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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
Tagen in den Sinn. Nannte er nun die Zahl 366, so
entstand ein wörtlicher, scheinbarer Widerspruch zwischen
dieser Zahl und dem Ausdruck anniculus, welcher erst durch
eine künstliche Erklärung aufgelöst werden mußte; diesen
Anstoß verhütete die Zahl 365, und da sie die Sache eben
so richtig ausdrückte (nämlich unter Voraussetzung einer
andern Zählungsart), so war es räthlich, ihr den Vorzug
zu geben. -- Der am Schluß der Stelle ausgedrückte
Grund der Entscheidung führt noch einige Dunkelheit mit
sich. An sich waren drey Zeitpunkte denkbar: der Anfang
des 1. Januar (incipiente die), das momentum temporis
im Lauf desselben, und das Ende des Tages (exacto die).
Paulus nun entscheidet für den Anfang des Tages, wo-
durch schon von selbst die zwey anderen denkbaren Zeit-
punkte ausgeschlossen sind; er verneint dann das exacto
die
noch ausdrücklich, und bezeichnet endlich als Grund
die hier geltende Art der Zeitrechnung, welche blos auf
dies, nicht auf momenta achtet. Dieser Grund paßt aller-
dings nicht auf die unmittelbar vorhergehende Worte non
exacto,
sondern auf das weiter entfernte incipiente, so
daß man sich das non exacto, das eigentlich auch ganz
wegbleiben konnte, als blos parenthetisch eingeschoben den-
ken muß.

Das Wesentliche der hier gegebenen Erklärung ist auch
schon anderwärts im Wesentlichen aufgestellt (c). Die
Meisten nehmen hier, wie bey der Manumission, den An-

(c) Nämlich bey Unterholzner S. 310.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Tagen in den Sinn. Nannte er nun die Zahl 366, ſo
entſtand ein wörtlicher, ſcheinbarer Widerſpruch zwiſchen
dieſer Zahl und dem Ausdruck anniculus, welcher erſt durch
eine künſtliche Erklärung aufgelöſt werden mußte; dieſen
Anſtoß verhütete die Zahl 365, und da ſie die Sache eben
ſo richtig ausdrückte (nämlich unter Vorausſetzung einer
andern Zählungsart), ſo war es räthlich, ihr den Vorzug
zu geben. — Der am Schluß der Stelle ausgedrückte
Grund der Entſcheidung führt noch einige Dunkelheit mit
ſich. An ſich waren drey Zeitpunkte denkbar: der Anfang
des 1. Januar (incipiente die), das momentum temporis
im Lauf deſſelben, und das Ende des Tages (exacto die).
Paulus nun entſcheidet für den Anfang des Tages, wo-
durch ſchon von ſelbſt die zwey anderen denkbaren Zeit-
punkte ausgeſchloſſen ſind; er verneint dann das exacto
die
noch ausdrücklich, und bezeichnet endlich als Grund
die hier geltende Art der Zeitrechnung, welche blos auf
dies, nicht auf momenta achtet. Dieſer Grund paßt aller-
dings nicht auf die unmittelbar vorhergehende Worte non
exacto,
ſondern auf das weiter entfernte incipiente, ſo
daß man ſich das non exacto, das eigentlich auch ganz
wegbleiben konnte, als blos parenthetiſch eingeſchoben den-
ken muß.

Das Weſentliche der hier gegebenen Erklärung iſt auch
ſchon anderwärts im Weſentlichen aufgeſtellt (c). Die
Meiſten nehmen hier, wie bey der Manumiſſion, den An-

(c) Nämlich bey Unterholzner S. 310.
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[380/0394] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Tagen in den Sinn. Nannte er nun die Zahl 366, ſo entſtand ein wörtlicher, ſcheinbarer Widerſpruch zwiſchen dieſer Zahl und dem Ausdruck anniculus, welcher erſt durch eine künſtliche Erklärung aufgelöſt werden mußte; dieſen Anſtoß verhütete die Zahl 365, und da ſie die Sache eben ſo richtig ausdrückte (nämlich unter Vorausſetzung einer andern Zählungsart), ſo war es räthlich, ihr den Vorzug zu geben. — Der am Schluß der Stelle ausgedrückte Grund der Entſcheidung führt noch einige Dunkelheit mit ſich. An ſich waren drey Zeitpunkte denkbar: der Anfang des 1. Januar (incipiente die), das momentum temporis im Lauf deſſelben, und das Ende des Tages (exacto die). Paulus nun entſcheidet für den Anfang des Tages, wo- durch ſchon von ſelbſt die zwey anderen denkbaren Zeit- punkte ausgeſchloſſen ſind; er verneint dann das exacto die noch ausdrücklich, und bezeichnet endlich als Grund die hier geltende Art der Zeitrechnung, welche blos auf dies, nicht auf momenta achtet. Dieſer Grund paßt aller- dings nicht auf die unmittelbar vorhergehende Worte non exacto, ſondern auf das weiter entfernte incipiente, ſo daß man ſich das non exacto, das eigentlich auch ganz wegbleiben konnte, als blos parenthetiſch eingeſchoben den- ken muß. Das Weſentliche der hier gegebenen Erklärung iſt auch ſchon anderwärts im Weſentlichen aufgeſtellt (c). Die Meiſten nehmen hier, wie bey der Manumiſſion, den An- (c) Nämlich bey Unterholzner S. 310.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/394>, abgerufen am 15.05.2024.