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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
gültig ist, daß sie gerade im Februar, anstatt in irgend
einem andern Monat, angebracht wird. Wollten wir nun
jene juristische Behandlung des Schalttags aufgeben, so
würden wir, anstatt von einer Subtilität frey zu werden,
vielmehr in große Verwirrung gerathen. Der Ablauf einer
dreyßigjährigen Klagverjährung wäre nicht, wie es jetzt
eben so richtig als bequem geschieht, nach dem bloßen Ka-
lendertag des Anfangs zu bestimmen, sondern es müßten
stets mehrere Tage abgerechnet werden, und zwar, nach
Verschiedenheit der Fälle, bald Sieben bald Acht Tage,
weil in der That um so viel früher die dreyßigmal 365
Tage vollendet sind. Wo der Schalttag in den Anfang
oder das Ende eines Zeitraums fällt, würde zwar nicht
dieselbe Schwierigkeit eintreten, aber was könnten wir da-
bey gewinnen, diese Fälle anders als jene, also mit offen-
barer Inconsequenz, zu behandeln?

Eine neuere Gesetzgebung hat, in einzelnen Anwendun-
gen, Regeln aufgestellt, die mit den hier vorgetragenen
allgemeinen Grundsätzen übereinstimmen, und es läßt sich
darin eine Anerkennung dieser, aus dem früheren Recht
herstammenden, Grundsätze selbst annehmen. Das Preußi-
sche Landrecht sagt von der dreyßigjährigen Verjährung
durch Nichtgebrauch (I. 9. § 548): "Durch die bey Schalt-
"jahren zutretenden Tage wird die Verjährungszeit nicht
"geändert;" das heißt, der Ablauf der Verjährung soll
nach dem Datum des Anfangs bestimmt werden, nicht um
Sieben oder Acht Tage früher wegen der einfallenden

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
gültig iſt, daß ſie gerade im Februar, anſtatt in irgend
einem andern Monat, angebracht wird. Wollten wir nun
jene juriſtiſche Behandlung des Schalttags aufgeben, ſo
würden wir, anſtatt von einer Subtilität frey zu werden,
vielmehr in große Verwirrung gerathen. Der Ablauf einer
dreyßigjährigen Klagverjährung wäre nicht, wie es jetzt
eben ſo richtig als bequem geſchieht, nach dem bloßen Ka-
lendertag des Anfangs zu beſtimmen, ſondern es müßten
ſtets mehrere Tage abgerechnet werden, und zwar, nach
Verſchiedenheit der Fälle, bald Sieben bald Acht Tage,
weil in der That um ſo viel früher die dreyßigmal 365
Tage vollendet ſind. Wo der Schalttag in den Anfang
oder das Ende eines Zeitraums fällt, würde zwar nicht
dieſelbe Schwierigkeit eintreten, aber was könnten wir da-
bey gewinnen, dieſe Fälle anders als jene, alſo mit offen-
barer Inconſequenz, zu behandeln?

Eine neuere Geſetzgebung hat, in einzelnen Anwendun-
gen, Regeln aufgeſtellt, die mit den hier vorgetragenen
allgemeinen Grundſätzen übereinſtimmen, und es läßt ſich
darin eine Anerkennung dieſer, aus dem früheren Recht
herſtammenden, Grundſätze ſelbſt annehmen. Das Preußi-
ſche Landrecht ſagt von der dreyßigjährigen Verjährung
durch Nichtgebrauch (I. 9. § 548): „Durch die bey Schalt-
„jahren zutretenden Tage wird die Verjährungszeit nicht
„geändert;“ das heißt, der Ablauf der Verjährung ſoll
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[476/0490] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. gültig iſt, daß ſie gerade im Februar, anſtatt in irgend einem andern Monat, angebracht wird. Wollten wir nun jene juriſtiſche Behandlung des Schalttags aufgeben, ſo würden wir, anſtatt von einer Subtilität frey zu werden, vielmehr in große Verwirrung gerathen. Der Ablauf einer dreyßigjährigen Klagverjährung wäre nicht, wie es jetzt eben ſo richtig als bequem geſchieht, nach dem bloßen Ka- lendertag des Anfangs zu beſtimmen, ſondern es müßten ſtets mehrere Tage abgerechnet werden, und zwar, nach Verſchiedenheit der Fälle, bald Sieben bald Acht Tage, weil in der That um ſo viel früher die dreyßigmal 365 Tage vollendet ſind. Wo der Schalttag in den Anfang oder das Ende eines Zeitraums fällt, würde zwar nicht dieſelbe Schwierigkeit eintreten, aber was könnten wir da- bey gewinnen, dieſe Fälle anders als jene, alſo mit offen- barer Inconſequenz, zu behandeln? Eine neuere Geſetzgebung hat, in einzelnen Anwendun- gen, Regeln aufgeſtellt, die mit den hier vorgetragenen allgemeinen Grundſätzen übereinſtimmen, und es läßt ſich darin eine Anerkennung dieſer, aus dem früheren Recht herſtammenden, Grundſätze ſelbſt annehmen. Das Preußi- ſche Landrecht ſagt von der dreyßigjährigen Verjährung durch Nichtgebrauch (I. 9. § 548): „Durch die bey Schalt- „jahren zutretenden Tage wird die Verjährungszeit nicht „geändert;“ das heißt, der Ablauf der Verjährung ſoll nach dem Datum des Anfangs beſtimmt werden, nicht um Sieben oder Acht Tage früher wegen der einfallenden

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/490>, abgerufen am 22.11.2024.