Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Irrthum und Unwissenheit.
wußten auch, was Rescripte seyen, und wie sie behandelt
werden müßten, damit der Kern einer reinen Regel von
der Hülse seiner zufälligen concreten Umgebung befreyt
würde. Von dem Theil des Rescripts, welcher allein in
den Codex aufgenommen ist, hätten sie ohne Zweifel ge-
sagt, wie sie es von anderen Rescripten wirklich sagen:
illa pars rescripti generalis est (b).

Zu jenen allgemein redenden Stellen will ich nun noch
folgende hinzufügen, welche die Unzulässigkeit des Rechts-
irrthums in einzelnen Anwendungen aussprechen (c).

L. 9 § 5 h. t. Der Erbe, welcher ein Legat ganz aus-
zahlt, ohne die Falcidia, wozu er berechtigt wäre, abzu-
ziehen, hat keine condictio indebiti, wenn er durch Rechts-
irrthum dazu veranlaßt wurde. Dieser Satz wird durch
ein ausführliches Kaiserrescript belegt (d). Es ist wohl
zu bemerken, in welchem Zusammenhang diese Stelle steht.
Paulus hatte (im princ.) den allgemeinen Satz an die
Spitze gestellt, der factische Irrthum sey unschädlich, der
Rechtsirrthum aber schädlich. Diese Sätze werden theils
mit Beschränkungen versehen, theils durch Anwendungen
erläutert, und eine solche Anwendung der Schädlichkeit

(b) Vgl. das System § 24
Note k.
(c) Unter diese einzelnen An-
wendungen kann man auch rech-
nen die irrige in jure confessio,
die nicht schadet, außer wenn sie
auf einem Rechtsirrthum beruht.
Denn Das geht ganz aus dem der
condictio indebiti zum Grunde
liegenden Princip hervor (Num.
XIX. g).
(d) Wörtlich Dasselbe, und eben
so bestimmt, nur kürzer, findet
sich in L. 9 C. ad. L. Falc.
(6. 50.).

Irrthum und Unwiſſenheit.
wußten auch, was Reſcripte ſeyen, und wie ſie behandelt
werden müßten, damit der Kern einer reinen Regel von
der Hülſe ſeiner zufälligen concreten Umgebung befreyt
würde. Von dem Theil des Reſcripts, welcher allein in
den Codex aufgenommen iſt, hätten ſie ohne Zweifel ge-
ſagt, wie ſie es von anderen Reſcripten wirklich ſagen:
illa pars rescripti generalis est (b).

Zu jenen allgemein redenden Stellen will ich nun noch
folgende hinzufügen, welche die Unzuläſſigkeit des Rechts-
irrthums in einzelnen Anwendungen ausſprechen (c).

L. 9 § 5 h. t. Der Erbe, welcher ein Legat ganz aus-
zahlt, ohne die Falcidia, wozu er berechtigt wäre, abzu-
ziehen, hat keine condictio indebiti, wenn er durch Rechts-
irrthum dazu veranlaßt wurde. Dieſer Satz wird durch
ein ausführliches Kaiſerreſcript belegt (d). Es iſt wohl
zu bemerken, in welchem Zuſammenhang dieſe Stelle ſteht.
Paulus hatte (im princ.) den allgemeinen Satz an die
Spitze geſtellt, der factiſche Irrthum ſey unſchädlich, der
Rechtsirrthum aber ſchädlich. Dieſe Sätze werden theils
mit Beſchränkungen verſehen, theils durch Anwendungen
erläutert, und eine ſolche Anwendung der Schädlichkeit

