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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
oder von ihrer Verbindung zu einem Ganzen zu reden.
Jedoch ist dieses nicht so zu verstehen, als ob beide ihrer
Natur nach von einander unabhängig wären, etwa wie
der Wille Eines Menschen von dem eines Anderen, deren
Übereinstimmung in der That ganz zufällig ist; vielmehr
sind sie schon ihrem Wesen nach als verbunden zu denken.
Denn eigentlich muß der Wille an sich als das einzig
Wichtige und Wirksame gedacht werden, und nur weil er
ein inneres, unsichtbares Ereigniß ist, bedürfen wir eines
Zeichens, woran er von Anderen erkannt werden könne,
und dieses Zeichen, wodurch sich der Wille offenbart, ist
eben die Erklärung. Daraus folgt aber, daß die Über-
einstimmung des Willens mit der Erklärung nicht etwas
Zufälliges, sondern ihr naturgemäßes Verhältniß ist.

Allein es läßt sich eine Störung dieses natürlichen Ver-
hältnisses denken. Dann entsteht ein Widerspruch zwischen
dem Willen und der Erklärung, aus dieser geht der fal-
sche Schein des Willens hervor, und das ist es, was
ich die Erklärung ohne Willen nenne.

Nun beruht aber alle Rechtsordnung gerade auf der
Zuverlässigkeit jener Zeichen, wodurch allein Menschen mit
Menschen in eine lebendige Wechselwirkung treten können.
Daher darf die erwähnte Störung nicht angenommen wer-
den in dem einfachsten dafür denkbaren Fall, wenn näm-
lich Derjenige, welcher Etwas als seinen Willen erklärt,
heimlich den entgegengesetzten Willen hat, mag er sich
auch darüber anderwärts (etwa schriftlich, oder vor Zeu-

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
oder von ihrer Verbindung zu einem Ganzen zu reden.
Jedoch iſt dieſes nicht ſo zu verſtehen, als ob beide ihrer
Natur nach von einander unabhängig wären, etwa wie
der Wille Eines Menſchen von dem eines Anderen, deren
Übereinſtimmung in der That ganz zufällig iſt; vielmehr
ſind ſie ſchon ihrem Weſen nach als verbunden zu denken.
Denn eigentlich muß der Wille an ſich als das einzig
Wichtige und Wirkſame gedacht werden, und nur weil er
ein inneres, unſichtbares Ereigniß iſt, bedürfen wir eines
Zeichens, woran er von Anderen erkannt werden könne,
und dieſes Zeichen, wodurch ſich der Wille offenbart, iſt
eben die Erklärung. Daraus folgt aber, daß die Über-
einſtimmung des Willens mit der Erklärung nicht etwas
Zufälliges, ſondern ihr naturgemäßes Verhältniß iſt.

Allein es läßt ſich eine Störung dieſes natürlichen Ver-
hältniſſes denken. Dann entſteht ein Widerſpruch zwiſchen
dem Willen und der Erklärung, aus dieſer geht der fal-
ſche Schein des Willens hervor, und das iſt es, was
ich die Erklärung ohne Willen nenne.

Nun beruht aber alle Rechtsordnung gerade auf der
Zuverläſſigkeit jener Zeichen, wodurch allein Menſchen mit
Menſchen in eine lebendige Wechſelwirkung treten können.
Daher darf die erwähnte Störung nicht angenommen wer-
den in dem einfachſten dafür denkbaren Fall, wenn näm-
lich Derjenige, welcher Etwas als ſeinen Willen erklärt,
heimlich den entgegengeſetzten Willen hat, mag er ſich
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[258/0270] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. oder von ihrer Verbindung zu einem Ganzen zu reden. Jedoch iſt dieſes nicht ſo zu verſtehen, als ob beide ihrer Natur nach von einander unabhängig wären, etwa wie der Wille Eines Menſchen von dem eines Anderen, deren Übereinſtimmung in der That ganz zufällig iſt; vielmehr ſind ſie ſchon ihrem Weſen nach als verbunden zu denken. Denn eigentlich muß der Wille an ſich als das einzig Wichtige und Wirkſame gedacht werden, und nur weil er ein inneres, unſichtbares Ereigniß iſt, bedürfen wir eines Zeichens, woran er von Anderen erkannt werden könne, und dieſes Zeichen, wodurch ſich der Wille offenbart, iſt eben die Erklärung. Daraus folgt aber, daß die Über- einſtimmung des Willens mit der Erklärung nicht etwas Zufälliges, ſondern ihr naturgemäßes Verhältniß iſt. Allein es läßt ſich eine Störung dieſes natürlichen Ver- hältniſſes denken. Dann entſteht ein Widerſpruch zwiſchen dem Willen und der Erklärung, aus dieſer geht der fal- ſche Schein des Willens hervor, und das iſt es, was ich die Erklärung ohne Willen nenne. Nun beruht aber alle Rechtsordnung gerade auf der Zuverläſſigkeit jener Zeichen, wodurch allein Menſchen mit Menſchen in eine lebendige Wechſelwirkung treten können. Daher darf die erwähnte Störung nicht angenommen wer- den in dem einfachſten dafür denkbaren Fall, wenn näm- lich Derjenige, welcher Etwas als ſeinen Willen erklärt, heimlich den entgegengeſetzten Willen hat, mag er ſich auch darüber anderwärts (etwa ſchriftlich, oder vor Zeu-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/270>, abgerufen am 23.11.2024.