Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. ben, welche durch die Art ihrer Entstehung gleichen An-spruch auf Unverletzlichkeit haben, wie die natürliche Be- schaffenheit. Die rechtmäßige Anlage kann geschehen gleich bey Gründung einer Stadt, durch die Obrigkeit, welcher diese Gründung übertragen ist, also vermittelst der lex colonica; in der Folge aber, nicht durch Anordnungen der verwaltenden Stadtobrigkeiten, sondern durch die höch- sten Staatsgewalten, den Kaiser oder den Senat (k). Fin- det sich eine solche Anstalt, deren rechtmäßige Gründung nicht erweislich ist, so kann in der Regel Jeder deren Wegräumung, das heißt die Herstellung des ursprüngli- chen Zustandes, fordern (l). Wenn jedoch die Anstalt schon über Menschengedenken besteht, das heißt so lange daß die Jetztlebenden keinen andern Zustand kannten, auch keinen von ihren Vorfahren vernommen haben (m), dann ist ihr Alter so gut wie die Ler, das heißt es wird nun die rechtmäßige Gründung angenommen (n). So kann dem- nach der zu erhaltende Normalzustand durch drey verschie- dene Gründe bestimmt werden: lex (publica auctoritas), (k) L. 1 § 23 L. 2 pr. de aqua pluv. (39. 3.) "lex." -- L. 23 pr. eod. "Principis aut Senatus jussu, aut ab his qui primi agros constituerunt, opus fac- tum." -- L. 2 § 3 eod. "publica auctoritate facta." -- L. 2 § 7 eod. "fossam jure factam." (l) Nur nicht Derjenige, der um die Anlage wußte, und sie ge- schehen ließ, denn das gilt als still- schweigende Einwilligung. L. 19. 20 de aqua pluv. (39. 3.). (m) Diese nähere Bestimmung, gegründet auf L. 2 § 8 de aqua pluv. (39. 3.) und L. 28 de prob. (22. 3.), wird unten, bey der prac- tischen Ausführung dieser Lehre, genauer erwogen werden. (n) L. 1 § 23 de aqua pluv.
(39. 3.) "vetustatem vicem le- gis tenere." -- L. 2 pr. eod. "ve- tustas, quae semper pro lege habetur." Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. ben, welche durch die Art ihrer Entſtehung gleichen An-ſpruch auf Unverletzlichkeit haben, wie die natürliche Be- ſchaffenheit. Die rechtmäßige Anlage kann geſchehen gleich bey Gründung einer Stadt, durch die Obrigkeit, welcher dieſe Gründung übertragen iſt, alſo vermittelſt der lex colonica; in der Folge aber, nicht durch Anordnungen der verwaltenden Stadtobrigkeiten, ſondern durch die höch- ſten Staatsgewalten, den Kaiſer oder den Senat (k). Fin- det ſich eine ſolche Anſtalt, deren rechtmäßige Gründung nicht erweislich iſt, ſo kann in der Regel Jeder deren Wegräumung, das heißt die Herſtellung des urſprüngli- chen Zuſtandes, fordern (l). Wenn jedoch die Anſtalt ſchon über Menſchengedenken beſteht, das heißt ſo lange daß die Jetztlebenden keinen andern Zuſtand kannten, auch keinen von ihren Vorfahren vernommen haben (m), dann iſt ihr Alter ſo gut wie die Ler, das heißt es wird nun die rechtmäßige Gründung angenommen (n). So kann dem- nach der zu erhaltende Normalzuſtand durch drey verſchie- dene Gründe beſtimmt werden: lex (publica auctoritas), (k) L. 1 § 23 L. 2 pr. de aqua pluv. (39. 3.) „lex.” — L. 23 pr. eod. „Principis aut Senatus jussu, aut ab his qui primi agros constituerunt, opus fac- tum.” — L. 2 § 3 eod. „publica auctoritate facta.” — L. 2 § 7 eod. „fossam jure factam.” (l) Nur nicht Derjenige, der um die Anlage wußte, und ſie ge- ſchehen ließ, denn das gilt als ſtill- ſchweigende Einwilligung. L. 19. 20 de aqua pluv. (39. 3.). (m) Dieſe nähere Beſtimmung, gegründet auf L. 2 § 8 de aqua pluv. (39. 3.) und L. 28 de prob. (22. 3.), wird unten, bey der prac- tiſchen Ausführung dieſer Lehre, genauer erwogen werden. (n) L. 1 § 23 de aqua pluv.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
ben, welche durch die Art ihrer Entſtehung gleichen An-
ſpruch auf Unverletzlichkeit haben, wie die natürliche Be-
ſchaffenheit. Die rechtmäßige Anlage kann geſchehen gleich
bey Gründung einer Stadt, durch die Obrigkeit, welcher
dieſe Gründung übertragen iſt, alſo vermittelſt der lex
colonica; in der Folge aber, nicht durch Anordnungen
der verwaltenden Stadtobrigkeiten, ſondern durch die höch-
ſten Staatsgewalten, den Kaiſer oder den Senat (k). Fin-
det ſich eine ſolche Anſtalt, deren rechtmäßige Gründung
nicht erweislich iſt, ſo kann in der Regel Jeder deren
Wegräumung, das heißt die Herſtellung des urſprüngli-
chen Zuſtandes, fordern (l). Wenn jedoch die Anſtalt
ſchon über Menſchengedenken beſteht, das heißt ſo lange
daß die Jetztlebenden keinen andern Zuſtand kannten, auch
keinen von ihren Vorfahren vernommen haben (m), dann
iſt ihr Alter ſo gut wie die Ler, das heißt es wird nun
die rechtmäßige Gründung angenommen (n). So kann dem-
nach der zu erhaltende Normalzuſtand durch drey verſchie-
dene Gründe beſtimmt werden: lex (publica auctoritas),
(k) L. 1 § 23 L. 2 pr. de aqua
pluv. (39. 3.) „lex.” — L. 23 pr.
eod. „Principis aut Senatus
jussu, aut ab his qui primi
agros constituerunt, opus fac-
tum.” — L. 2 § 3 eod. „publica
auctoritate facta.” — L. 2 § 7
eod. „fossam jure factam.”
(l) Nur nicht Derjenige, der
um die Anlage wußte, und ſie ge-
ſchehen ließ, denn das gilt als ſtill-
ſchweigende Einwilligung. L. 19.
20 de aqua pluv. (39. 3.).
(m) Dieſe nähere Beſtimmung,
gegründet auf L. 2 § 8 de aqua
pluv. (39. 3.) und L. 28 de prob.
(22. 3.), wird unten, bey der prac-
tiſchen Ausführung dieſer Lehre,
genauer erwogen werden.
(n) L. 1 § 23 de aqua pluv.
(39. 3.) „vetustatem vicem le-
gis tenere.” — L. 2 pr. eod. „ve-
tustas, quae semper pro lege
habetur.”
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