(b) Vgl. das Syſtem § 24
Note k.
(c) Unter dieſe einzelnen An-
wendungen kann man auch rech-
nen die irrige in jure confessio,
die nicht ſchadet, außer wenn ſie
auf einem Rechtsirrthum beruht.
Denn Das geht ganz aus dem der
condictio indebiti zum Grunde
liegenden Princip hervor (Num.
XIX. g).
(d) Wörtlich Daſſelbe, und eben
ſo beſtimmt, nur kürzer, findet
ſich in L. 9 C. ad. L. Falc.
(6. 50.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0469" n="457"/><fw place="top" type="header">Irrthum und Unwi&#x017F;&#x017F;enheit.</fw><lb/>
wußten auch, was Re&#x017F;cripte &#x017F;eyen, und wie &#x017F;ie behandelt<lb/>
werden müßten, damit der Kern einer reinen Regel von<lb/>
der Hül&#x017F;e &#x017F;einer zufälligen concreten Umgebung befreyt<lb/>
würde. Von dem Theil des Re&#x017F;cripts, welcher allein in<lb/>
den Codex aufgenommen i&#x017F;t, hätten &#x017F;ie ohne Zweifel ge-<lb/>
&#x017F;agt, wie &#x017F;ie es von anderen Re&#x017F;cripten wirklich &#x017F;agen:<lb/><hi rendition="#aq">illa pars rescripti generalis est</hi> <note place="foot" n="(b)">Vgl. das Sy&#x017F;tem § 24<lb/>
Note <hi rendition="#aq">k.</hi></note>.</p><lb/>
          <p>Zu jenen allgemein redenden Stellen will ich nun noch<lb/>
folgende hinzufügen, welche die Unzulä&#x017F;&#x017F;igkeit des Rechts-<lb/>
irrthums in einzelnen Anwendungen aus&#x017F;prechen <note place="foot" n="(c)">Unter die&#x017F;e einzelnen An-<lb/>
wendungen kann man auch rech-<lb/>
nen die irrige <hi rendition="#aq">in jure confessio,</hi><lb/>
die nicht &#x017F;chadet, außer wenn &#x017F;ie<lb/>
auf einem Rechtsirrthum beruht.<lb/>
Denn Das geht ganz aus dem der<lb/><hi rendition="#aq">condictio indebiti</hi> zum Grunde<lb/>
liegenden Princip hervor (Num.<lb/><hi rendition="#aq">XIX. g</hi>).</note>.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 9 § 5 <hi rendition="#i">h. t.</hi></hi> Der Erbe, welcher ein Legat ganz aus-<lb/>
zahlt, ohne die Falcidia, wozu er berechtigt wäre, abzu-<lb/>
ziehen, hat keine <hi rendition="#aq">condictio indebiti,</hi> wenn er durch Rechts-<lb/>
irrthum dazu veranlaßt wurde. Die&#x017F;er Satz wird durch<lb/>
ein ausführliches Kai&#x017F;erre&#x017F;cript belegt <note place="foot" n="(d)">Wörtlich Da&#x017F;&#x017F;elbe, und eben<lb/>
&#x017F;o be&#x017F;timmt, nur kürzer, findet<lb/>
&#x017F;ich in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 9 <hi rendition="#i">C. ad. L. Falc.</hi></hi><lb/>
(6. 50.).</note>. Es i&#x017F;t wohl<lb/>
zu bemerken, in welchem Zu&#x017F;ammenhang die&#x017F;e Stelle &#x017F;teht.<lb/>
Paulus hatte (im <hi rendition="#aq">princ.</hi>) den allgemeinen Satz an die<lb/>
Spitze ge&#x017F;tellt, der facti&#x017F;che Irrthum &#x017F;ey un&#x017F;chädlich, der<lb/>
Rechtsirrthum aber &#x017F;chädlich. Die&#x017F;e Sätze werden theils<lb/>
mit Be&#x017F;chränkungen ver&#x017F;ehen, theils durch Anwendungen<lb/>
erläutert, und eine &#x017F;olche Anwendung der Schädlichkeit<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[457/0469] Irrthum und Unwiſſenheit. wußten auch, was Reſcripte ſeyen, und wie ſie behandelt werden müßten, damit der Kern einer reinen Regel von der Hülſe ſeiner zufälligen concreten Umgebung befreyt würde. Von dem Theil des Reſcripts, welcher allein in den Codex aufgenommen iſt, hätten ſie ohne Zweifel ge- ſagt, wie ſie es von anderen Reſcripten wirklich ſagen: illa pars rescripti generalis est (b). Zu jenen allgemein redenden Stellen will ich nun noch folgende hinzufügen, welche die Unzuläſſigkeit des Rechts- irrthums in einzelnen Anwendungen ausſprechen (c). L. 9 § 5 h. t. Der Erbe, welcher ein Legat ganz aus- zahlt, ohne die Falcidia, wozu er berechtigt wäre, abzu- ziehen, hat keine condictio indebiti, wenn er durch Rechts- irrthum dazu veranlaßt wurde. Dieſer Satz wird durch ein ausführliches Kaiſerreſcript belegt (d). Es iſt wohl zu bemerken, in welchem Zuſammenhang dieſe Stelle ſteht. Paulus hatte (im princ.) den allgemeinen Satz an die Spitze geſtellt, der factiſche Irrthum ſey unſchädlich, der Rechtsirrthum aber ſchädlich. Dieſe Sätze werden theils mit Beſchränkungen verſehen, theils durch Anwendungen erläutert, und eine ſolche Anwendung der Schädlichkeit (b) Vgl. das Syſtem § 24 Note k. (c) Unter dieſe einzelnen An- wendungen kann man auch rech- nen die irrige in jure confessio, die nicht ſchadet, außer wenn ſie auf einem Rechtsirrthum beruht. Denn Das geht ganz aus dem der condictio indebiti zum Grunde liegenden Princip hervor (Num. XIX. g). (d) Wörtlich Daſſelbe, und eben ſo beſtimmt, nur kürzer, findet ſich in L. 9 C. ad. L. Falc. (6. 50.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/469
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/469>, abgerufen am 21.11.2024.