Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
gen umzukehren, und das Verbot unter Ehegatten voran
zu stellen, obgleich es eine weit speciellere Natur hat.

Das Verbot der Schenkung unter Ehegatten ist von
zwey Seiten zu betrachten. Die eine derselben gehört der
Ehe an; dahin ist zu rechnen die Feststellung der Gründe,
wodurch das Verbot herbeygeführt worden ist, welche nur
im Zusammenhang des Eherechts auf befriedigende Weise
unternommen werden kann, und daher hier ausgesetzt
bleibt (a). Die andere Seite fällt in die allgemeine Lehre
von der Schenkung, welche ohne sie ganz lückenhaft blei-
ben würde, da sogar diese Anwendung für die Römischen
Juristen fast die einzige Veranlassung gewesen ist, den
Begriff der Schenkung auszubilden und scharf zu begrän-
zen (§ 142).

Die allgemeine Bedingung dieses Verbots besteht also
darin, daß die Schenkung unter Ehegatten, folglich
während einer bestehenden Ehe, vorgenommen werde. Es
ist dabey derjenige Begriff der Schenkung zur Anwendung
zu bringen, welcher schon oben vollständig entwickelt wor-

(a) Nur den Widerspruch muß
ich hier wiederholen gegen die
neuerlich aufgestellte Ansicht, nach
welcher dieses Verbot zuerst in
der strengen Ehe entstanden, und
dann in die freye Ehe (worin
wir es jetzt finden) herüber ge-
nommen seyn soll. Vergl. Sa-
vigny
Recht des Besitzes, Ein-
leitung S. LXVI der 6ten Aus-
gabe. Für die Ehefrau in manu
bedurfte es eben so wenig eines
Schenkungsverbots, als für den
Sohn in väterlicher Gewalt; die
Schenkung war für sich unmög-
lich, weil sie gar keine denkbare
Wirkung haben konnte. Die Frau
konnte dem Mann nicht schen-
ken, weil sie Nichts hatte, der
Mann seiner Frau nicht, weil er
es sich selbst geschenkt hätte, in-
dem Alles, was sie überhaupt er-
warb, in sein Vermögen kam.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
gen umzukehren, und das Verbot unter Ehegatten voran
zu ſtellen, obgleich es eine weit ſpeciellere Natur hat.

Das Verbot der Schenkung unter Ehegatten iſt von
zwey Seiten zu betrachten. Die eine derſelben gehört der
Ehe an; dahin iſt zu rechnen die Feſtſtellung der Gründe,
wodurch das Verbot herbeygeführt worden iſt, welche nur
im Zuſammenhang des Eherechts auf befriedigende Weiſe
unternommen werden kann, und daher hier ausgeſetzt
bleibt (a). Die andere Seite fällt in die allgemeine Lehre
von der Schenkung, welche ohne ſie ganz lückenhaft blei-
ben würde, da ſogar dieſe Anwendung für die Römiſchen
Juriſten faſt die einzige Veranlaſſung geweſen iſt, den
Begriff der Schenkung auszubilden und ſcharf zu begrän-
zen (§ 142).

Die allgemeine Bedingung dieſes Verbots beſteht alſo
darin, daß die Schenkung unter Ehegatten, folglich
während einer beſtehenden Ehe, vorgenommen werde. Es
iſt dabey derjenige Begriff der Schenkung zur Anwendung
zu bringen, welcher ſchon oben vollſtändig entwickelt wor-

