Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.§. 171. Schenkung auf den Todesfall. (Fortsetzung.) keit jener Schenkung unabhängig ist von dem Daseyn ei-nes Erben; sie bleibt bestehen auch wenn das Vermögen erblos wird, anstatt daß Legate und Fideicommisse nur Gültigkeit haben können, insofern sie sich auf ein wirklich erworbenes Erbrecht beziehen (q). -- Ferner ist diese Schen- kung ganz sicher auch unter solchen Personen möglich, de- nen das Recht der testamentifactio fehlt. Am unzweydeu- tigsten zeigt sich dieses bey den Peregrinen, welchen dieses Recht entschieden abgeht (r). Hatte nun ein Peregrine ei- nem andern auf den Todesfall eine Sache tradirt, oder durch Stipulation Etwas versprochen, so ist es eben so unzweifelhaft, daß der Beschenkte Eigenthum oder eine For- derung erwarb (s), als daß das erworbene Recht mit der beschränkenden Bedingung des früheren Todes behaftet war, welche allein das besondere Wesen dieser Schen- kungsart ausmacht. Die Misverständnisse neuerer Schrift- steller über diesen Punkt gründen sich theils auf die Ver- wechslung der testamentifactio mit der völlig verschiede- nen Capacität (von welcher sogleich die Rede seyn wird), theils darauf daß die Römer selbst die technische Bedeu- tung des Wortes testamentifactio (t) nicht immer strenge (q) Hasse Rhein. Museum II. 346. (r) Ulpian. XXII. 2. (s) Über die Fähigkeit der Pe- regrinen zum Eigenthum (nur nicht ex jure Quiritium) vergl. Gajus II. § 40; zu Stipulationen (nur nicht mit spondes? spon- deo) Gajus III. § 93. (t) Am reinsten ist der Sprach- gebrauch bey Ulpian. XX. § 2. 8. 10. 14. XXII. § 3. Von Ga- jus können wir nicht sicher ur- theilen, da die Hauptstelle lücken- haft ist. In manchen anderen Stellen wird das Wort gebraucht für das Recht ein Testament zu machen, welches Recht aber noch 17*
§. 171. Schenkung auf den Todesfall. (Fortſetzung.) keit jener Schenkung unabhängig iſt von dem Daſeyn ei-nes Erben; ſie bleibt beſtehen auch wenn das Vermögen erblos wird, anſtatt daß Legate und Fideicommiſſe nur Gültigkeit haben können, inſofern ſie ſich auf ein wirklich erworbenes Erbrecht beziehen (q). — Ferner iſt dieſe Schen- kung ganz ſicher auch unter ſolchen Perſonen möglich, de- nen das Recht der testamentifactio fehlt. Am unzweydeu- tigſten zeigt ſich dieſes bey den Peregrinen, welchen dieſes Recht entſchieden abgeht (r). Hatte nun ein Peregrine ei- nem andern auf den Todesfall eine Sache tradirt, oder durch Stipulation Etwas verſprochen, ſo iſt es eben ſo unzweifelhaft, daß der Beſchenkte Eigenthum oder eine For- derung erwarb (s), als daß das erworbene Recht mit der beſchränkenden Bedingung des früheren Todes behaftet war, welche allein das beſondere Weſen dieſer Schen- kungsart ausmacht. Die Misverſtändniſſe neuerer Schrift- ſteller über dieſen Punkt gründen ſich theils auf die Ver- wechslung der testamentifactio mit der völlig verſchiede- nen Capacität (von welcher ſogleich die Rede ſeyn wird), theils darauf daß die Römer ſelbſt die techniſche Bedeu- tung des Wortes testamentifactio (t) nicht immer ſtrenge (q) Haſſe Rhein. Muſeum II. 346. (r) Ulpian. XXII. 2. (s) Über die Fähigkeit der Pe- regrinen zum Eigenthum (nur nicht ex jure Quiritium) vergl. Gajus II. § 40; zu Stipulationen (nur nicht mit spondes? spon- deo) Gajus III. § 93. (t) Am reinſten iſt der Sprach- gebrauch bey Ulpian. XX. § 2. 8. 10. 14. XXII. § 3. Von Ga- jus können wir nicht ſicher ur- theilen, da die Hauptſtelle lücken- haft iſt. In manchen anderen Stellen wird das Wort gebraucht für das Recht ein Teſtament zu machen, welches Recht aber noch 17*
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§. 171. Schenkung auf den Todesfall. (Fortſetzung.)
keit jener Schenkung unabhängig iſt von dem Daſeyn ei-
nes Erben; ſie bleibt beſtehen auch wenn das Vermögen
erblos wird, anſtatt daß Legate und Fideicommiſſe nur
Gültigkeit haben können, inſofern ſie ſich auf ein wirklich
erworbenes Erbrecht beziehen (q). — Ferner iſt dieſe Schen-
kung ganz ſicher auch unter ſolchen Perſonen möglich, de-
nen das Recht der testamentifactio fehlt. Am unzweydeu-
tigſten zeigt ſich dieſes bey den Peregrinen, welchen dieſes
Recht entſchieden abgeht (r). Hatte nun ein Peregrine ei-
nem andern auf den Todesfall eine Sache tradirt, oder
durch Stipulation Etwas verſprochen, ſo iſt es eben ſo
unzweifelhaft, daß der Beſchenkte Eigenthum oder eine For-
derung erwarb (s), als daß das erworbene Recht mit der
beſchränkenden Bedingung des früheren Todes behaftet
war, welche allein das beſondere Weſen dieſer Schen-
kungsart ausmacht. Die Misverſtändniſſe neuerer Schrift-
ſteller über dieſen Punkt gründen ſich theils auf die Ver-
wechslung der testamentifactio mit der völlig verſchiede-
nen Capacität (von welcher ſogleich die Rede ſeyn wird),
theils darauf daß die Römer ſelbſt die techniſche Bedeu-
tung des Wortes testamentifactio (t) nicht immer ſtrenge
(q) Haſſe Rhein. Muſeum II.
346.
(r) Ulpian. XXII. 2.
(s) Über die Fähigkeit der Pe-
regrinen zum Eigenthum (nur
nicht ex jure Quiritium) vergl.
Gajus II. § 40; zu Stipulationen
(nur nicht mit spondes? spon-
deo) Gajus III. § 93.
(t) Am reinſten iſt der Sprach-
gebrauch bey Ulpian. XX. § 2.
8. 10. 14. XXII. § 3. Von Ga-
jus können wir nicht ſicher ur-
theilen, da die Hauptſtelle lücken-
haft iſt. In manchen anderen
Stellen wird das Wort gebraucht
für das Recht ein Teſtament zu
machen, welches Recht aber noch
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/273>, abgerufen am 16.02.2025. |