Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
hier angegebenen Veränderungen des Rechts soll sich doch
Eine Form stets als nothwendig erhalten haben, die Zu-
ziehung von Drey Zeugen bey jeder Schenkung, sie mag
durch Tradition oder durch obligatorischen Vertrag bewirkt
werden, nur mit Ausnahme der insinuirten Schenkungen,
worin gar keine weitere Form nöthig sey. Diese Regel
wird auch für das Justinianische Recht als wahr be-
hauptet (s).

Ein Grund dieser Behauptung wird darin gesetzt, daß
es sehr inconsequent gewesen wäre, für die schriftlichen
Schenkungen umständliche Formen, namentlich Zeugen, zu
fordern, für die mündlichen gar keine Formen. Allein
was kann die bloße Consequenz beweisen in einer Lehre,
die so voll von willkührlichen und wechselnden Vorschrif-
ten war? Auch bey Justinian ist es nicht consequent zu
nennen, daß er die Schenkung durch formlosen Vertrag
klagbar werden läßt, während die Darlehenszinsen nur in
Folge einer Stipulation eingeklagt werden können. --
Zweytens kommen in der Novelle 50. des K. Leo, und in
den Scholien der Basiliken, drey Zeugen als nothwendig
bey der Schenkung vor; diese sollen sich aus der älteren
Zeit erhalten haben, also auch für diese beweisen (t). Aus
dem angegebenen Grund ist ein solcher Rückschluß hier
noch weniger, als in den meisten anderen Lehren, zulässig.

(s) Marezoll in: Grolman
und Löhr Magazin B. 4 S. 175
-- 203. Schröter in: Linde
Zeitschrift für Civilrecht und Pro-
zeß B. 2 S. 132.
(t) Marezoll S. 179. 184.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
hier angegebenen Veränderungen des Rechts ſoll ſich doch
Eine Form ſtets als nothwendig erhalten haben, die Zu-
ziehung von Drey Zeugen bey jeder Schenkung, ſie mag
durch Tradition oder durch obligatoriſchen Vertrag bewirkt
werden, nur mit Ausnahme der inſinuirten Schenkungen,
worin gar keine weitere Form nöthig ſey. Dieſe Regel
wird auch für das Juſtinianiſche Recht als wahr be-
hauptet (s).

Ein Grund dieſer Behauptung wird darin geſetzt, daß
es ſehr inconſequent geweſen wäre, für die ſchriftlichen
Schenkungen umſtändliche Formen, namentlich Zeugen, zu
fordern, für die mündlichen gar keine Formen. Allein
was kann die bloße Conſequenz beweiſen in einer Lehre,
die ſo voll von willkührlichen und wechſelnden Vorſchrif-
ten war? Auch bey Juſtinian iſt es nicht conſequent zu
nennen, daß er die Schenkung durch formloſen Vertrag
klagbar werden läßt, während die Darlehenszinſen nur in
Folge einer Stipulation eingeklagt werden können. —
Zweytens kommen in der Novelle 50. des K. Leo, und in
den Scholien der Baſiliken, drey Zeugen als nothwendig
bey der Schenkung vor; dieſe ſollen ſich aus der älteren
Zeit erhalten haben, alſo auch für dieſe beweiſen (t). Aus
dem angegebenen Grund iſt ein ſolcher Rückſchluß hier
noch weniger, als in den meiſten anderen Lehren, zuläſſig.

