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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
der Schenkung wieder in zwey, von einander verschiedene.
Es muß nämlich erstens Etwas aus Einem Vermögen aus-
scheiden und in das andere hinübergehen, und es muß
zweytens der letzte Erfolg dieser Veränderung darin beste-
hen, daß der Totalwerth des einen Vermögens vermin-
dert, des andern vermehrt wird. Daß das erste ohne das
zweyte Statt finden könne, wird durch den Kauf einer
Sache um ihren wahren Werth einleuchtend, wobey aus
jedem Vermögen Etwas in das andere übergeht, und den-
noch Keiner reicher oder ärmer wird (a). -- Das erste die-
ser beiden, so unterschiedenen Elemente nenne ich die Ver-
äußerung
(b), und es ist demnach vor Allem auszufüh-
ren, daß jede Schenkung eine Veräußerung enthalten müsse.
Ja dieses ist in der That die Grundlage aller Schenkung.

In diesem Bestandtheil nun ist die Schenkung ver-
wandt mit einigen anderen Rechtsinstituten, deren Grund-
sätze wir folglich hier geltend machen dürfen. Das erste
derselben ist die Pauliana actio, oder die Klage eines Glau-
bigers gegen Denjenigen, an welchen der insolvente Schuld-
ner unredlicherweise, zum Nachtheil des Glaubigers, Etwas
veräußert hat. Diese Klage kommt mit der Schenkung

(a) Die Römer pflegen beide
Erfordernisse nicht zu unterschei-
den, sondern unter den gemein-
samen Ausdrücken zusammen zu
fassen, der Eine müsse paupe-
rior,
der Andere locupletior wer-
den. Vgl. L. 5 § 8. 16 de don.
int. vir.
(24. 1.). Für die deut-
liche Einsicht ist die Unterschei-
dung gewiß förderlich.
(b) Gewöhnlich gebrauchen wir
den Ausdruck Veräußerung in
demselben beschränkteren Umfang,
wie die Römer den Ausdruck alie-
natio,
nämlich für die Übertra-
gung irgend eines dinglichen
Rechts. L. 7 C. de reb. alienis
(4. 51.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
der Schenkung wieder in zwey, von einander verſchiedene.
Es muß nämlich erſtens Etwas aus Einem Vermögen aus-
ſcheiden und in das andere hinübergehen, und es muß
zweytens der letzte Erfolg dieſer Veränderung darin beſte-
hen, daß der Totalwerth des einen Vermögens vermin-
dert, des andern vermehrt wird. Daß das erſte ohne das
zweyte Statt finden könne, wird durch den Kauf einer
Sache um ihren wahren Werth einleuchtend, wobey aus
jedem Vermögen Etwas in das andere übergeht, und den-
noch Keiner reicher oder ärmer wird (a). — Das erſte die-
ſer beiden, ſo unterſchiedenen Elemente nenne ich die Ver-
äußerung
(b), und es iſt demnach vor Allem auszufüh-
ren, daß jede Schenkung eine Veräußerung enthalten müſſe.
Ja dieſes iſt in der That die Grundlage aller Schenkung.

In dieſem Beſtandtheil nun iſt die Schenkung ver-
wandt mit einigen anderen Rechtsinſtituten, deren Grund-
ſätze wir folglich hier geltend machen dürfen. Das erſte
derſelben iſt die Pauliana actio, oder die Klage eines Glau-
bigers gegen Denjenigen, an welchen der inſolvente Schuld-
ner unredlicherweiſe, zum Nachtheil des Glaubigers, Etwas
veräußert hat. Dieſe Klage kommt mit der Schenkung

(a) Die Römer pflegen beide
Erforderniſſe nicht zu unterſchei-
den, ſondern unter den gemein-
ſamen Ausdrücken zuſammen zu
faſſen, der Eine müſſe paupe-
rior,
der Andere locupletior wer-
den. Vgl. L. 5 § 8. 16 de don.
int. vir.
(24. 1.). Für die deut-
liche Einſicht iſt die Unterſchei-
dung gewiß förderlich.
(b) Gewöhnlich gebrauchen wir
den Ausdruck Veräußerung in
demſelben beſchränkteren Umfang,
wie die Römer den Ausdruck alie-
natio,
nämlich für die Übertra-
gung irgend eines dinglichen
Rechts. L. 7 C. de reb. alienis
(4. 51.).
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[24/0038] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. der Schenkung wieder in zwey, von einander verſchiedene. Es muß nämlich erſtens Etwas aus Einem Vermögen aus- ſcheiden und in das andere hinübergehen, und es muß zweytens der letzte Erfolg dieſer Veränderung darin beſte- hen, daß der Totalwerth des einen Vermögens vermin- dert, des andern vermehrt wird. Daß das erſte ohne das zweyte Statt finden könne, wird durch den Kauf einer Sache um ihren wahren Werth einleuchtend, wobey aus jedem Vermögen Etwas in das andere übergeht, und den- noch Keiner reicher oder ärmer wird (a). — Das erſte die- ſer beiden, ſo unterſchiedenen Elemente nenne ich die Ver- äußerung (b), und es iſt demnach vor Allem auszufüh- ren, daß jede Schenkung eine Veräußerung enthalten müſſe. Ja dieſes iſt in der That die Grundlage aller Schenkung. In dieſem Beſtandtheil nun iſt die Schenkung ver- wandt mit einigen anderen Rechtsinſtituten, deren Grund- ſätze wir folglich hier geltend machen dürfen. Das erſte derſelben iſt die Pauliana actio, oder die Klage eines Glau- bigers gegen Denjenigen, an welchen der inſolvente Schuld- ner unredlicherweiſe, zum Nachtheil des Glaubigers, Etwas veräußert hat. Dieſe Klage kommt mit der Schenkung (a) Die Römer pflegen beide Erforderniſſe nicht zu unterſchei- den, ſondern unter den gemein- ſamen Ausdrücken zuſammen zu faſſen, der Eine müſſe paupe- rior, der Andere locupletior wer- den. Vgl. L. 5 § 8. 16 de don. int. vir. (24. 1.). Für die deut- liche Einſicht iſt die Unterſchei- dung gewiß förderlich. (b) Gewöhnlich gebrauchen wir den Ausdruck Veräußerung in demſelben beſchränkteren Umfang, wie die Römer den Ausdruck alie- natio, nämlich für die Übertra- gung irgend eines dinglichen Rechts. L. 7 C. de reb. alienis (4. 51.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/38>, abgerufen am 26.04.2024.