4. 13.) „annorum XL. quam vetustatem leges ac jura nuncupare voluerunt,” und in demſelben Sinn L. 7 C. de fun- dis rei priv. (11. 65) „excepto vetustatis auxilio,” welche Stelle interpolirt iſt aus der, die 40 J. vorſchreibenden, L. 14 C. de fun- dis patrim. (11. 61.), indem jene Worte in dem Original (Nov. Theod. tit. 28) nicht vorkommen. Inwiefern dennoch dieſer andere Sprachgebrauch für die unvor- denkliche Zeit zu benutzen iſt, wird im § 199 gezeigt werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0503" n="489"/><fw place="top" type="header">§. 196. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Römiſches Recht.</fw><lb/><hi rendition="#aq">vetustas (quae pro lege habetur),</hi> und, in Ermanglung von<lb/> beiden, <hi rendition="#aq">natura loci</hi> <note place="foot" n="(o)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 § 23 <hi rendition="#i">de aqua pluv.</hi><lb/> (39. 3.), <hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">pr. eod.</hi> „In sum-<lb/> ma tria sunt, per quae inferior<lb/> locus superiori servit: lex, na-<lb/> tura loci, vetustas.”</hi></note>. Die <hi rendition="#aq">vetustas</hi> alſo, gleichbedeutend<lb/> mit der unvordenklichen Zeit <note place="foot" n="(p)">Das, was in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">pr. de<lb/> aqua pluv.</hi> (39. 3.) vetustas</hi> heißt,<lb/> wird gleich darauf, im § 1, er-<lb/> klärt durch: <hi rendition="#aq">„nec memoriam ex-<lb/> stare quando facta est.”</hi> Un-<lb/> mittelbar verbunden ſind beide<lb/> Ausdrücke in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 § 3 <hi rendition="#i">eod.</hi> „quo-<lb/> rum memoriam vetustas exce-<lb/> dit.”</hi> (Vgl. auch <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 § 7 <hi rendition="#i">L.</hi> 23<lb/> § 2 <hi rendition="#i">eod</hi></hi>). An ihrer gleichen Be-<lb/> deutung iſt daher nicht zu zwei-<lb/> feln. — Es hat alſo damit kei-<lb/> nen unmittelbaren Zuſammen-<lb/> hang, wenn in einigen Stellen<lb/> aus viel ſpäterer Zeit <hi rendition="#aq">vetustas</hi><lb/> eine Zeit von 40 Jahren bedeu-<lb/> tet. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 2 <hi rendition="#i">C. Th. de longi temp.<lb/> praescr.</hi> (4. 13.) „annorum XL.<lb/> quam vetustatem leges ac jura<lb/> nuncupare voluerunt,”</hi> und in<lb/> demſelben Sinn <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 7 <hi rendition="#i">C. de fun-<lb/> dis rei priv.</hi> (11. 65) „excepto<lb/> vetustatis auxilio,”</hi> welche Stelle<lb/> interpolirt iſt aus der, die 40 J.<lb/> vorſchreibenden, <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 14 <hi rendition="#i">C. de fun-<lb/> dis patrim.</hi></hi> (11. 61.), indem jene<lb/> Worte in dem Original (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nov.<lb/> Theod. tit.</hi></hi> 28) nicht vorkommen.<lb/> Inwiefern dennoch dieſer andere<lb/> Sprachgebrauch für die unvor-<lb/> denkliche Zeit zu benutzen iſt,<lb/> wird im § 199 gezeigt werden.</note>, iſt blos ein Surrogat<lb/> der <hi rendition="#aq">lex</hi> oder <hi rendition="#aq">publica auctoritas,</hi> ihr gleich wirkend, wo<lb/> dieſe ſelbſt in Vergeſſenheit gerathen iſt, vielleicht auch nie<lb/> vorhanden war.</p><lb/> <p>Dieſe Einwirkung der unvordenklichen Zeit iſt alſo ganz<lb/> ähnlich derjenigen, welche oben bey den öffentlichen We-<lb/> gen nachgewieſen worden iſt. Kein Privatbeſitz liegt da-<lb/> bey zum Grunde, kein Privatrecht wird erworben, ſon-<lb/> dern die lange Dauer dient als Erſatz der wahren publi-<lb/> ciſtiſchen Entſtehung der Anſtalt, und nun hat jeder Be-<lb/> theiligte das Recht, dieſen Zuſtand als unantaſtbar für<lb/> ſich geltend zu machen. Weil es kein Privatrecht iſt, ſo<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [489/0503]
§. 196. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Römiſches Recht.
vetustas (quae pro lege habetur), und, in Ermanglung von
beiden, natura loci (o). Die vetustas alſo, gleichbedeutend
mit der unvordenklichen Zeit (p), iſt blos ein Surrogat
der lex oder publica auctoritas, ihr gleich wirkend, wo
dieſe ſelbſt in Vergeſſenheit gerathen iſt, vielleicht auch nie
vorhanden war.
Dieſe Einwirkung der unvordenklichen Zeit iſt alſo ganz
ähnlich derjenigen, welche oben bey den öffentlichen We-
gen nachgewieſen worden iſt. Kein Privatbeſitz liegt da-
bey zum Grunde, kein Privatrecht wird erworben, ſon-
dern die lange Dauer dient als Erſatz der wahren publi-
ciſtiſchen Entſtehung der Anſtalt, und nun hat jeder Be-
theiligte das Recht, dieſen Zuſtand als unantaſtbar für
ſich geltend zu machen. Weil es kein Privatrecht iſt, ſo
(o) L. 1 § 23 de aqua pluv.
(39. 3.), L. 2 pr. eod. „In sum-
ma tria sunt, per quae inferior
locus superiori servit: lex, na-
tura loci, vetustas.”
(p) Das, was in L. 2 pr. de
aqua pluv. (39. 3.) vetustas heißt,
wird gleich darauf, im § 1, er-
klärt durch: „nec memoriam ex-
stare quando facta est.” Un-
mittelbar verbunden ſind beide
Ausdrücke in L. 2 § 3 eod. „quo-
rum memoriam vetustas exce-
dit.” (Vgl. auch L. 2 § 7 L. 23
§ 2 eod). An ihrer gleichen Be-
deutung iſt daher nicht zu zwei-
feln. — Es hat alſo damit kei-
nen unmittelbaren Zuſammen-
hang, wenn in einigen Stellen
aus viel ſpäterer Zeit vetustas
eine Zeit von 40 Jahren bedeu-
tet. L. 2 C. Th. de longi temp.
praescr. (4. 13.) „annorum XL.
quam vetustatem leges ac jura
nuncupare voluerunt,” und in
demſelben Sinn L. 7 C. de fun-
dis rei priv. (11. 65) „excepto
vetustatis auxilio,” welche Stelle
interpolirt iſt aus der, die 40 J.
vorſchreibenden, L. 14 C. de fun-
dis patrim. (11. 61.), indem jene
Worte in dem Original (Nov.
Theod. tit. 28) nicht vorkommen.
Inwiefern dennoch dieſer andere
Sprachgebrauch für die unvor-
denkliche Zeit zu benutzen iſt,
wird im § 199 gezeigt werden.
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