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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
nicht geschlossen, das heißt die Schuld dauert unverändert
fort (Note a).

Diese Regeln gelten für beide Ehegatten gleichmäßig.
Dennoch zeigt sich ihr Einfluß durchgreifender bey den
Schenkungen des Mannes an die Frau, als im umgekehr-
ten Fall. Alles, was der Mann seiner Frau unentgeld-
lich giebt, hat von selbst die Natur einer Schenkung, und
ist der angegebenen Nichtigkeit unterworfen. Die Frau
kann stets ihr ganzes Vermögen unentgeldlich dem Mann
überlassen, und dieses ist völlig gültig, so bald es zum
Zweck einer Dos geschieht. Allerdings ist nun diese keine
Schenkung, aber der Unterschied scheint mehr im Namen
als in der Sache zu liegen. Denn der Mann bekommt
an einer solchen Dos sogleich Eigenthum und Fruchtge-
nuß, zunächst also dieselben Rechte und Vortheile, die ihm
auch eine Schenkung verschaffen könnte. Der praktische
Sinn dieses, auch an die Frau gerichteten, Verbots be-
steht also darin, daß sie dem Mann nicht soll Vermögen
anders unentgeldlich zuwenden können, als nach den für
die Dos geltenden eigenthümlichen Regeln, das heißt haupt-
sächlich nicht anders, als so daß das Gegebene am Ende
der Ehe auf die Frau selbst oder ihre Erben zurück falle (d).


(d) Nach dem älteren Recht
nur auf sie selbst, nach dem neue-
ren auch auf ihre Erben, so daß
also nunmehr der praktische Un-
terschied der Dos von einer Schen-
kung der Frau an den Mann
noch stärker hervortritt, als im
älteren Recht. -- Dieser Rückfall
soll auch nicht etwa blos in der
Regel eintreten, mit Vorbehalt
abweichender willkührlicher Be-
stimmungen; vielmehr sind solche
abweichende Verträge ungültig,
außer wenn sie mit Rücksicht auf

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
nicht geſchloſſen, das heißt die Schuld dauert unverändert
fort (Note a).

Dieſe Regeln gelten für beide Ehegatten gleichmäßig.
Dennoch zeigt ſich ihr Einfluß durchgreifender bey den
Schenkungen des Mannes an die Frau, als im umgekehr-
ten Fall. Alles, was der Mann ſeiner Frau unentgeld-
lich giebt, hat von ſelbſt die Natur einer Schenkung, und
iſt der angegebenen Nichtigkeit unterworfen. Die Frau
kann ſtets ihr ganzes Vermögen unentgeldlich dem Mann
überlaſſen, und dieſes iſt völlig gültig, ſo bald es zum
Zweck einer Dos geſchieht. Allerdings iſt nun dieſe keine
Schenkung, aber der Unterſchied ſcheint mehr im Namen
als in der Sache zu liegen. Denn der Mann bekommt
an einer ſolchen Dos ſogleich Eigenthum und Fruchtge-
nuß, zunächſt alſo dieſelben Rechte und Vortheile, die ihm
auch eine Schenkung verſchaffen könnte. Der praktiſche
Sinn dieſes, auch an die Frau gerichteten, Verbots be-
ſteht alſo darin, daß ſie dem Mann nicht ſoll Vermögen
anders unentgeldlich zuwenden können, als nach den für
die Dos geltenden eigenthümlichen Regeln, das heißt haupt-
ſächlich nicht anders, als ſo daß das Gegebene am Ende
der Ehe auf die Frau ſelbſt oder ihre Erben zurück falle (d).


(d) Nach dem älteren Recht
nur auf ſie ſelbſt, nach dem neue-
ren auch auf ihre Erben, ſo daß
alſo nunmehr der praktiſche Un-
terſchied der Dos von einer Schen-
kung der Frau an den Mann
noch ſtärker hervortritt, als im
älteren Recht. — Dieſer Rückfall
ſoll auch nicht etwa blos in der
Regel eintreten, mit Vorbehalt
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ſtimmungen; vielmehr ſind ſolche
abweichende Verträge ungültig,
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[174/0188] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. nicht geſchloſſen, das heißt die Schuld dauert unverändert fort (Note a). Dieſe Regeln gelten für beide Ehegatten gleichmäßig. Dennoch zeigt ſich ihr Einfluß durchgreifender bey den Schenkungen des Mannes an die Frau, als im umgekehr- ten Fall. Alles, was der Mann ſeiner Frau unentgeld- lich giebt, hat von ſelbſt die Natur einer Schenkung, und iſt der angegebenen Nichtigkeit unterworfen. Die Frau kann ſtets ihr ganzes Vermögen unentgeldlich dem Mann überlaſſen, und dieſes iſt völlig gültig, ſo bald es zum Zweck einer Dos geſchieht. Allerdings iſt nun dieſe keine Schenkung, aber der Unterſchied ſcheint mehr im Namen als in der Sache zu liegen. Denn der Mann bekommt an einer ſolchen Dos ſogleich Eigenthum und Fruchtge- nuß, zunächſt alſo dieſelben Rechte und Vortheile, die ihm auch eine Schenkung verſchaffen könnte. Der praktiſche Sinn dieſes, auch an die Frau gerichteten, Verbots be- ſteht alſo darin, daß ſie dem Mann nicht ſoll Vermögen anders unentgeldlich zuwenden können, als nach den für die Dos geltenden eigenthümlichen Regeln, das heißt haupt- ſächlich nicht anders, als ſo daß das Gegebene am Ende der Ehe auf die Frau ſelbſt oder ihre Erben zurück falle (d). (d) Nach dem älteren Recht nur auf ſie ſelbſt, nach dem neue- ren auch auf ihre Erben, ſo daß alſo nunmehr der praktiſche Un- terſchied der Dos von einer Schen- kung der Frau an den Mann noch ſtärker hervortritt, als im älteren Recht. — Dieſer Rückfall ſoll auch nicht etwa blos in der Regel eintreten, mit Vorbehalt abweichender willkührlicher Be- ſtimmungen; vielmehr ſind ſolche abweichende Verträge ungültig, außer wenn ſie mit Rückſicht auf

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/188>, abgerufen am 01.05.2024.