Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang. Betrachtung ausgeht. Die Erbschaft könne überhaupt er-worben werden durch ausgesprochene Worte (cernendo oder nuda voluntate) oder durch Handlungen (gerendo) (t). Die erste Art sey freylich nicht möglich bey dem qui fari non potest, wohl aber die zweyte, der Tutor könne also das Kind Handlungen eines Erben vornehmen lassen und dazu die Genehmigung ertheilen (u). Hier gestattet er also die auctoritas während der Infantia, worin sie sonst durch- aus nicht zugelassen wird; offenbar nur aus Noth, und indem er sich zu diesem Zweck hinter den Wortsinn von Infans versteckt, sich also darüber hinwegsetzt, daß in allen anderen Beziehungen nicht blos wegen der Sprachunfähig- keit die Möglichkeit der auctoritas bey dem Infans ver- neint wird, sondern zugleich wegen des damit verbunde- nen gänzlichen Mangels an intellectus (v). (t) Gajus II. § 167. (u) L. 65 § 3 ad Sc. Treb. (36. 1.) "sive enim heres insti- tutus esset, non dubie pro he- rede, tutore auctore, gerere posse videtur." Er macht da- von Anwendung auf den Empfang eines Erbschaftsfideicommisses, wo- bey er nur unter der Voraus- setzung einige Schwierigkeit fin- det, daß der eingesetzte Erbe zum Antritt gezwungen werden muß; eben diese Schwierigkeit beseitigt er in den angeführten Worten durch die Analogie der heredi- tas. -- Bey der bonorum pos- sessio, die als ein prätorisches Institut viel freyer behandelt wur- de, half man sich einfacher. Der Vater sollte für das Kind, der Tutor für den Mündel, selbst die B. P. erbitten dürfen, also ganz ohne persönliches Mitwir- ken des berufenen bonorum pos- sessor. L. 7. § 1 L. 8 L. 11 de B. P. (37. 1.), L. 3 C. qui ad- mitti (6. 9.). -- Über die Be- handlung der Erbschaftsfideicom- misse, die ein Unmündiger em- pfangen oder restituiren soll, vgl. außer der angeführten L. 65 § 3 ad Sc. Treb. auch L. 37 § 1 eod. und L. 7 pr. C. eod. (6 49.). (v) Vgl. oben § 107. f. Wäre
die Ansicht des Paulus durchgrei- fend, und nicht blos ein Nothbe- Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Betrachtung ausgeht. Die Erbſchaft könne überhaupt er-worben werden durch ausgeſprochene Worte (cernendo oder nuda voluntate) oder durch Handlungen (gerendo) (t). Die erſte Art ſey freylich nicht möglich bey dem qui fari non potest, wohl aber die zweyte, der Tutor könne alſo das Kind Handlungen eines Erben vornehmen laſſen und dazu die Genehmigung ertheilen (u). Hier geſtattet er alſo die auctoritas während der Infantia, worin ſie ſonſt durch- aus nicht zugelaſſen wird; offenbar nur aus Noth, und indem er ſich zu dieſem Zweck hinter den Wortſinn von Infans verſteckt, ſich alſo darüber hinwegſetzt, daß in allen anderen Beziehungen nicht blos wegen der Sprachunfähig- keit die Möglichkeit der auctoritas bey dem Infans ver- neint wird, ſondern zugleich wegen des damit verbunde- nen gänzlichen Mangels an intellectus (v). (t) Gajus II. § 167. (u) L. 65 § 3 ad Sc. Treb. (36. 1.) „sive enim heres insti- tutus esset, non dubie pro he- rede, tutore auctore, gerere posse videtur.” Er macht da- von Anwendung auf den Empfang eines Erbſchaftsfideicommiſſes, wo- bey er nur unter der Voraus- ſetzung einige Schwierigkeit fin- det, daß der eingeſetzte Erbe zum Antritt gezwungen werden muß; eben dieſe Schwierigkeit beſeitigt er in den angeführten Worten durch die Analogie der heredi- tas. — Bey der bonorum pos- sessio, die als ein prätoriſches Inſtitut viel freyer behandelt wur- de, half man ſich einfacher. Der Vater ſollte für das Kind, der Tutor für den Mündel, ſelbſt die B. P. erbitten dürfen, alſo ganz ohne perſönliches Mitwir- ken des berufenen bonorum pos- sessor. L. 7. § 1 L. 8 L. 11 de B. P. (37. 1.), L. 3 C. qui ad- mitti (6. 9.). — Über die Be- handlung der Erbſchaftsfideicom- miſſe, die ein Unmündiger em- pfangen oder reſtituiren ſoll, vgl. außer der angeführten L. 65 § 3 ad Sc. Treb. auch L. 37 § 1 eod. und L. 7 pr. C. eod. (6 49.). (v) Vgl. oben § 107. f. Wäre
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Betrachtung ausgeht. Die Erbſchaft könne überhaupt er-
worben werden durch ausgeſprochene Worte (cernendo
oder nuda voluntate) oder durch Handlungen (gerendo) (t).
Die erſte Art ſey freylich nicht möglich bey dem qui fari
non potest, wohl aber die zweyte, der Tutor könne alſo
das Kind Handlungen eines Erben vornehmen laſſen und
dazu die Genehmigung ertheilen (u). Hier geſtattet er alſo
die auctoritas während der Infantia, worin ſie ſonſt durch-
aus nicht zugelaſſen wird; offenbar nur aus Noth, und
indem er ſich zu dieſem Zweck hinter den Wortſinn von
Infans verſteckt, ſich alſo darüber hinwegſetzt, daß in allen
anderen Beziehungen nicht blos wegen der Sprachunfähig-
keit die Möglichkeit der auctoritas bey dem Infans ver-
neint wird, ſondern zugleich wegen des damit verbunde-
nen gänzlichen Mangels an intellectus (v).
(t) Gajus II. § 167.
(u) L. 65 § 3 ad Sc. Treb.
(36. 1.) „sive enim heres insti-
tutus esset, non dubie pro he-
rede, tutore auctore, gerere
posse videtur.” Er macht da-
von Anwendung auf den Empfang
eines Erbſchaftsfideicommiſſes, wo-
bey er nur unter der Voraus-
ſetzung einige Schwierigkeit fin-
det, daß der eingeſetzte Erbe zum
Antritt gezwungen werden muß;
eben dieſe Schwierigkeit beſeitigt
er in den angeführten Worten
durch die Analogie der heredi-
tas. — Bey der bonorum pos-
sessio, die als ein prätoriſches
Inſtitut viel freyer behandelt wur-
de, half man ſich einfacher. Der
Vater ſollte für das Kind, der
Tutor für den Mündel, ſelbſt
die B. P. erbitten dürfen, alſo
ganz ohne perſönliches Mitwir-
ken des berufenen bonorum pos-
sessor. L. 7. § 1 L. 8 L. 11 de
B. P. (37. 1.), L. 3 C. qui ad-
mitti (6. 9.). — Über die Be-
handlung der Erbſchaftsfideicom-
miſſe, die ein Unmündiger em-
pfangen oder reſtituiren ſoll, vgl.
außer der angeführten L. 65 § 3
ad Sc. Treb. auch L. 37 § 1 eod.
und L. 7 pr. C. eod. (6 49.).
(v) Vgl. oben § 107. f. Wäre
die Anſicht des Paulus durchgrei-
fend, und nicht blos ein Nothbe-
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