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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Beylage VIII.
von Rechtsgeschäften sollte auch schon im älteren Recht
die juris ignorantia den Frauen nicht zu gut kommen, bey
Schenkungen nämlich (d).

Wir haben also nunmehr die einzelnen Fälle aufzusu-
chen, in welchen die Frauen ausnahmsweise befugt seyn
sollen, sich auf ihre Rechtsunwissenheit zu berufen, und
worauf der Ausdruck der Constitution von Leo (in his tan-
tum casibus
), nach dem Inhalt der Justinianischen
Gesetzgebung, allein noch anzuwenden ist.

Es gehört dahin die Annahme eines untauglichen Bür-
gen im Prozeß (Num. XIX. Note d.).

Ferner die unterlassene Urkundenedition (Num. XXIX.).

Ferner die versäumte Form, welche nach aufgelöster
Ehe im Fall der Schwangerschaft zu beobachten war
(Num. XXIX.).

Ferner die Zahlung einer solchen Schuld, gegen welche
sie durch die exceptio Scti Vellejani geschützt war, wenn
die Frau dieses Senatusconsult nicht kannte (e).


geführte längere Verjährung zu
verbieten. Bey den Frauen nun
kann diese Restitution nichts An-
deres seyn, als eine Folge der
ihnen damals allgemein nachge-
sehenen Rechtsunwissenheit. --
Eben dahin gehört die in den
Stellen der folgenden Note er-
wähnte Ausnahme bey Schenkun-
gen, die nur unter Voraussetzung
der entgegengesetzten Regel bey
allen anderen Rechtsgeschäften
Sinn hat. Endlich auch die all-
gemeine Gleichstellung von rusti-
citas
und sexus im L. 2 § 7 de
j. fisci
(49. 14.).
(d) L. 11 C. h. t., und die
auf dieselbe Ausnahme anspielen-
den Worte ne maribus quidem
in L. 8 h. t. Vgl. über beide
Stellen oben Num. VIII.
(e) L. 9 C. ad Sc. Vell. (4. 29.).
Es ist dieses eine einzelne Aus-
nahme von der Regel, welche die
condictio indebiti im Fall des
Rechtsirrthums überhaupt aus-
schließt. Donellus will diese
Ausnahme auf alle von Frauen

Beylage VIII.
von Rechtsgeſchäften ſollte auch ſchon im älteren Recht
die juris ignorantia den Frauen nicht zu gut kommen, bey
Schenkungen nämlich (d).

Wir haben alſo nunmehr die einzelnen Fälle aufzuſu-
chen, in welchen die Frauen ausnahmsweiſe befugt ſeyn
ſollen, ſich auf ihre Rechtsunwiſſenheit zu berufen, und
worauf der Ausdruck der Conſtitution von Leo (in his tan-
tum casibus
), nach dem Inhalt der Juſtinianiſchen
Geſetzgebung, allein noch anzuwenden iſt.

Es gehört dahin die Annahme eines untauglichen Bür-
gen im Prozeß (Num. XIX. Note d.).

Ferner die unterlaſſene Urkundenedition (Num. XXIX.).

Ferner die verſäumte Form, welche nach aufgelöſter
Ehe im Fall der Schwangerſchaft zu beobachten war
(Num. XXIX.).

Ferner die Zahlung einer ſolchen Schuld, gegen welche
ſie durch die exceptio Scti Vellejani geſchützt war, wenn
die Frau dieſes Senatusconſult nicht kannte (e).


geführte längere Verjährung zu
verbieten. Bey den Frauen nun
kann dieſe Reſtitution nichts An-
deres ſeyn, als eine Folge der
ihnen damals allgemein nachge-
ſehenen Rechtsunwiſſenheit. —
Eben dahin gehört die in den
Stellen der folgenden Note er-
wähnte Ausnahme bey Schenkun-
gen, die nur unter Vorausſetzung
der entgegengeſetzten Regel bey
allen anderen Rechtsgeſchäften
Sinn hat. Endlich auch die all-
gemeine Gleichſtellung von rusti-
citas
und sexus im L. 2 § 7 de
j. fisci
(49. 14.).
(d) L. 11 C. h. t., und die
auf dieſelbe Ausnahme anſpielen-
den Worte ne maribus quidem
in L. 8 h. t. Vgl. über beide
Stellen oben Num. VIII.
(e) L. 9 C. ad Sc. Vell. (4. 29.).
Es iſt dieſes eine einzelne Aus-
nahme von der Regel, welche die
condictio indebiti im Fall des
Rechtsirrthums überhaupt aus-
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[434/0446] Beylage VIII. von Rechtsgeſchäften ſollte auch ſchon im älteren Recht die juris ignorantia den Frauen nicht zu gut kommen, bey Schenkungen nämlich (d). Wir haben alſo nunmehr die einzelnen Fälle aufzuſu- chen, in welchen die Frauen ausnahmsweiſe befugt ſeyn ſollen, ſich auf ihre Rechtsunwiſſenheit zu berufen, und worauf der Ausdruck der Conſtitution von Leo (in his tan- tum casibus), nach dem Inhalt der Juſtinianiſchen Geſetzgebung, allein noch anzuwenden iſt. Es gehört dahin die Annahme eines untauglichen Bür- gen im Prozeß (Num. XIX. Note d.). Ferner die unterlaſſene Urkundenedition (Num. XXIX.). Ferner die verſäumte Form, welche nach aufgelöſter Ehe im Fall der Schwangerſchaft zu beobachten war (Num. XXIX.). Ferner die Zahlung einer ſolchen Schuld, gegen welche ſie durch die exceptio Scti Vellejani geſchützt war, wenn die Frau dieſes Senatusconſult nicht kannte (e). (c) (d) L. 11 C. h. t., und die auf dieſelbe Ausnahme anſpielen- den Worte ne maribus quidem in L. 8 h. t. Vgl. über beide Stellen oben Num. VIII. (e) L. 9 C. ad Sc. Vell. (4. 29.). Es iſt dieſes eine einzelne Aus- nahme von der Regel, welche die condictio indebiti im Fall des Rechtsirrthums überhaupt aus- ſchließt. Donellus will dieſe Ausnahme auf alle von Frauen (c) geführte längere Verjährung zu verbieten. Bey den Frauen nun kann dieſe Reſtitution nichts An- deres ſeyn, als eine Folge der ihnen damals allgemein nachge- ſehenen Rechtsunwiſſenheit. — Eben dahin gehört die in den Stellen der folgenden Note er- wähnte Ausnahme bey Schenkun- gen, die nur unter Vorausſetzung der entgegengeſetzten Regel bey allen anderen Rechtsgeſchäften Sinn hat. Endlich auch die all- gemeine Gleichſtellung von rusti- citas und sexus im L. 2 § 7 de j. fisci (49. 14.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/446>, abgerufen am 22.11.2024.