(s) Marezoll in: Grolman
und Löhr Magazin B. 4 S. 175
— 203. Schröter in: Linde
Zeitſchrift für Civilrecht und Pro-
zeß B. 2 S. 132.
(t) Marezoll S. 179. 184.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0220" n="206"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Ent&#x017F;tehung und Untergang.</fw><lb/>
hier angegebenen Veränderungen des Rechts &#x017F;oll &#x017F;ich doch<lb/>
Eine Form &#x017F;tets als nothwendig erhalten haben, die Zu-<lb/>
ziehung von <hi rendition="#g">Drey Zeugen</hi> bey jeder Schenkung, &#x017F;ie mag<lb/>
durch Tradition oder durch obligatori&#x017F;chen Vertrag bewirkt<lb/>
werden, nur mit Ausnahme der in&#x017F;inuirten Schenkungen,<lb/>
worin gar keine weitere Form nöthig &#x017F;ey. Die&#x017F;e Regel<lb/>
wird auch für das Ju&#x017F;tiniani&#x017F;che Recht als wahr be-<lb/>
hauptet <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#g">Marezoll</hi> in: Grolman<lb/>
und Löhr Magazin B. 4 S. 175<lb/>
&#x2014; 203. <hi rendition="#g">Schröter</hi> in: Linde<lb/>
Zeit&#x017F;chrift für Civilrecht und Pro-<lb/>
zeß B. 2 S. 132.</note>.</p><lb/>
            <p>Ein Grund die&#x017F;er Behauptung wird darin ge&#x017F;etzt, daß<lb/>
es &#x017F;ehr incon&#x017F;equent gewe&#x017F;en wäre, für die &#x017F;chriftlichen<lb/>
Schenkungen um&#x017F;tändliche Formen, namentlich Zeugen, zu<lb/>
fordern, für die mündlichen gar keine Formen. Allein<lb/>
was kann die bloße Con&#x017F;equenz bewei&#x017F;en in einer Lehre,<lb/>
die &#x017F;o voll von willkührlichen und wech&#x017F;elnden Vor&#x017F;chrif-<lb/>
ten war? Auch bey Ju&#x017F;tinian i&#x017F;t es nicht con&#x017F;equent zu<lb/>
nennen, daß er die Schenkung durch formlo&#x017F;en Vertrag<lb/>
klagbar werden läßt, während die Darlehenszin&#x017F;en nur in<lb/>
Folge einer Stipulation eingeklagt werden können. &#x2014;<lb/>
Zweytens kommen in der Novelle 50. des K. Leo, und in<lb/>
den Scholien der Ba&#x017F;iliken, drey Zeugen als nothwendig<lb/>
bey der Schenkung vor; die&#x017F;e &#x017F;ollen &#x017F;ich aus der älteren<lb/>
Zeit erhalten haben, al&#x017F;o auch für die&#x017F;e bewei&#x017F;en <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#g">Marezoll</hi> S. 179. 184.</note>. Aus<lb/>
dem angegebenen Grund i&#x017F;t ein &#x017F;olcher Rück&#x017F;chluß hier<lb/>
noch weniger, als in den mei&#x017F;ten anderen Lehren, zulä&#x017F;&#x017F;ig.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0220] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. hier angegebenen Veränderungen des Rechts ſoll ſich doch Eine Form ſtets als nothwendig erhalten haben, die Zu- ziehung von Drey Zeugen bey jeder Schenkung, ſie mag durch Tradition oder durch obligatoriſchen Vertrag bewirkt werden, nur mit Ausnahme der inſinuirten Schenkungen, worin gar keine weitere Form nöthig ſey. Dieſe Regel wird auch für das Juſtinianiſche Recht als wahr be- hauptet (s). Ein Grund dieſer Behauptung wird darin geſetzt, daß es ſehr inconſequent geweſen wäre, für die ſchriftlichen Schenkungen umſtändliche Formen, namentlich Zeugen, zu fordern, für die mündlichen gar keine Formen. Allein was kann die bloße Conſequenz beweiſen in einer Lehre, die ſo voll von willkührlichen und wechſelnden Vorſchrif- ten war? Auch bey Juſtinian iſt es nicht conſequent zu nennen, daß er die Schenkung durch formloſen Vertrag klagbar werden läßt, während die Darlehenszinſen nur in Folge einer Stipulation eingeklagt werden können. — Zweytens kommen in der Novelle 50. des K. Leo, und in den Scholien der Baſiliken, drey Zeugen als nothwendig bey der Schenkung vor; dieſe ſollen ſich aus der älteren Zeit erhalten haben, alſo auch für dieſe beweiſen (t). Aus dem angegebenen Grund iſt ein ſolcher Rückſchluß hier noch weniger, als in den meiſten anderen Lehren, zuläſſig. (s) Marezoll in: Grolman und Löhr Magazin B. 4 S. 175 — 203. Schröter in: Linde Zeitſchrift für Civilrecht und Pro- zeß B. 2 S. 132. (t) Marezoll S. 179. 184.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/220
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/220>, abgerufen am 04.05.2024.