(a) Nur den Widerſpruch muß
ich hier wiederholen gegen die
neuerlich aufgeſtellte Anſicht, nach
welcher dieſes Verbot zuerſt in
der ſtrengen Ehe entſtanden, und
dann in die freye Ehe (worin
wir es jetzt finden) herüber ge-
nommen ſeyn ſoll. Vergl. Sa-
vigny
Recht des Beſitzes, Ein-
leitung S. LXVI der 6ten Aus-
gabe. Für die Ehefrau in manu
bedurfte es eben ſo wenig eines
Schenkungsverbots, als für den
Sohn in väterlicher Gewalt; die
Schenkung war für ſich unmög-
lich, weil ſie gar keine denkbare
Wirkung haben konnte. Die Frau
konnte dem Mann nicht ſchen-
ken, weil ſie Nichts hatte, der
Mann ſeiner Frau nicht, weil er
es ſich ſelbſt geſchenkt hätte, in-
dem Alles, was ſie überhaupt er-
warb, in ſein Vermögen kam.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0180" n="166"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Ent&#x017F;tehung und Untergang.</fw><lb/>
gen umzukehren, und das Verbot unter Ehegatten voran<lb/>
zu &#x017F;tellen, obgleich es eine weit &#x017F;peciellere Natur hat.</p><lb/>
            <p>Das Verbot der Schenkung unter Ehegatten i&#x017F;t von<lb/>
zwey Seiten zu betrachten. Die eine der&#x017F;elben gehört der<lb/>
Ehe an; dahin i&#x017F;t zu rechnen die Fe&#x017F;t&#x017F;tellung der Gründe,<lb/>
wodurch das Verbot herbeygeführt worden i&#x017F;t, welche nur<lb/>
im Zu&#x017F;ammenhang des Eherechts auf befriedigende Wei&#x017F;e<lb/>
unternommen werden kann, und daher hier ausge&#x017F;etzt<lb/>
bleibt <note place="foot" n="(a)">Nur den Wider&#x017F;pruch muß<lb/>
ich hier wiederholen gegen die<lb/>
neuerlich aufge&#x017F;tellte An&#x017F;icht, nach<lb/>
welcher die&#x017F;es Verbot zuer&#x017F;t in<lb/>
der &#x017F;trengen Ehe ent&#x017F;tanden, und<lb/>
dann in die freye Ehe (worin<lb/>
wir es jetzt finden) herüber ge-<lb/>
nommen &#x017F;eyn &#x017F;oll. Vergl. <hi rendition="#g">Sa-<lb/>
vigny</hi> Recht des Be&#x017F;itzes, Ein-<lb/>
leitung S. <hi rendition="#aq">LXVI</hi> der 6ten Aus-<lb/>
gabe. Für die Ehefrau <hi rendition="#aq">in manu</hi><lb/>
bedurfte es eben &#x017F;o wenig eines<lb/>
Schenkungsverbots, als für den<lb/>
Sohn in väterlicher Gewalt; die<lb/>
Schenkung war für &#x017F;ich unmög-<lb/>
lich, weil &#x017F;ie gar keine denkbare<lb/>
Wirkung haben konnte. Die Frau<lb/>
konnte dem Mann nicht &#x017F;chen-<lb/>
ken, weil &#x017F;ie Nichts hatte, der<lb/>
Mann &#x017F;einer Frau nicht, weil er<lb/>
es &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chenkt hätte, in-<lb/>
dem Alles, was &#x017F;ie überhaupt er-<lb/>
warb, in &#x017F;ein Vermögen kam.</note>. Die andere Seite fällt in die allgemeine Lehre<lb/>
von der Schenkung, welche ohne &#x017F;ie ganz lückenhaft blei-<lb/>
ben würde, da &#x017F;ogar die&#x017F;e Anwendung für die Römi&#x017F;chen<lb/>
Juri&#x017F;ten fa&#x017F;t die einzige Veranla&#x017F;&#x017F;ung gewe&#x017F;en i&#x017F;t, den<lb/>
Begriff der Schenkung auszubilden und &#x017F;charf zu begrän-<lb/>
zen (§ 142).</p><lb/>
            <p>Die allgemeine Bedingung die&#x017F;es Verbots be&#x017F;teht al&#x017F;o<lb/>
darin, daß die Schenkung <hi rendition="#g">unter Ehegatten</hi>, folglich<lb/>
während einer be&#x017F;tehenden Ehe, vorgenommen werde. Es<lb/>
i&#x017F;t dabey derjenige Begriff der Schenkung zur Anwendung<lb/>
zu bringen, welcher &#x017F;chon oben voll&#x017F;tändig entwickelt wor-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0180] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. gen umzukehren, und das Verbot unter Ehegatten voran zu ſtellen, obgleich es eine weit ſpeciellere Natur hat. Das Verbot der Schenkung unter Ehegatten iſt von zwey Seiten zu betrachten. Die eine derſelben gehört der Ehe an; dahin iſt zu rechnen die Feſtſtellung der Gründe, wodurch das Verbot herbeygeführt worden iſt, welche nur im Zuſammenhang des Eherechts auf befriedigende Weiſe unternommen werden kann, und daher hier ausgeſetzt bleibt (a). Die andere Seite fällt in die allgemeine Lehre von der Schenkung, welche ohne ſie ganz lückenhaft blei- ben würde, da ſogar dieſe Anwendung für die Römiſchen Juriſten faſt die einzige Veranlaſſung geweſen iſt, den Begriff der Schenkung auszubilden und ſcharf zu begrän- zen (§ 142). Die allgemeine Bedingung dieſes Verbots beſteht alſo darin, daß die Schenkung unter Ehegatten, folglich während einer beſtehenden Ehe, vorgenommen werde. Es iſt dabey derjenige Begriff der Schenkung zur Anwendung zu bringen, welcher ſchon oben vollſtändig entwickelt wor- (a) Nur den Widerſpruch muß ich hier wiederholen gegen die neuerlich aufgeſtellte Anſicht, nach welcher dieſes Verbot zuerſt in der ſtrengen Ehe entſtanden, und dann in die freye Ehe (worin wir es jetzt finden) herüber ge- nommen ſeyn ſoll. Vergl. Sa- vigny Recht des Beſitzes, Ein- leitung S. LXVI der 6ten Aus- gabe. Für die Ehefrau in manu bedurfte es eben ſo wenig eines Schenkungsverbots, als für den Sohn in väterlicher Gewalt; die Schenkung war für ſich unmög- lich, weil ſie gar keine denkbare Wirkung haben konnte. Die Frau konnte dem Mann nicht ſchen- ken, weil ſie Nichts hatte, der Mann ſeiner Frau nicht, weil er es ſich ſelbſt geſchenkt hätte, in- dem Alles, was ſie überhaupt er- warb, in ſein Vermögen kam.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/180
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/180>, abgerufen am 24.11.2024.