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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 145. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung.
in dem Erforderniß der Veräußerung (weshalb ich sie hier
erwähne) völlig überein (c), Bereicherung des Empfängers
ist dazu nicht schlechthin nöthig, sondern nur entweder Be-
reicherung desselben, oder Mitwissen an der Unredlichkeit
des veräußernden Schuldners (d). -- Das zweyte ver-
wandte Rechtsinstitut war die Faviana und Calvisiana
actio.
Der Patron hatte große Ansprüche an den Nach-
laß des Freygelassenen. Suchte nun dieser durch Veräu-
ßerungen jene Ansprüche unredlicherweise zu entkräften, so
bekam der Patron jene Klagen gegen den Dritten, an
welchen die Veräußerung geschehen war (e). Auch hier
liegt derselbe Begriff der Veräußerung zum Grunde, wie
bey der Schenkung und der Pauliana actio (f), und darum
werden jene Klagen hier erwähnt. In Beziehung auf den
Empfänger waren dieselben noch ausgedehnter als die Pau-
liana;
er brauchte weder mitwissend zu seyn, noch durch
die Veräußerung bereichert zu werden, um durch diese Kla-
gen zur Rückgabe des Empfangnen gezwungen werden zu

(c) L. 3 § 2 L. 6 pr. quae
in fraud.
(42. 8.).
(d) L. 6 § 11, L. 25 pr. quae
in fraud.
(42. 8.). -- L. 7. 8. 9
eod. -- L. 5 C. de revoc. his
quae in fr.
(7. 75.).
(e) L. 1 pr. § 3. 4 L. 3 § 2. 3
si quid in fraud.
(38. 5.). --
Daß diese Klagen im heutigen
Recht nicht vorkommen, versteht
sich; ihre Grundsätze aber haben
sich darin durch folgende weitere
Anwendung erhalten. Wenn ein
Unmündiger arrogirt wird, so
muß er bey des Adoptivvaters
Tod wenigstens den vierten Theil
des Vermögens desselben erhal-
ten. Hat ihm der Vater durch
Veräußerungen diesen gesetzlichen
Anspruch zu entkräften gesucht, so
kann er durch eine actio quasi
Faviana
oder Calvisiana die ver-
äußerten Sachen zurück fordern.
L. 13 eod.
(f) L. 1 § 6. 7 si quid in fr.
(38. 5.).

§. 145. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung.
in dem Erforderniß der Veräußerung (weshalb ich ſie hier
erwähne) völlig überein (c), Bereicherung des Empfängers
iſt dazu nicht ſchlechthin nöthig, ſondern nur entweder Be-
reicherung deſſelben, oder Mitwiſſen an der Unredlichkeit
des veräußernden Schuldners (d). — Das zweyte ver-
wandte Rechtsinſtitut war die Faviana und Calvisiana
actio.
Der Patron hatte große Anſprüche an den Nach-
laß des Freygelaſſenen. Suchte nun dieſer durch Veräu-
ßerungen jene Anſprüche unredlicherweiſe zu entkräften, ſo
bekam der Patron jene Klagen gegen den Dritten, an
welchen die Veräußerung geſchehen war (e). Auch hier
liegt derſelbe Begriff der Veräußerung zum Grunde, wie
bey der Schenkung und der Pauliana actio (f), und darum
werden jene Klagen hier erwähnt. In Beziehung auf den
Empfänger waren dieſelben noch ausgedehnter als die Pau-
liana;
er brauchte weder mitwiſſend zu ſeyn, noch durch
die Veräußerung bereichert zu werden, um durch dieſe Kla-
gen zur Rückgabe des Empfangnen gezwungen werden zu

(c) L. 3 § 2 L. 6 pr. quae
in fraud.
(42. 8.).
(d) L. 6 § 11, L. 25 pr. quae
in fraud.
(42. 8.). — L. 7. 8. 9
eod. — L. 5 C. de revoc. his
quae in fr.
(7. 75.).
(e) L. 1 pr. § 3. 4 L. 3 § 2. 3
si quid in fraud.
(38. 5.). —
Daß dieſe Klagen im heutigen
Recht nicht vorkommen, verſteht
ſich; ihre Grundſätze aber haben
ſich darin durch folgende weitere
Anwendung erhalten. Wenn ein
Unmündiger arrogirt wird, ſo
muß er bey des Adoptivvaters
Tod wenigſtens den vierten Theil
des Vermögens deſſelben erhal-
ten. Hat ihm der Vater durch
Veräußerungen dieſen geſetzlichen
Anſpruch zu entkräften geſucht, ſo
kann er durch eine actio quasi
Faviana
oder Calvisiana die ver-
äußerten Sachen zurück fordern.
L. 13 eod.
(f) L. 1 § 6. 7 si quid in fr.
(38. 5.).
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[25/0039] §. 145. Schenkung. Begriff. 2. Veräußerung. in dem Erforderniß der Veräußerung (weshalb ich ſie hier erwähne) völlig überein (c), Bereicherung des Empfängers iſt dazu nicht ſchlechthin nöthig, ſondern nur entweder Be- reicherung deſſelben, oder Mitwiſſen an der Unredlichkeit des veräußernden Schuldners (d). — Das zweyte ver- wandte Rechtsinſtitut war die Faviana und Calvisiana actio. Der Patron hatte große Anſprüche an den Nach- laß des Freygelaſſenen. Suchte nun dieſer durch Veräu- ßerungen jene Anſprüche unredlicherweiſe zu entkräften, ſo bekam der Patron jene Klagen gegen den Dritten, an welchen die Veräußerung geſchehen war (e). Auch hier liegt derſelbe Begriff der Veräußerung zum Grunde, wie bey der Schenkung und der Pauliana actio (f), und darum werden jene Klagen hier erwähnt. In Beziehung auf den Empfänger waren dieſelben noch ausgedehnter als die Pau- liana; er brauchte weder mitwiſſend zu ſeyn, noch durch die Veräußerung bereichert zu werden, um durch dieſe Kla- gen zur Rückgabe des Empfangnen gezwungen werden zu (c) L. 3 § 2 L. 6 pr. quae in fraud. (42. 8.). (d) L. 6 § 11, L. 25 pr. quae in fraud. (42. 8.). — L. 7. 8. 9 eod. — L. 5 C. de revoc. his quae in fr. (7. 75.). (e) L. 1 pr. § 3. 4 L. 3 § 2. 3 si quid in fraud. (38. 5.). — Daß dieſe Klagen im heutigen Recht nicht vorkommen, verſteht ſich; ihre Grundſätze aber haben ſich darin durch folgende weitere Anwendung erhalten. Wenn ein Unmündiger arrogirt wird, ſo muß er bey des Adoptivvaters Tod wenigſtens den vierten Theil des Vermögens deſſelben erhal- ten. Hat ihm der Vater durch Veräußerungen dieſen geſetzlichen Anſpruch zu entkräften geſucht, ſo kann er durch eine actio quasi Faviana oder Calvisiana die ver- äußerten Sachen zurück fordern. L. 13 eod. (f) L. 1 § 6. 7 si quid in fr. (38. 5.).

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/39>, abgerufen am 26.04.2024.