Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
nur unter der Voraussetzung, daß die Tageszeit der In- sinuation des Urtheils bemerkt und beglaubigt worden ist, welches in früheren Zeiten sehr gewöhnlich beobach- tet wurde; wenn dagegen diese genaue Zeitangabe fehlt, und nur der Tag der Insinuation in den Akten bemerkt ist (welches heutzutage der häufigere Fall in Gerichten seyn wird), so giebt man auch für die Appellation zu, daß sie zehen Tage nach der Insinuation, ohne Rücksicht auf die Tageszeit, eingelegt werden darf (n), worin denn wiederum eine Anerkennung der hier aufgestellten Re- gel liegt.
Es bleibt nun noch zu untersuchen übrig, ob es nicht Fälle gebe, welche nach keiner der aufgestellten beiden Re- geln zu beurtheilen seyen, sondern vielmehr nach der Re- gel der Berechnung ad momenta, also nach der Analogie der Minderjährigkeit als Bedingung der Restitution.
Dahin gehört nun vor Allem die Minderjährigkeit als Grund und Bedingung einer Curatel. Das praktische In- teresse dieser Frage liegt nicht etwa darin, daß gezweifelt werden könnte, ob der Minderjährige einen Tag früher oder später die Auslieferung des Vermögens verlangen könne; denn ehe der Rechtsstreit hierüber entschieden wer- den könnte, würde unfehlbar jener zweifelhafte Tag ab- gelaufen seyn. Das Interesse liegt vielmehr darin, daß an dem Geburtstage einseitige Veräußerungen von dem Curanden, oder auch von dem Curator, vorgenommen
(n)Böhmer Jus eccl. Prot. Lib. 2 T. 48 § 48.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
nur unter der Vorausſetzung, daß die Tageszeit der In- ſinuation des Urtheils bemerkt und beglaubigt worden iſt, welches in früheren Zeiten ſehr gewöhnlich beobach- tet wurde; wenn dagegen dieſe genaue Zeitangabe fehlt, und nur der Tag der Inſinuation in den Akten bemerkt iſt (welches heutzutage der häufigere Fall in Gerichten ſeyn wird), ſo giebt man auch für die Appellation zu, daß ſie zehen Tage nach der Inſinuation, ohne Rückſicht auf die Tageszeit, eingelegt werden darf (n), worin denn wiederum eine Anerkennung der hier aufgeſtellten Re- gel liegt.
Es bleibt nun noch zu unterſuchen übrig, ob es nicht Fälle gebe, welche nach keiner der aufgeſtellten beiden Re- geln zu beurtheilen ſeyen, ſondern vielmehr nach der Re- gel der Berechnung ad momenta, alſo nach der Analogie der Minderjährigkeit als Bedingung der Reſtitution.
Dahin gehört nun vor Allem die Minderjährigkeit als Grund und Bedingung einer Curatel. Das praktiſche In- tereſſe dieſer Frage liegt nicht etwa darin, daß gezweifelt werden könnte, ob der Minderjährige einen Tag früher oder ſpäter die Auslieferung des Vermoͤgens verlangen könne; denn ehe der Rechtsſtreit hierüber entſchieden wer- den könnte, würde unfehlbar jener zweifelhafte Tag ab- gelaufen ſeyn. Das Intereſſe liegt vielmehr darin, daß an dem Geburtstage einſeitige Veräußerungen von dem Curanden, oder auch von dem Curator, vorgenommen
(n)Böhmer Jus eccl. Prot. Lib. 2 T. 48 § 48.
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
nur unter der Vorausſetzung, daß die Tageszeit der In-
ſinuation des Urtheils bemerkt und beglaubigt worden
iſt, welches in früheren Zeiten ſehr gewöhnlich beobach-
tet wurde; wenn dagegen dieſe genaue Zeitangabe fehlt,
und nur der Tag der Inſinuation in den Akten bemerkt
iſt (welches heutzutage der häufigere Fall in Gerichten
ſeyn wird), ſo giebt man auch für die Appellation zu,
daß ſie zehen Tage nach der Inſinuation, ohne Rückſicht
auf die Tageszeit, eingelegt werden darf (n), worin denn
wiederum eine Anerkennung der hier aufgeſtellten Re-
gel liegt.
Es bleibt nun noch zu unterſuchen übrig, ob es nicht
Fälle gebe, welche nach keiner der aufgeſtellten beiden Re-
geln zu beurtheilen ſeyen, ſondern vielmehr nach der Re-
gel der Berechnung ad momenta, alſo nach der Analogie
der Minderjährigkeit als Bedingung der Reſtitution.
Dahin gehört nun vor Allem die Minderjährigkeit als
Grund und Bedingung einer Curatel. Das praktiſche In-
tereſſe dieſer Frage liegt nicht etwa darin, daß gezweifelt
werden könnte, ob der Minderjährige einen Tag früher
oder ſpäter die Auslieferung des Vermoͤgens verlangen
könne; denn ehe der Rechtsſtreit hierüber entſchieden wer-
den könnte, würde unfehlbar jener zweifelhafte Tag ab-
gelaufen ſeyn. Das Intereſſe liegt vielmehr darin, daß
an dem Geburtstage einſeitige Veräußerungen von dem
Curanden, oder auch von dem Curator, vorgenommen
(n) Böhmer Jus eccl. Prot. Lib. 2 T. 48 § 48.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/430>, abgerufen am 22.11.2024.
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